
Andreas Vogt windet den Menschen am Hochrhein ein Kränzchen – abfalltechnisch gesehen. Und Vogt hat den Vergleich mit anderen Regionen, in seinem Fall Brandenburg: Dort hat Vogt Plastic, das von Vogt als Co-Geschäftsführer geleitete Recyclingunternehmen, auch ein Werk. Dort aber sei es mit der Mülltrennung nicht so gut bestellt wie bei uns.
In den von dort stammenden Gelben Säcken sei mehr Restmüll enthalten als in denen, die im Südbadischen eingesammelt werden und im Vogt-Werk in Rheinfelden landen. Denn eines unterstreicht Vogt: „Der Verbraucher hat es in der Hand, uns die Arbeit leichter zu machen.“ Und davon ist er überzeugt: Es ist gute Arbeit, die allen nützt.
Jüngst war Plastik wieder in den Schlagzeilen, beim UN-Plastikgipfel im südkoreanischen Busan. 400 Millionen Tonnen davon werden weltweit pro Jahr produziert, recycelt davon nur etwa zehn Prozent. Riesige Mengen landen in der Natur, in Flüssen, Seen und Meeren. „Korea hat aber relativ wenig mit uns zu tun. Die wenigsten Länder weltweit haben eben eine organisierte Abfallwirtschaft“, erklärt Vogt.
Seit 35 Jahren gibt es den Gelben Sack und Gelbe Tonne
Deutschland aber hat sie, mit dem Gelben Sack oder der Gelben Tonne jetzt schon seit 35 Jahren. Und Vogt Plastic ist ein großer Player der Branche.
Die Gelben Säcke von fünf Millionen Bürgerinnen und Bürgern sammelt das Unternehmen ein, je zur Hälfte verteilt auf die Werke Rheinfelden und Premnitz, eben in Brandenburg.
Werk Hottingen kommt auch an den Rhein
Was an den Hochrhein gelangt, stammt aus Haushalten zwischen der Ortenau und dem Bodensee. Seit 2011 ist das 1978 in Rickenbach entstandene und teils noch immer dort angesiedelte Unternehmen in früheren Hallen der Rheinfelder Alu zu Hause. Und es werden dort bald mehr Mitarbeitende. Noch 2025 sollen die 50 vom Standort Hottingen hinzukommen. Das dortige Compoundier-Werk wird geschlossen und nach Rheinfelden verlegt. Das macht die Logistik leichter – die interne und auch die der Kunden, die das fertige Kunststoffgranulat Vogt abkaufen. Compoundierung heißt die Veredelung von Kunststoffen. Dass ihnen Zusatz- oder Farbstoffe untergemischt werden und aus dem Granulat letztlich wieder Plastikflaschen für Shampoo oder Duschgel entstehen können.
42 zu 58 – so steht es bei Vogt Plastic. Heißt: Von 100 Kilo Inhaltsstoffen des gelben Sacks werden 42 verbrannt und 58 gehen als Rohstoff zurück an die Industrie oder in ein weiteres Recyclingverfahren, womit der Bereich Tetra Pak gemeint ist.
Denn die Verbund-Kartons behandelt Vogt Plastic nicht selbst, sondern gibt sie zur Verwertung an eine Papierfabrik in Spanien weiter. Dort wird bisher nur der Papieranteil zurückgewonnen. „Ein Verfahren für die Rückgewinnung eines Teils der Kunststoffe aus dem Tetra Pak wird aber voraussichtlich noch in diesem Jahr in Betrieb gehen“, sagt Vogt. Aber er sagt auch: „Aus meiner Sicht gibt es bessere Verpackungen als den Tetra Pak“, den Plastikschlauch zum Beispiel, worin früher auch Milch drin war.
Gute Verpackungen sind für die Recyclingwirtschaft vor allem reinsortige. Schlechte sind gemischtsortige, bei denen die Stoffe so fest miteinander verklebt sind, dass deren Auftrennung technisch nicht funktioniert oder sich wirtschaftlich nicht rechnet. Das sind PET-Schalen, Kaffee- oder manche Joghurtbecher.
Es fehlt ein Recyclingverfahren
Auf bis zu 17 Prozent des Gelber-Sack-Inhalts schätzt Vogt ihre Menge. Daran, ein für sie geeignetes Recyclingverfahren zu entwickeln, tüftele seine Branche schon seit mehr als 15 Jahren – bisher ohne Erfolg. Oder das problematische Material kommt erst gar nicht in Umlauf: Die Verpackungsindustrie müsste Alternativen bieten. Womöglich könnten höhere gesetzliche Recyclingquoten sie dazu motivieren.
Allein, dass es den Gelben Sack gibt, findet Vogt positiv. Die Wertstoffe sämtlich aus der siffigen grauen Tonne herauszufischen, wäre für ihn „keine gute Idee“. Sortieren an der Quelle ist für ihn das Beste. Aber wozu der Aufwand? Wird ja dann doch verbrannt! Das hört Vogt oft. Aber es sei ja nicht so, dass ganze gelbe Säcke im Müllofen landen. Was drin ist, werde immer aussortiert und nur das, was am Ende als nicht verwertbar übrigbleibt, verbrannt – in Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken. Auch exportiere Vogt keine Stoffe aus gelben Säcken nach Asien. Exportiert wird allenfalls in die Schweiz, wo die Stoffe ebenfalls verbrannt werden.
36 Kilo Plastik pro Kopf und Jahr
Bei Vogt läuft der Sortierungsprozess vollautomatisch. Am Fließband, um daran per Hand die Inhaltsstoffe vorzusortieren, steht hier keiner mehr. Der Radlader-Fahrer ist der Mensch, der nach dem Entladen der Säcke aus dem Lastwagen die Fracht in die riesigen Silos in Halle 9 schüttet. Dort wird das Material grob geschreddert, um dann in mehreren physikalischen und optischen Verfahren möglichst reinsortig getrennt zu werden. Angeliefert wird hier sechs Tage die Woche. Bei inzwischen 36 Kilo pro Kopf und Jahr kommt da einiges zusammen.

Plastic Bashing – nicht erst seit dem Kunststoff-Gipfel von Südkorea ist es in aller Munde. Für die Kritiker sind Müllvermeidung und Mehrweg aus PET und Glas die besseren Alternativen zur Verwertung. Vogt sieht deren Vorzüge auch, glaubt aber nicht, dass es realistisch ist, allein darauf zu setzen. Dass sich das Plastik-Zeitalter rückgängig machen ließe.
Er sieht den Gelben Sack als „Erfolgsmodell“, das 1990 bei Einführung der „Zeit voraus“ war, auf das wir Deutschen „ auch stolz“ sein könnten und das weltweit immer mehr Nachahmer finde. Er nennt die neue EU-Verpackungsverordnung. Die schreibt vor, dass bis 2030 alle Verpackungen in der EU recycelbar sein und einen Mindestanteil schon recycelten Materials enthalten müssen. Für Andreas Vogt ein Schritt in die richtige Richtung – zu noch mehr Kreislaufwirtschaft.