Es ist ein wachsender Trend für einen nachwachsenden Baustoff – immer mehr Menschen besinnen sich auch beim Bauen auf Nachhaltigkeit und verwenden deshalb Holz. Als nachwachsender Baustoff ist Holz so alt wie die Baugeschichte der Menschheit – und doch scheint es so, als würden seine Vorzüge erst jetzt wieder entdeckt.

Holzbauten sind immer mehr im Kommen – und mit die Besten der Branchen, die mit diesem Baustoff arbeiten, kommen aus unserer Region. In den Kreisen Waldshut und Lörrach sind Firmen zu Hause, die teils sogar weltweit große Leuchtturmprojekte realisieren. Zu den führenden gehören Holzbau Amann in Weilheim-Bannholz, Holzbau Bruno Kaiser in Bernau und die Architekten Kuri aus Schopfheim. Sie alle bauen Projekte, die Einzigartigkeit genießen. Wir haben uns bei den Firmen einmal umgeschaut.

Das Centre Pompidou in Metz, geplant vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban, gebaut von Holzbau Amann. An diesem Gebäude gibt es ...
Das Centre Pompidou in Metz, geplant vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban, gebaut von Holzbau Amann. An diesem Gebäude gibt es auf den ersten Blick nur geschwungene Hölzer. Es mutet an wie ein Strohhut. | Bild: Roland Halbe

Wenn der Schwarzwälder Zimmermann mit dem Stararchitekten arbeitet

Unserer Reise führt uns zunächst nach Bannholz zu Holzbau Ammann. Die Zimmerei hat unter anderem das Centre Pompidou in Metz gebaut, eine prachtvolle Dependance des gleichnamigen Kunstzentrums in Paris.

Das Unternehmen Amann hat in ganz Europa Spuren hinterlassen: neben dem Centre Pompidou, das Expodach in Hannover, das runde Chesa Futura in St. Moritz, der Pavillon der Buchmesse Frankfurt, die Boutiquen Hermès in Paris und in Moskau, zur Zeit sind sie bei der Expo in Dubai fürs Pavillon des Landes Baden-Württemberg mit dabei.

Das Chesa Futura im Schweizer Nobel-Skiort St. Moritz – von Stararchitekt Norman Foster geplant, gebaut von der Zimmerei aus Bannholz.
Das Chesa Futura im Schweizer Nobel-Skiort St. Moritz – von Stararchitekt Norman Foster geplant, gebaut von der Zimmerei aus Bannholz. | Bild: Holzbau Amann

Von Shigeru Ban bis Norman Foster

Bei solchen Projekten arbeiten Holzbau Amann und seine 60 Mitarbeiter teils auch mit international renommierten Architekten zusammen, also Stararchitekten die – wenn man so will – zuweilen eigenwillige Gebäudeformen im Kopf haben.

„Geht nicht, gibt‘s bei uns nicht“, sagt Geschäftsführer Bernhard Tritschler angesichts solcher Vorstellungen. „Wenn‘s kompliziert wird, fängt es an, uns zu gefallen“. Das war für das Amman-Team beim Centre Pompidiou in Metz so, wo der Japaner Shigeru Ban plante, oder beim Chesa Futura mit Norman Foster.

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Wie kommt eine traditionelle Schwarzwälder Zimmerei zu solchen Projekten? „Man wächst Stück für Stück hinein“, erinnert sich Tritschler. Schon in den 70-er und den frühen 80er Jahren hat der damalige und mittlerweile verstorbene Inhaber Gerhard Amann Großbauten mit enormen Dachspannweiten realisiert. Das Haus des Gastes in Höchenschwand und das Laguna in Weil, so erinnert sich seine Schwiegertochter Gerda Amann heute, gehörten zu den frühen Projekten.

