Das englische Wort „tiny“ bedeutet „winzig“, und ein „Tiny House“ ist demzufolge ein Minihaus, auf das Wesentliche reduziert, aber dafür mit großem Fokus auf die Umwelt. Der Gemeinderat Murg beschäftigte sich in seiner Sitzung am Montagabend zum ersten Mal mit dieser etwas anderen Wohnform, die immer mehr Zuspruch erhält, und zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber dem „Zukunftsprojekt Murg-Oberhof“. Das Projekt stände, Realisierung vorausgesetzt, für die größte Tiny-House Siedlung in Südbaden. Standort könnte oberhalb des Wohngebiets „Im Hau“ in Oberhof sein.

Wer sind die Initiatoren?

Initiatoren sind das Ehepaar Susanne und Reimund Vogt aus Kandern/Wollbach und Susanne Kiefer aus Zell im Wiesental. Das Ehepaar Vogt ist Besitzer des Gasthauses „Blume“ in Wollbach, Kiefer hat eine Marketingagentur und ist auch Heilpraktikerin. „Wir sind schon seit längerem in Kontakt. Wir sind aufgeschlossen auch neuen Wohnformen gegenüber“, betonte Bürgermeister Adrian Schmidle eingangs der Präsentation des Projekts durch die Initiatoren.

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Die Präsentation zeigte deutlich auf: Tiny House ist längst nicht mehr nur der umgemodelte Bauwagen, sondern besticht durch viele interessante architektonische Gesichter. Allen gemeinsam ist eine bewusst nachhaltige Bauweise und ökologische Bewirtschaftung als aktiver Beitrag zum Umweltschutz. Für die Wunschsiedlung in Oberhof wünschen sich die Initiatoren, die ihren Lebensmittelpunkt auch an den Südhang des Hotzenwaldes verlegen wollen, eine Mischung aus Erdhügel- und verschiedenen Fertig-Tiny Häusern als „Einfamilienhäuser“ mit Solar, Regenwassernutzung und Komposttoilette.

Bild 1: Leben im Tiny House: Hier soll die größte Siedlung winziger Wohnhäuser entstehen
Bild: Kerstan

Der Plan für das ins Auge gefasste Gebiet oberhalb „Im Hau“ zeigt 14 Tiny Häuser und ein Gemeinschaftshaus. „Wir wollen uns in der Gemeinde einbringen“, erklärt Reimund Vogt. Vorstellbar wäre demnach zum Beispiel ein Bio-Laden.

Die einzelnen Häuser sollen 45 bis 55 Quadratmeter Wohnfläche haben und zwischen 125.000 und 150.000 Euro kosten. Vogt betonte außerdem: „Wir wollen das zusammen mit der Gemeinde entwickeln. Wir wollen keine Wagenburg.“

Bürgermeister Schmidle: „Das wäre ein Gewinn für die Gemeinde“

„Das wäre eine Sache, die ins Leitbild passen würde“, meinte Bürgermeister Adrian Schmidle und ergänzte: „So etwas muss passen. Das passt nicht in jedes Gebiet.“ Zur im Moment überplanten Fläche erklärte Schmidle, dass für diesen Bereich der Flächennutzungsplan geändert werden müsste, da nicht als Wohnbereich vorgesehen.

Schmidle forderte die Ratsrunde auf, sich Gedanken über andere, mögliche Flächen zu machen: „Das wäre ein Gewinn für die Gemeinde.“ Dass Bedarf vorhanden sei, bestätigten sowohl Schmidle wie auch Rätin und Ortsvorsteherin Edith Becker: „Es sind Anfragen da.“

Im Hotzenwald gibt es bereits eine Tiny-House-Siedlung, auch wenn die errichtet wurde, als noch keiner den Begriff „Tiny House“ kannte. ...
Im Hotzenwald gibt es bereits eine Tiny-House-Siedlung, auch wenn die errichtet wurde, als noch keiner den Begriff „Tiny House“ kannte. Unser Bild zeigt Heinz Gerspach vor einem der Spitzdachhäuser. Jetzt soll in Oberhof eine Tiny-House-Siedlung mit 14 Gebäuden errichtet werden. | Bild: Peter Schütz

Die Reaktionen der Räte auf diese neue Wohnform fielen durchwegs positiv aus. Rätin Ursula Rünzi und Edith Becker (beide Freie Wähler) sowie die Räte Georg Kirschbaum (SPD) und Klaus Bossert (Die Grünen) begrüßten das Projekt als wünschenswert, interessant und „gut und richtig“. Allerdings mit einer Einschränkung. Dass die Initiatoren das eine oder andere Tiny House auch als Ferienwohnung vermieten wollen, gefiel nicht. Kirschbaum wie auch Bossert betonten, eine Nutzung als erster Wohnsitz sei vertretbar, eine touristische Vermietung würden sie aber nicht befürworten.

Ratskollegin Gabriele Döbele-Kreutz (CDU) sah das ebenso: Sie sei gespaltener Meinung. Die Schaffung von Wohnraum sei in Ordnung, mit Ferienwohnungen hätte sie ein Problem. Das sei eher „Wohnraumvernichtung“.

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Jürgen Bäumle spricht sich als einziger gegen das Projekt aus

Einzig Rat Jürgen Bäumle (CDU) sprach sich grundsätzlich gegen das Projekt aus. Er sähe das Tiny House eher als Lückenfüller auf kleinen Grundstücken innerorts. Bäumle stimmte dann auch konsequent gegen den Beschluss der Ratsrunde, das Projekt weiterzuverfolgen. Döbele-Kreutz enthielt sich der Stimme.