Es ist endgültig: Die Kinder- und Jugendarztpraxis in Laufenburg ist nun dauerhaft geschlossen, veröffentlicht Mediziner Matthias Franki auf seiner Homepage. Jetzt könnten Eltern die Patientenakten ihrer Kinder bestellen. Die Suche nach einem neuen Arzt gestaltet sich im Landkreis schwierig, wissen politische Akteure. Sie und weitere Experten der medizinischen Versorgung unternehmen Versuche für eine bessere Versorgung.

Franki konnte keine Vertretung finden

Aus gesundheitlichen Gründen musste Franki seine Arbeit ablegen, informierte er schon im September in seiner automatischen Mail-Antwort.

Gerne hätte er eine ärztliche Vertretung zur Verfügung gestellt. Aber leider habe Franki trotz intensiver Suche niemanden finden können. Telefonisch war er damals wie heute leider nicht zu erreichen.

Niklas Nüssle (Grüne) unzufrieden mit der KVBW

Die kritische Kinderarztversorgung im Landkreis hat auch die Landtagsabgeordneten auf den Plan gerufen: Niklas Nüssle (Grüne) hat sich deshalb nun zum wiederholten Male mit einem Brief an die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) gewendet und die dringend notwendigen Verbesserungen eingefordert.

Niklas Nüssle, Grüne
Niklas Nüssle, Grüne | Bild: Lena Lux

„Die KVBW muss ihrem Auftrag in vollem Umfang nachkommen! Es darf nicht sein, dass die KVBW sich hier hinter einem statistisch er- oder übererfüllten Versorgungsgrad versteckt, aber die Situation im ländlichen Raum verkennt und auch außer Acht lässt, dass die Situation bald schon eine ganz andere sein kann“, schreibt Nüssle in einer Pressemitteilung. Er forderte die KVBW auf, Lösungswege und Perspektiven aufzuzeigen, wie die Situation verbessert werden kann. So solle die besondere Situation im ländlichen Raum und an der Schweizer Grenze stärker in den Blick genommen werden. Insbesondere längere Fahrzeiten und größere Abstände zwischen Orten sind nicht mit anderen Regionen in Baden-Württemberg vergleichbar.

Mit der Antwort der KVBW, die den Abgeordneten erst nach anderthalb Monaten erreichte, zeigt sich Nüssle höchst unzufrieden. „Die KVBW hat meine Anfrage gesamthaft nur unzureichend beantwortet“, so Nüssle. Auch auf seine Einladung an die Spitze des KV-Landesverbands, sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen, sei die KVBW überhaupt nicht eingegangen. „Das finde ich sehr schade, denn der Blick aus der Region selbst heraus ist unersetzbar, um Lösungen für die Zukunft erarbeiten zu können! Für eine verbesserte medizinische Versorgung von Kindern in unserer Region müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen und eng zusammenstehen.“ Es sei in diesem Zusammenhang sinnvoll und wichtig, beim Neubau des Klinikums in Albbruck den Bereich der Versorgung von Kindern stärker in den Blick zu nehmen, „auch wenn dies leider im Landeskrankenhausplan keinen Widerhall findet“, so Nüssle.

Sabine Hartmann-Müller (CDU) will Reform der Bedarfsplanung

Die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller (CDU) fordert in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung eine Reform der ärztlichen Bedarfsplanung.

Sabine Hartmann-Müller (CDU) ist Landtagsabgeordnete im Wahlkreis Waldshut.
Sabine Hartmann-Müller (CDU) ist Landtagsabgeordnete im Wahlkreis Waldshut. | Bild: CDU

Bei der Bedarfsplanung handelt es sich um ein vom Gesetzgeber vorgegebenes Rechenwerk, an das die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) gebunden ist. Damit solle sichergestellt werden, dass genügend Ärzte regional vorhanden sind. Eine Überversorgung werde mit einem Stopp für Niederlassungen weiterer Ärzte blockiert.

Das Gebäude mit Praxis des Kinderarzt Franki Video: Elisa Gorontzy

Als überversorgt gelte auf Papier der kinderärztliche Versorgungsgrad im Landkreis Waldshut mit 121,7 Prozent. Zu den Daten der KVBW schreibt Hartmann-Müller: „Die offizielle Bedarfsplanung ist weder valide noch verlässlich – vor allem aus Sicht der Eltern, die kaum noch Termine für ihre Kinder finden.“

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Daher sei eine Reform der Bedarfsplanung notwendig. Denn die Gefahren einer Überversorgung habe nichts mit der tatsächlichen Versorgungsrealität vor Ort zu tun, argumentiert Hartmann-Müller, die Maßnahmen des Landes zur Behebung des Ärztemangels hervorhebt. So gebe es nun eine Weiterbildungsförderung in der Kinder- und Jugendmedizin der KVBW finanziell mit bis zu 648.000 Euro.

An der Kommunalen Gesundheitskonferenz nehmen rund 70 Bürger, Politiker, Bürgermeister und Experten aus verschiedenen Fachbereichen ...
An der Kommunalen Gesundheitskonferenz nehmen rund 70 Bürger, Politiker, Bürgermeister und Experten aus verschiedenen Fachbereichen teil. Vorn der Laufenburger Bürgermeister Ulrich Krieger, neben ihm der Ibacher Bürgermeister Helmut Kaiser, dahinter die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller. | Bild: Elisa Gorontzy

„Damit können zehn weitere Weiterbildungsstellen geschaffen werden“, so Hartmann-Müller. „Klar ist jedoch: Unsere landespolitischen Maßnahmen und Förderprogramme brauchen eine bundespolitische Flankierung. In erster Linie muss die Bedarfsplanung dringend reformiert werden, denn die Gefahren einer Überversorgung oder einer ‚Ärzteschwemme‘ sind bestenfalls philosophischer Natur und haben nichts mit der tatsächlichen Versorgungsrealität vor Ort zu tun.“

60 Prozent der Kinderärzte im Kreis sind über 60

Aktuell sind 60 Prozent der insgesamt 15 Kinder- und Jugendärzte im Landkreis sind jetzt schon älter als 60 Jahre alt, schreibt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in ihrem Bericht über die ambulante medizinische Versorgungssituation im Land 2024. So kann davon ausgegangen werden, dass auch sie Nachfolger suchen werden – eine Aufgabe, die nach Beispiel Franki aktuell schwierig bleibt.