Den „Ring of Peace“ in Lindau hat Künstler Gisbert Baarmann entworfen und Holzbau Amann gefertigt.
Den „Ring of Peace“ in Lindau hat Künstler Gisbert Baarmann entworfen und Holzbau Amann gefertigt. | Bild: Granacher

Es war gewissermaßen der Einstieg in den Ingenieurholzbau mit riesigen Leimbindern und gebogenen Hetzerträgern. Die 80-er Jahre brachten Aufträge wie das Faulerbad in Freiburg, die Messehalle Heysel in Brüssel. Anfang der 90-er kam Bernhard Tritschler zum Unternehmen. Ab 1996 baute der gelernte Zimmerer und technische Fachwirt als Geschäftsführer den begonnen Weg weiter aus. „Es entwickelte sich immer mehr, die Projekte wurden größer.“

Geschäftsführer Bernhard Trischtler in einer der riesigen Produktionshallen. Kollegin Kerstin Jahn bearbeitet einen gebogenen Leimbinder.
Geschäftsführer Bernhard Trischtler in einer der riesigen Produktionshallen. Kollegin Kerstin Jahn bearbeitet einen gebogenen Leimbinder. | Bild: Gerber, Andreas

Der Durchbruch kam in den 2000-ern – etwa mit dem Centre Pompidou 2009, so Tritschler. Er erinnert sich, dass die bizarren Pläne lange auf seinem Tisch lagen. Er zögerte zunächst. Bis Architekt Shigeru Ban selbst anrief und ihn fragte, warum die Firma Amann denn kein Angebot abgeben wolle. Tritschler: „Ich habe gesagt, er soll vorbeikommen, dann schauen wir uns in die Augen und entscheiden, ob‘s was wird.“

Ob Legende oder nicht – die Geschichte jedenfalls ist gut. Fest steht: Shigeru Ban kam, Amann bekam den Auftrag und das spektakuläre Centre Pompidou mit seinen weit ausladenden Formen wie ein Strohhut steht heute in Metz.

Der Neubau einer Kirche in Holzkirchen – aus welchem Material sollte Holzbau Amann im bayrischen Holzkirchen eine Kirche bauen, ...
Der Neubau einer Kirche in Holzkirchen – aus welchem Material sollte Holzbau Amann im bayrischen Holzkirchen eine Kirche bauen, wenn nicht aus Holz. | Bild: GRANACHER info@simplexxx.de

So ist das Kulturmuseum gewissermaßen zum Renommier-Projekt geworden, es lief durch die Fachpresse, begründet den heutigen Ruf der Firma. „Wir haben dort 18.000 Laufmeter Leimholz verbaut“, zählt Tritschler zusammen. Für den Betrachter ist jedes Teil verschieden geschwungen, keines in seiner Form wie das andere. Kein Wunder, dass Holzbau Amann heute nicht nur Zimmerleute braucht, sondern auch Informatiker, die die CNC-Maschinen programmieren.

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Hat die Zimmerei bei der aktuellen Lage auf dem Holzmarkt überhaupt ausreichend Baustoff? Tritschler hat keine Probleme, wie er selber sagt. Er habe bereits vergangenes Jahr früh für die diesjährigen Projekte eingekauft.

Geschäftsführer Bernhard Trischtler in der fast 100 Meter langen Produktionshalle mit den Kollegen Lothar Erdmann und Stefan Kaiser. ...
Geschäftsführer Bernhard Trischtler in der fast 100 Meter langen Produktionshalle mit den Kollegen Lothar Erdmann und Stefan Kaiser. Hier werden Vorelemente gefertigt. | Bild: Gerber, Andreas

Rund 10.000 Kubikmeter braucht er fürs Jahr, etwas weniger als die Hälfte kann er aus der Region beziehen. So wie vor Jahren auch die großen 250 und 450 Jahre alten Weißtannen aus Gersbach bei Schopfheim. Die brauchte die Zimmerei für ein eher außerplanmäßiges Projekt in Hannover, nämlich das Expo-Dach. Für Tritschler ist es wichtig, große Teile des Baustoffs aus der Region zu beziehen. Enge Geschäftsbeziehungen zu heimischen Sägewerken und Holzveredlern zahlten sich gerade in solchen Zeiten aus.

Ein Hochhaus ganz aus Holz: Geht das denn?

Acht Stockwerke, 22 Meter Höhe – Stefan Kudermann von Holzbau Bruno Kaiser steht vor dem Holzhochhaus in Freiburg, das die ...
Acht Stockwerke, 22 Meter Höhe – Stefan Kudermann von Holzbau Bruno Kaiser steht vor dem Holzhochhaus in Freiburg, das die Zimmerei gerade baut. Es ist das höchste Holzhochhaus seiner Art in Deutschland, sagt er. | Bild: Gerber, Andreas

Ähnlich sieht es auch Herbert Duttlinger, Geschäftsführer bei Bruno Kaiser Holzbau in Bernau. Auch dort sieht man kein Engpässe. Immerhin ist die Zimmerei Bruno Kaiser gerade dabei, im Freiburger Stadtteil Weingarten große Mengen Holz buchstäblich in den Himmel zu bauen.

