Die medizinische Versorgung im Landkreis ist an vielen Stellen katastrophal. In keiner anderen Sparte hat sie sich in den vergangenen Wochen aber derart zugespitzt wie bei den Kinderärzten. Um Abhilfe zu schaffen, haben der Landkreis Waldshut und die Städte Waldshut-Tiengen und Laufenburg zu einem Runden Tisch geladen, um Lösungswege aus der Misere zu finden. Aber schon vor dem Treffen dämpft die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) die Erwartungen gewaltig. Und auch die Initiatoren zeigen sich zurückhaltend.

KV erwartet keine Lösung des Problems

Dass die von Landrat Martin Kistler, Oberbürgermeister Martin Gruner und Laufenburgs Bürgermeister Ulrich Krieger initiierte Runde greifbare Erfolge bringen könnte, sei nicht zu erwarten. So lautet die klare Einschätzung des KV-Pressesprechers Kai Sonntag auf Nachfrage unserer Zeitung konstatiert: „Sicherlich wird es nicht dazu kommen, Lösungen für die Probleme zu finden.“ Aber es könnten verschiedene Ansätze diskutiert werden, die dann gegebenenfalls weiter verfolgt werden sollen.

Seitens der KV werde ein Kinderarzt teilnehmen, der auch Mitglied der Vertreterversammlung sei, so Sonntag.

Prekäre Lage in der Kindermedizin ist Grund für die Runde

War die Ausstattung des Landkreises mit Kinderärzten rein rechnerisch bislang durchaus komfortabel – die von der KVBW angegebene Versorgungsquote lag bei 121,7 Prozent -, warnen Experten seit Langem vor eklatanten Engpässen. Hintergrund ist die starke Überalterung der Ärzteschaft. Mehr als die Hälfte der 13 Kinderärzte sind älter als 60 Jahre, Nachwuchs ist nicht in Sicht.

Im Lauf des Spätsommers spitzte sich die Versorgungssituation mit dem Ausfall des Laufenburger Kinderarztes Matthias Franki schlagartig zu. Dass der in Tiengen ansässige Kinderarzt Michael Zerfass zum Jahresende in den Ruhestand gehen wird, verschärft die Lage noch mehr, wie der ebenfalls in Tiengen ansässige Kinderarzt Klaus Rühs kürzlich auf Nachfrage unserer Zeitung darstellte. Denn allein dadurch hätten bis zu 3000 Patienten pro Quartal keinen festen Kinderarzt mehr.

Kreis und Städte sehen Handlungsdruck

Eben diese Entwicklung und die damit verbundenen Konsequenzen für die Familien in der Region führte zu einer gemeinsamen Initiative des Landkreises und der Städte Waldshut-Tiengen und Laufenburg. Sie riefen Anfang Oktober die KVBW sowie die politischen Vertreter der Region zur Teilnahme an einem Runden Tisch auf, um Wege aus der Not zu finden.

Nun ist klar: Dieser Runde Tisch wird am 10. Dezember unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das bestätigt Julia Fohmann-Gerber, Sprecherin des Landratsamts Waldshut auf Anfrage. Neben den drei Initiatoren Landrat Martin Kistler, Waldshut-Tiengens Oberbürgermeister Martin Gruner und Laufenburgs Bürgermeister Ulrich Krieger werden demnach der Geschäftsführer des Klinikums Hochrhein, Hans-Peter Schlaudt sowie die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Region an dem Treffen teilnehmen, kündigt Fohmann-Gerber an. Und eben: Die KV entsendet ein Mitglied der Vertreterversammlung.

Was die Zielsetzung der Veranstaltung angeht, bleibt im übrigen auch das Landratsamt zurückhaltend: „Wir gehen ergebnisoffen an das Gespräch heran, geben aber unser Bestes, um eine tragfähige Lösung für unseren Landkreis zu finden“, so Fohmann-Gerber im Gespräch mit unserer Zeitung. Ziel sei es, eine funktionierende Gesundheitsversorgung für die Region zu erhalten.

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Wie die KV an der Lösung der Probleme arbeitet

Unabhängig von dem Treffen tue die KV „das, was wir können“, um die Misere in der regionalen Gesundheitsversorgung in den Griff zu bekommen, versichert Kai Sonntag: „Wir fördern die Weiterbildung, führen viele Gespräche, bringen Beteiligte zusammen und sind im Rahmen unserer Niederlassungsberatung tätig.“

Im Zusammenhang mit den aktuellen Problemen mit der medizinischen Versorgung, die im Landkreis neben der Kindermedizin vor allem auch Sektoren wie die Frauenheilkunde und die Allgemeinmedizin betreffen, wurde in den vergangenen Monaten auch immer wieder Kritik an der Position und der Arbeitsweise der KV laut. Diese verschanze sich hinter gesetzlichen Vorgaben, die längst nicht mehr mit den heutigen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen sind, anstatt pragmatische und vor alle schnelle Lösungen zu suchen, so der Eindruck von Patienten wie auch Politikern.

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Derartige Vorwürfe weist Sonntag zurück: „Zunächst einmal sind gesetzliche Regelungen Vorgaben, die einzuhalten sind. Mir wäre aktuell kein pragmatischer Ansatz bekannt, den wir nicht auch verfolgen würden.“

Aller Pragmatismus ändere zudem nichts daran, dass es zu wenige Kinderärzte gebe und Praxisinhaber Schwierigkeiten hätten, ihre Praxen an Nachfolger zu übergeben. „Ich wüsste aktuell nicht, welche gesetzliche Regelung speziell hemmend für die kinderärztliche Versorgung wäre“, gibt Sonntag zu bedenken.

Die KV sei jedenfalls „auf allen (politischen) Ebenen aktiv, um die Rahmenbedingungen für die Ärzte zu verbessern“, fügt er hinzu. Zentrale Forderungen der Vereinigung seien die Reduzierung der Bürokratie, die Verbesserung der Digitalisierung, die Abschaffung von Regressen, aber auch die Steigerung der Attraktivität der Niederlassung.

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