Pünktlich um 8 Uhr stürmen die ersten Drittklässler der Grundschule Erzingen in den Raum, in dem sich Mitglieder des Musikvereins Erzingen und der Dorfmusik Rechberg gerade erst eingerichtet haben. Es ist Zeit für die diesjährige Instrumentenvorstellung.

Dirigentin Julia Wehinger stellt den Grundschülern in Erzingen das Saxofon vor.
Dirigentin Julia Wehinger stellt den Grundschülern in Erzingen das Saxofon vor. | Bild: Nico Talenta

Mit der gemeinsamen Aktion erhoffen sich die Musiker, Nachwuchs für den eigenen Verein zu generieren. „Es gibt Jahre, die sind erfolgreich. Es gibt aber auch Jahre, da können wir die Schüler nicht überzeugen“, weiß Sabrina Weißenberger, Jugendleiterin des Musikvereins Erzingen. „2023 war ein starker Jahrgang, da sind im Nachgang neun neue Jungmusiker zu uns gekommen.“

Sabrina Weißenberger, Jugendleiterin des Musikvereins Erzingen.
Sabrina Weißenberger, Jugendleiterin des Musikvereins Erzingen. | Bild: Nico Talenta

Nach der Instrumentenvorstellung in der Grundschule gibt es beim Musikverein Erzingen noch eine eigene Vorstellungsrunde, während der die Kinder ein weiteres Mal die Chance haben, Instrumente auszuprobieren. Ein erfolgreiches Konzept, wie die Zahlen zeigen: „Aktuell haben wir 16 Jungmusiker“, die entweder von Musikern aus den eigenen Reihen oder in Kooperation mit der Musikschule von Lehrern ausgebildet werden.

Noch besser ist Mund-zu-Mund-Propaganda

Den Rhythmus zu halten ist gar nicht so einfach.
Den Rhythmus zu halten ist gar nicht so einfach. | Bild: Nico Talenta

„Die Instrumentenvorstellung ist ein erster Schritt. Durch den Besuch in der Grundschule kommen wir in Kontakt mit den Kids. Aber das alleine wäre nicht ausreichend“, erklärt Julia Wehinger, Dirigentin der Dorfmusik Rechberg.

Die ersten Töne aus der Trompete Video: Talenta, Nico

Es sei zwar sinnvoll, wenn der Name des Vereins den Schülern bereits bekannt sei, trotzdem brauche es immer auch den direkten Kontakt zu den Eltern. Und dennoch lohnt sich die Instrumentenvorstellung jedes Jahr wieder: „Es ist einfach toll zu sehen, wie die Kinderaugen strahlen, wenn sie den Instrumenten die ersten Töne entlocken können“, sagt die Dirigentin.

Julia Wehinger, Dirigentin der Dorfmusik Rechberg.
Julia Wehinger, Dirigentin der Dorfmusik Rechberg. | Bild: Nico Talenta

Ihren Nachwuchs gewinne die Dorfmusik Rechberg aber vor allem über den bereits erwähnten direkten Einzelkontakt. „Sprich, bei potenziellen jungen Musikern vorbeigehen und das Gespräch suchen.“ Auch Mund-zu-Mund-Propaganda unter den Kindern und Jugendlichen sei Gold wert. Wehinger weiter: „Wenn zum Beispiel die älteren Geschwister schon dabei sind und ihre jüngeren Geschwister animieren können, auch ein Instrument zu lernen.“

Auch die Stadtmusik setzt auf Grundschulbesuche

Die ersten Töne aus dem Horn Video: Talenta, Nico

„Ohne etwas zu tun, geht wenig“, schließt sich Jahn Niclas Glatzel, Vorsitzender der Stadtmusik Bad Säckingen, an. „Vereine müssen das schon selbst steuern, sonst wird es irgendwann schwierig. Die Leute werden von sich aus nicht auf unsere Angebote aufmerksam.“

Alle zwei Jahre besuchen die Mitglieder der Stadtmusik deswegen die Bad Säckinger Kindergärten – gemeinsam mit Ausbildern der Musikschule. „Die Kinder können dann alles ausprobieren und später gibt es ein Handout mit nach Hause, auf dem sie noch mal alles nachlesen können.“

Jahn Niclas Glatzel, Vorsitzender der Stadtmusik Bad Säckingen.
Jahn Niclas Glatzel, Vorsitzender der Stadtmusik Bad Säckingen. | Bild: Michael Gottstein

Eine Besonderheit der Stadtmusik Bad Säckingen: Gleich von Anfang an würden die Jungmusiker neben dem Einzel- oder Gruppenunterricht das gemeinsame Spielen im Orchester kennenlernen. Für dieses Konzept braucht es viel Einsatz von den ehrenamtlichen Musikern. Aber es lohnt sich: „Aktuell haben wir in den zwei Zöglings-Orchestern zusammen mehr als 50 Nachwuchsmusiker.“

Vorgänger stellen die richtigen Weichen

Von wegen Instrument für Frauen: Auch Jungs probieren das Mundstück der Querflöte aus.
Von wegen Instrument für Frauen: Auch Jungs probieren das Mundstück der Querflöte aus. | Bild: Nico Talenta

Die Nachwuchssuche habe sich laut Glatzel schon früher aufwendig gestaltet. „Es war damals auch nicht anders. Wir müssen am Vormittag einfach in die Schulen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ohne Initiative keine Nachfrage“, lautet sein Fazit. Nur vereinzelt gebe es Zuzügler oder Quereinsteiger, die dem Verein aus eigenem Antrieb beitreten wollen würden.

Die ersten Töne aus dem Saxofon Video: Talenta, Nico

Gerade in diesem Punkt wittert Thomas Dörflinger, Vorsitzender der Stadtmusik Tiengen, Potenzial: „Wir stellen fest, dass es immer wieder Zugänge von Erwachsenen gibt, die früher bereits einmal in den Reihen in der Stadtmusik aktiv waren. Die Entwicklung zeigt uns, dass hier ein Reservoir schlummert, aus dem wir auch in der Zukunft noch verstärkt rekrutieren können.“

Thomas Dörflinger, Vorsitzender der Stadtmusik Tiengen.
Thomas Dörflinger, Vorsitzender der Stadtmusik Tiengen. | Bild: Ursula Freudig

Zwar spüre der Tiengener Verein, dass die Jahrgangsstärken dünner und die Angebote an die Jugend deutlich vielfältiger geworden seien – dennoch: „Wenn wir aktuell in dieser Hinsicht keine großen Probleme haben, ist dies in erster Linie dem Umstand zuzuschreiben, dass bereits meine Vorgänger vor mehr als zwei Jahrzehnten die Weichen in die richtige Richtung gestellt haben.“

Gemeinsames Musizieren als Erfolgskonzept

Das zeige sich an dem jungen Durchschnittsalter der Mitglieder Stadtmusik Tiengen. Dörflinger: „Für den Erfolg in der Jugendarbeit der Stadtmusik Tiengen stehen in erster Linie die beiden Angebote Jugendstadtmusik und MusicKids, die unter der Leitung unseres Dirigenten Tobias Liedtke stehen.“

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