Das dortige Projekt ist unsere zweite Station. In der Bugginger Straße in Freiburg steht es, das Kaiser-Leuchturmprojekt – ein achtstöckiges Holzhochhaus, insgesamt 22 Meter hoch. Es sei das einzige seiner Art in Deutschland, sagt Stefan Kudermann vom Firmen-Marketing: Einzigartig, weil es das einzige FSC-zertifzierte Hochhaus in Deutschland sei und zudem in ressourcen-schonender Rahmholzkonstruktion, so Kudermann.

Ein Blick von oben auf die Baustelle des achtstöckigen Holzhochhauses von Holzbau Bruno Kaiser. Laut Firmenangaben ist es ...
Ein Blick von oben auf die Baustelle des achtstöckigen Holzhochhauses von Holzbau Bruno Kaiser. Laut Firmenangaben ist es deutschlandweit das einzige seiner Art. | Bild: Granacher

FSC steht für „Forest Stewardship Council“, es ist ein internationales Zertifizierungssystem für nachhaltigere Waldwirtschaft. Und die Rahmenholzkonstruktion, so Kudermann, sei anders als das Bauen mit Brettsperrholzverbünden wesentlich holzsparender.

Auch die Decken sind aus Holz – die Deckenteile kommen ebenfalls aus dem Schwarzwald, nämlich von Lignotrend aus Bannholz.
Auch die Decken sind aus Holz – die Deckenteile kommen ebenfalls aus dem Schwarzwald, nämlich von Lignotrend aus Bannholz. | Bild: Granacher

Beides hat sich die Zimmerei Kaiser auf die Fahnen geschrieben. Sie will konsequent nachhaltig bauen. So sind sie auch das Freiburger Projekt angegangen: Ein Hochhaus aus Holz – da fragt sich der Laie zunächst nach der Standhaftigkeit.

Es berge andere Herausforderungen als die Massivbauweise mit Stahlbeton, beschreiben die Geschäftsführer Andreas Wiesler und Herbert Duttlinger – aber keine unlösbaren. Allerdings haben die Ingenieure der Firma Kaiser vorher schon mal mit kleineren Dimension geübt und sich herangetastet: Vor dem Freiburger Projekt entstanden mehrgeschossige Hotels in Bernau, ein viergeschossiges Holzhaus in Waldshut-Tiengen, ein Fünfgeschossiges in Lörrach.

Holzbau Bruno Kaiser baut in Freiburg ein Hochhaus aus Holz
Holzbau Bruno Kaiser baut in Freiburg ein Hochhaus aus Holz | Bild: Granacher

Bereits Firmengründer Bruno Kaiser, der heute noch beratend tätig ist, hat den Grundstein für den hochgeschossigen Holzbau gelegt, erzählt Andreas Wiesler. Das Freiburger Hochhaus freilich ist bislang die Krönung. Die besondere Herausforderung bei einem solchen Gebäude waren für Geschäftsführer und Ingenieur Duttlinger Schallschutz, Statisches wie die Windempfindlichkeit und der Brandschutz: „Allein bei der Brandschutzprüfung wurde jedes Bauteil der Materialprüftstelle Leipzig vorgelegt.“

Geschäftsführer und Ingenieur Herbert Duttlinger von Holzbau Bruno Kaiser zeigt am kleinen Modell das Prinzip, wie die Etagen des ...
Geschäftsführer und Ingenieur Herbert Duttlinger von Holzbau Bruno Kaiser zeigt am kleinen Modell das Prinzip, wie die Etagen des Hochhauses für die notwendige Statik verschränkt werden. | Bild: Gerber, Andreas

Wo ist im Holzbau die Grenze nach oben?

