Jede Menge neue Deutsche: Mehr als 200 000 Einbürgerungen gab es 2023 bundesweit, noch nie seit Einführung der zentralen Statistik ums Jahr 2000 waren es mehr. Im Kreis Waldshut ist es nicht anders. „Den Trend können wir insoweit bestätigen, als dass die Anzahl der Einbürgerungsanträge stetig ansteigt“, sagt Julia Fohmann-Gerber vom Landratsamt. 171 Personen waren es 2023. Mit allein 70 bilden Männer und Frauen aus Syrien die größte Gruppe unter den Neubürgerinnen und Neubürgern, gefolgt von den Italienern mit 15 Personen.
Acht Jahre Deutschland als Mindestzeit
Die Syrerinnen und Syrer kamen vor allem 2015 zu Hunderttausenden ins Land. Und dass sie jetzt die größte Gruppe unter den Neu-Eingebürgerten bilden, ist kein Zufall. „Wer 2015 in Deutschland Asyl gesucht hat, war 2023 acht Jahre hier und erfüllte damit die zeitliche Voraussetzung für einen Antrag auf Einbürgerung“, erklärt Fohmann-Gerber.
Aber das allein reicht noch nicht. Grundsätzlich selbst den Lebensunterhalt bestreiten zu können, also weder auf Bürgergeld noch auf Grundsicherung angewiesen zu sein, kommt hinzu. Auch ein gewisses Niveau an Deutschkenntnissen – B1 – muss nachgewiesen werden ebenso wie strafrechtliche Unbescholtenheit. Auch das brachten die Syrerinnen und Syrer demnach mit.
Und eines machte ihnen den Schritt leichter: Dass sie mit der Einbürgerung auch ihren syrischen Pass behalten konnten. Deutschland hatte auf eine Abgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft verzichtet, weil nicht möglich oder zumutbar.
Früherer Pass kann jetzt immer behalten werden
2023 also Rekordzahlen. Aber schon bald könnten die getoppt werden. Denn jüngst, mit Stichtag 27. Juni 2024, ist das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft getreten. Und danach kann die frühere Nationalität immer behalten werden. Weitere Eckpunkte: nur noch fünf statt acht Jahre Mindestaufenthalt in Deutschland und nur drei Jahre bei herausragender Integration.
„Der Bund rechnet deshalb mit einem Anstieg der Einbürgerungsanträge um den Faktor zwei bis drei. Daher gehen wir im Landkreis Waldshut ebenfalls von steigenden Antragszahlen aus“, erklärt Fohmann-Gerber.
Aber auch im neuen Recht bleibt es dabei: Wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen und nicht dem Staat auf der Tasche liegen, ist Voraussetzung für ein Ja zum Antrag. Neu aber wird den Bewerberinnen und Bewerbern ein intensiveres Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung und zur besonderen, aus der NS-Diktatur erwachsenen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel und den Jüdinnen und Juden abverlangt. So sollen Menschen mit antisemitischen, rassistischen oder anderen diskriminierenden Ansichten und Haltungen vom deutschen Pass ferngehalten werden.
Das sagen Waldshuter Bundespolitikerinnen und -politiker zum Run auf den deutschen Pass
Haben diese, neuerdings erforderlichen deutlicheren Bekenntnisse vor allem mit dem hohen Anteil von Eingebürgerten aus dem überwiegend muslimischen Syrien zu tun?
Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Waldshut und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, sagt: „Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss sich zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen, dies gilt für Einbürgerungsbewerber aus allen Nationen“. Für die Sozialdemokratin ist das neue Einbürgerungsrecht „ein Bekenntnis zu einem modernen Deutschland“ und dem „weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe“ förderlich.
Der Waldshuter CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner ist da ganz anderer Meinung. Er sagt: „Eine Einbürgerung nach fünf oder gar drei Jahren ist viel zu früh. Die Staatsbürgerschaft muss am Ende einer gelungenen Integration stehen, nicht zwischendrin.“ Die Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit sei „ein vollkommen falscher Ansatz.“ Müsse der Staat stattdessen doch „viel genauer hinschauen, wer eingebürgert wird“, so Schreiner. CDU und CSU setzten darauf, „diese misslungene Reform der Ampel-Regierung wieder rückgängig zu machen“.