Es prallen Welten aufeinander in diesem sehr emotional geführten Streit um den Abschuss mehrerer Schwäne über Weihnachten, den Jahreswechsel und Dreikönig am Rhein in Schwörstadt.

Auf der einen Seite Tierschützer, die über den Tod der Schwäne, darunter mehrerer Jungschwäne, bestürzt bis entsetzt sind.

Auf der anderen Seite ein Jäger, der sich völlig im Recht sieht, zu den Schwanen-Abschüssen steht und die geschossenen Tiere auch in seinem Landgasthof serviert.

Dazwischen ein Jagdpächter aus Schwörstadt, der diese Funktion offenbar aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann – und obendrein noch mehrere weitere Jagdpächter aus dem Gebiet, die sich zu Unrecht an den Pranger gestellt sehen.

Über all dem schwebt die Frage, ob diese Vorgänge alle rechtens waren und ob die Polizei, die ihre Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wilderei zwischenzeitlich wieder eingestellt hat, nicht doch noch einmal ein Auge auf die Sache werfen sollte – ebenso das Landratsamt als Jagdaufsichtsbehörde.

Was war passiert?

Alarmiert hatte sich noch vor Silvester Hannelore Nuß vom Tierschutzverein Rheinfelden an die Redaktion gewandt: Am Rhein bei Schwörstadt seien zwei Schwäne geschossen worden. Wenige Tage später folgten weitere, an Dreikönig dann noch einmal. Das Entsetzen der Tierschützer war riesig, einem ersten Zeitungsbericht folgten zahlreiche Zuschriften, manche sehr emotional.

Die Rechtslage schien jedoch eindeutig: Schwäne sind jagdbares Wild, zumindest außerhalb der Schonzeit, wie jetzt. Es sei ganz normal, auf Schwäne zu schießen, schließlich müsse der Bestand reguliert werden, erklärte ein Vertreter des Hegerings Dinkelberg. Alles okay und legal also, wie auch die Polizei auf Nachfrage erklärte?

Das sagen die Jagdpächter

Mitnichten, sagen immer noch die Tierschützer. Denn der oder die Schützen seien Auswärtige, unterwegs als Jagdgäste eines Schwörstädter Jagdpächters, der allerdings zugegen hätte sein müssen – was er aber nicht war. Mitnichten, sagen auch weitere Jagdpächter aus Schwörstadt. Einer ihrer Vertreter wandte sich an die Redaktion – anonym, denn er sei seit den Vorfällen Anfeindungen ausgesetzt. Tierschützer bombardierten ihn mit Anrufen und Smartphone-Nachrichten.

Er sähe sich zu Unrecht am Pranger, sagt der Jäger. Weder er noch weitere gleichgesinnte Jäger „würden jemals auf Schwäne schießen“, dies sei ein „Unding“ – vor allem an einem derart öffentlichen Punkt und an den Feiertagen. Man distanziere sich in aller Deutlichkeit vom Treiben des oder der Schützen – und auch davon, eine Einladung zur Schwanenjagd für einen Jagdgast auszusprechen.

Zwei Schwäne am Rheinufer in Schwörstadt. Die Jagdpächter distanzieren sich von dem Vorfall.
Zwei Schwäne am Rheinufer in Schwörstadt. Die Jagdpächter distanzieren sich von dem Vorfall. | Bild: Nicolai Kapitz

Er und weitere vier Jagdpächter vertreten folgenden Standpunkt: Das betreffende Revier wird nicht von einem Pächter, sondern von einer sechsköpfigen Pächtergemeinschaft betreut. Unter einer schriftlichen Genehmigung zum Abschuss von Schwänen für auswärtige Jäger müssten sich die Unterschriften aller beteiligten Pächter finden – eine einzelne reiche nicht.

Nun sei aber das Schriftstück, das der inzwischen ermittelte Schwanen-Schütze, auch der Polizei vorgelegt hatte, nur mit einer einzigen Unterschrift versehen. Und der Unterzeichner sei gesundheitlich nicht mehr in der Lage, seinen Aufgaben nachzukommen und habe daher auch keine Möglichkeit gehabt, den Schützen zu begleiten, wie es eigentlich Vorschrift sei.

Jetzt meldet sich der Jäger zu Wort

Ein Anruf beim betreffenden Jagdpächter: Er sei gesundheitlich verhindert, lässt seine Frau wissen. Überdies wolle er sich zu dem Fall nicht äußern. Ein Anruf beim inzwischen namentlich bekannten Schwanen-Schützen allerdings fördert mehr zutage: Jäger Paul Späne aus Segeten (Gemeinde Görwihl) steht dazu, über die Feiertage in Schwörstadt Schwäne erlegt zu haben.

Er übe seit 17 Jahren für den betreffenden Jagdpächter die Jagdaufsicht in diesem Revier aus und sei oft am Rhein zur Jagd unterwegs – „und Heiligabend ist ein Arbeitstag, wir sind da eigentlich immer jagen gegangen“. Paul Späne nennt persönliche Animositäten als Mitgrund für die jetzige Aufregung: Manche Schwörstädter Jäger seien nicht gut auf ihn zu sprechen, es gehe um Neid.

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Was er tue, sei „juristisch einwandfrei“ – was die übrigen fünf Jagdpächter fordern, treffe nicht zu. So lange der Pächter, der ihn eingeladen habe, die Pacht ausübe, sei er auf der sicheren Seite. Die Unterstellung, er würde die Tiere wegwerfen, sozusagen aus Spaß schießen?

„Eine Unverschämtheit“, sagt Späne. „Wir werfen von den Tieren nichts weg, sondern verwenden alles.“ Im familieneigenen Landgasthof „Kranz“ in Segeten gibt es zurzeit gepökelte „Flugwildbrust“– „ich stehe dazu“, sagt Späne. Insgesamt 16 Schwäne habe er zwischen den Jahren geschossen. Allerdings werde er die Jagd in Schwörstadt in Kürze endgültig einstellen, „dann kann sich der Bestand wieder auffüllen“.

Das sagt die Jagdbehörde

Wie ordnet eigentlich die zuständige Jagdaufsichtsbehörde die ganzen Vorgänge ein? Und was ist eigentlich angesagt, wenn ein Jagdpächter seine Funktion aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann? „Rein rechtlich ist das sauber“, sagt Dezernent Michael Kauffmann auf Nachfrage.

Zum konkreten Fall könne er zurzeit nichts sagen, weil er die Vorgänge im Detail noch nicht kenne. Es könne ein Streit unter den Jägern für die Unstimmigkeiten ursächlich sein. Allerdings: „Wenn wir Hinweise haben, dass jemand die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, zur Jagd zu gehen, schreiten wir ein“, so Kauffmann zur Frage, ob gesundheitliche Einschränkungen eine Rolle spielen. Damit müsse man „umsichtig umgehen“.

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Noch sei in dieser Sache allerdings niemand auf seine Behörde zugekommen. „Eine unglückliche Geschichte“, sagt Kauffmann dagegen zum Zeitpunkt der Abschüsse – Feiertage, an denen am Ufer viel los sei. „Für das Ansehen der Jägerschaft in der Öffentlichkeit ist so Schaden entstanden, weil es auch nicht umsichtig erfolgt ist.“

Schwäne, so Kauffmann, „sind aber bei den Menschen eine emotional stark behaftete Art“. Es sei „etwas anderes, ob ich eine Graugans schieße oder einen Höckerschwan“. Er wünsche sich, „dass die Jäger mit dem Thema sensibler umgehen“.