Er ist seit dem Corona-Ausbruch in der Region für den Landkreis Waldshut täglich in Sachen Pandemie im Einsatz: Der Name Olaf Boettcher, Allgemeinmediziner aus Laufenburg, ist seit eineinhalb Jahren verbunden mit Testzentren und Impfstrategie am Hochrhein.
Der entscheidende Anruf
„Es war Anfang März des letzten Jahres, da rief mich die Kassenärztliche Vereinigung an und kurz darauf Landrat Kistler“, erinnert sich der Mediziner. Kurz darauf war das Amt eines Pandemiebeauftragten des Landkreises geboren und auch gleich besetzt. „Natürlich habe ich mich vorher noch mit meinem Team besprochen“, schränkt Boettcher ein.

Seine Praxis an zwei Standorten in Laufenburg und Rickenbach ist immerhin besetzt mit sieben Ärzten und so konnten die Lücke geschlossen werden.
Der Impfbus ist ein Erfolgsmodell
Mittlerweile sind eineinhalb Jahre vergangen. Die Abstrichstelle ist seit dem Sommer geschlossen, das Kreisimpfzentrum (KIZ) wird zum Ende des Monats den Betrieb einstellen. Wird es ihm dann langweilig? Sicher nicht, meint Boettcher. Neben den Aufgaben in den eigenen Praxen müssten auch die Impfanstrengungen ebenfalls weitergehen. Denn im Landkreis sind nach offiziellen Zahlen bislang noch keine zwei Drittel geimpft. „Wir haben noch viel zu tun“, blickt der Impfarzt in die Zukunft und er werde dem Landkreis weiter bei dieser Aufgabe zur Verfügung stehen.
Allerdings soll sich die Strategie ändern, beschreibt er – und zwar von zentral auf dezentral. Wenn das KIZ am 30. September schließe, sei das Impfprogramm des Kreises noch lange nicht beendet. Er sei sich mit Landrat Martin Kistler einig, dass es dezentral weitergehen müsse. „Der Impfbus ist ein Erfolgsmodell“, resümiert der Mediziner, deshalb werde der Bus auch künftig Gemeinden im Landkreis anfahren – Standorte könnten etwa Schulen, belebte Plätze oder auch bestimmte Veranstaltungen sein.
Die Menschen, die bislang nicht geimpft sind, sei ja nicht alles Impfgegner, ist sich Boettcher sicher, vielfach sei es einfach Bequemlichkeit. Deshalb sei auch künftig ein dezentrales Impfangebot das Gebot der Stunde. Gleichzeitig kann sich Boettcher nach Schließung des KIZ in Tiengen künftig auch eine zentrale Impfanlaufstelle im Westen vorstellen – gewissermaßen ein Kreisimpfzentrum im Kleinformat. Auch Landrat Kistler wäre da im Boot. Boettchers Wunschstandort für ein solches „Mini-KIZ“ wäre Bad Säckingen.
Kritik an laschen Coronaregeln der Schweiz
Denn Boettcher ist ich sicher: Weitere Anstrengungen seien nötig, die Impfquote müsse weiter nach oben. Was eine unzureichende Impfquote in Verbindung mit laschen Corona-Maßnahmen anrichte, zeige aktuell das Beispiel Schweiz.
Seine Kollegen in den Schweizer Kliniken hätten bereits wieder die Triage diskutiert, berichtet Boettcher. Triage heißt, ein Arzt muss bei Überbelegung eines Spital entscheiden, wen er behandelt und wen er sterben lässt. Deshalb, so Boettcher, habe die Schweiz wohl nun reagiert und die Corona-Maßnahmen wieder deutlich verschärft.
112.000 Menschen im Landkreis sind komplett immunisiert
Boettcher zeichnete während der vergangenen eineinhalb Jahre sowohl für die Abstrichstellen, Fieberambulanzen und das Kreisimpfzentrum verantwortlich. Start war im März 2020 mit der Fieberambulanz in der Waldshuter Chilbi-Halle. „Die Situation war für uns alle neu“, denkt Boettcher zurück. „Wir mussten erst einmal Struktur in die Dinge bekommen.“
Im Sommer löste dann die Abstrichstelle beim Campus in Bad Säckingen die Waldshuter Einrichtung ab. Im September 2020 wurde sie mit weiteren Containern zur Fieberambulanz ausgebaut.

Lob für die Kooperation aller Institutionen
Im Januar dann der ersehnte Moment: Das Kreisimpfzentrum startete. Die Organisation sei sehr komplex gewesen: Callcenter, Anmelde-Management, Security, Organisation von Helfern, von medizinischem und pharmazeutischem Fachpersonal sowie der Ärzte. „Es mussten zu den Betriebszeiten täglich immer zehn Ärzte bereit stehen“, beschreibt Boettcher. Er habe dabei auch auf viele pensionierte Mediziner zurückgreifen können. „Die Rentner-Gang hat einen tollen Job gemacht“, schmunzelt er.
Aber nicht nur sie, auch seine medizinische Assistentin Katrin Gedlich sowie alle Helferinnen und Helfer. Was die Sache zudem erleichtert habe, sei die hervorragende Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen, Landratsamt, Gesundheitsamt, Gemeinden, THW, Feuerwehr - „das hat echt gut hingehauen“, so Boettcher.
Wegweisend fürs ganze Land waren auch die Vor-Ort-Impfungen, die erstmals auf Boettchers Betreiben am 16. Februar in Rickenbach stattfand. Und diese Einrichtung machte landesweit Schule, ebenso wie der Impfbus, der im Sommer starte.

Die Kämpfer an der Corona-Front sind immer großer Ansteckungsgefahr ausgesetzt
Was man bei all dem nicht unterschätzen darf: Das gesamte Personal in den Einrichtungen war dabei seit Beginn der Pandemie am Hochrhein dauerhaft einer hohen Ansteckungsfahr ausgesetzt. Besonders schlimm war es, bevor Impfstoff da war. Hat ihm das ab und an auch mal Angst gemacht? „Natürlich hatte ich Angst“, gibt Boettcher offen zu. Denn gerade Medizinern sei doch klar, was das Virus anrichten kann: „Wir Ärzte haben viele Menschen erlebt, die schwer an Corona erkrankten oder gestorben sind.“ Das Virus müsse weiter ernst genommen werden.
Deshalb seien Impfungen und Schutzmaßnahmen immens wichtig. Was sind in diesem Zusammenhang seine Erfahrungen mit Corona-Skeptikern? Verunsicherte Menschen seien meist den vernünftigen Argumenten ihres Arztes zugänglich und zu überzeugen. Und verbohrte Impfgegner? Die könne er nicht verstehen, schüttelt Boettcher den Kopf, „das sind für mich schlecht informierte Irre.“