Sind hier schon die bautechnischen Grenzen für Holzhochbau erreicht? Noch lange nicht, sagt Duttlinger. Das größte Holzhochhaus stehe derzeit in Norwegen, erzählt er, 18 Stockwerke, 80 Meter Höhe. Würde sich die Zimmerei Bruno Kaiser das zutrauen? „Ja“, ist sich der Geschäftsführer sicher, „das könnten wir auch.“

Allerdings seien dem Holzbau vielfach mehr rechtliche als bautechnische Grenzen gezogen. Noch bis vor sechs Jahren, berichtet er, durfte ein Hochhaus wie das in Freiburg in Baden-Württemberg nicht gebaut werden. Die Landesbauordnung habe den Holzbau hierzulande gegenüber der Massivbauweise stark benachteiligt – „und das zu Unrecht“, sagt Duttlinger. Erst die grüne Landesregierung habe dies erkannt und mit der Novellierung des Landesgesetzes dem Holzbau wieder gerechtere Wettbewerbsbedingungen ermöglicht.

Das steckt Schwung drin: Die Architekten Kuri haben sich auf den Baustoff Holz spezialisiert.
Das steckt Schwung drin: Die Architekten Kuri haben sich auf den Baustoff Holz spezialisiert. | Bild: Architekten Kuri

Ein Markt der harmonischen Linien

Holz ist auch der Schwerpunkt der Schopfheimer Architekten Kuri – unsere dritte Station. Für das Ehepaar Thomas und Julia Kuri ist Holz das Hauptgeschäft. „Wir können zwar auch das andere“, sagt Thomas Kuri, „aber wir bauen eben aus Überzeugung gerne mit Holz.“ 90 Prozent ihrer Projekte seien Holzgebäude, schätzt er über den Daumen. Für ihn als Planer ist klar sichtbar: „Der Trend geht weg von Beton und Stein immer mehr hin zu Holz.“ Viele Kunden sähen im Holz den nachhaltigeren Baustoff, ist seine Erfahrung der letzten Jahre.

Geschwungene Formen: Johannes Ruf wollte für den Neubau seiner Beckesepp-Filiale in Sölden besondere Formen und den nachhaltigen ...
Geschwungene Formen: Johannes Ruf wollte für den Neubau seiner Beckesepp-Filiale in Sölden besondere Formen und den nachhaltigen Baustoff Holz aus der Region. Die Architekten Kuri aus Schopfheim realisierten den Wunsch | Bild: Architekten Kuri

Und das Erstaunliche bei Kuri wie auch bei den Zimmereien: Auch Bauherren mit Großprojekten fragen zunehmend die Holzbauweise nach. Der Leuchtturm der Architekten Kuri ist ein Lebensmittelmarkt in Sölden. „Es ist der einzige komplett aus Holz gebaute Markt Deutschlands“, berichtet Thomas Kuri.

Sie planen gerne in Holz – das Architektenehepaar Julia und Thomas Kuri
Sie planen gerne in Holz – das Architektenehepaar Julia und Thomas Kuri | Bild: Kuriarchitekten

Gemeinsam mit seiner Frau, die Innenarchitektin ist, entstand in dem Ort nahe Freiburg ein großer Markt sowohl außen und innen aus 800 Kubikmetern Holz. „Alles Weißtanne und Fichte aus nachhaltiger, heimischer Forstwirtschaft“, betont der Planer.

Für den Bauherren Johannes Ruf sei dieser Aspekt beim Neubau seiner Beckesepp-Filiale besonderes wichtig gewesen. Wenn man den Kundenwunsch nach Nachhaltigkeit erfüllen wolle, müsse man auf Regionalität des Baustoffes achten – Hölzer aus Finnland oder Russland kämen dann nicht in Frage, so Kuri.

Komplett aus Holz ist der Mark innen und Außen.
Komplett aus Holz ist der Mark innen und Außen. | Bild: Architekten Kuri

Durch den Trend zum Holz sieht der Architekt im Übrigen auch eine wachsende Wertschätzung für den heimischen Wald und die Waldbauern. Und der Trend könne auch einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten – was Ministerpräsident Winfried Kretschmann offenbar auch so sieht: „Wir müssen Beton durch Holz ersetzen“, sagte Kretschmann im vergangenen Jahr bei einem Architekturkongress.

Denn dies reduziere wesentlich den CO2-Ausstoß im Bausektor. Und die Bauten stehen auch schneller. Wie schnell, kann Stefan Kudermann von Holzbau Kaiser sagen: „Doppelt so schnell wie bei herkömmlicher Bauweise. Die Bauzeit für unser Hochhaus in Freiburg dauerte ein Jahr, von September 2020 bis September 2021.“