Herr Schmidt, seit dem 16. März stehen die Autos der Fahrschulen im Kreis und im Land. Wie geht es Ihnen und Ihren Berufskollegen?
Wir dürfen nichts machen. Ich habe das Gefühl, unsere Branche wird nicht wahrgenommen. Weil wir eine schulische Einrichtung sind, bleiben wir geschlossen.

Und der Verband kann sich kein Gehör verschaffen?
Der Verband ist im regen Austausch mit dem Verkehrsministerium. Von uns kamen viele Vorschläge, vom Ministerium hören wir aber bislang nichts.
Wie könnte der Fahrunterricht denn Ihrer Meinung nach funktionieren?
Beim Autoführerschein müssten Fahrlehrer und Schüler Masken tragen, nach jeder Fahrstunde könnte man das Auto desinfizieren. Im Zweiradbereich sehe ich überhaupt keine Probleme, weil sowieso alles über Funk läuft und die Fahrschüler ihre eigene Ausrüstung haben, im Lastwagen sitzt man weit auseinander. Und für Taxiunternehmen gab es auch Lösungen. Natürlich fahren sie Patienten zu wichtigen Arztterminen, sie fahren aber auch andere Menschen.
Wie sieht die wirtschaftliche Situation der Fahrschulen aus?
Ich weiß, dass viele Fahrschulen im Landkreis die Soforthilfe des Landes beantragt und auch erhalten haben. Aber wir sind in der siebten Woche ohne Einnahmen. Die meisten Fahrschulen haben bis zu fünf Mitarbeiter, dazu kommen aber noch hohe Kosten für die Fahrzeuge, Versicherungen oder die Raummiete. Das Geld vom Land, das ja auch versteuert werden muss, reicht nur für wenige Wochen. Meine Mitarbeiter – das ist in anderen Fahrschulen auch so – haben zunächst Überstunden abgefeiert und alten Urlaub abgebaut und sind jetzt auch in Kurzarbeit.
Welche Auswirkungen hat die Situation auf die Fahrschüler, wie sieht es mit den Berufskraftfahrern aus?
Es gab einen Aufschub, der besuchte Theorieunterricht verfällt nicht. Auch die Fristen für die Berufskraftfahrer wurden um sechs Monate verlängert. Sie müssen alle fünf Jahre ihre Nachweise bringen, um weiter als Berufskraftfahrer arbeiten zu können. Aber viele Menschen wollen oder müssen ihren Führerschein machen. Bei vielen Arbeitsstellen, zum Beispiel im Handwerk, ist ein Autoführerschein eine entscheidende Voraussetzung. Zudem sind wir nun mal auf dem Land, die Menschen sind oft auf das Auto angewiesen. Die Zeit drängt, bei uns und anderen Fahrschulen steht das Telefon nicht mehr still.
Wenn die Fahrschulen wieder unterrichten dürfen, ist alles wieder gut?
So einfach ist das nicht. Wenn wir irgendwann wieder öffnen dürfen, wird es spannend, wie wir den Stau abarbeiten können. Denn es herrscht sowieso Fahrlehrermangel. Die Situation hilft unserer Branche also nicht unbedingt.
Die Reaktion
Auf das obige Interview reagierte nun das Landesverkehrsministerium.
„Das Verkehrsministerium setzt sich für eine grundsätzliche bundesweite Öffnung der Fahrschulen in der ersten Maihälfte 2020 ein – selbstverständlich mit Maßgaben im Hinblick auf den Gesundheits- und Infektionsschutz. Dies und die Frage des Umgangs mit Bildungseinrichtungen wird Gegenstand der Beratungen in den kommenden Tagen sein“, zitiert Pressesprecherin Kathleen Bärs Amtschef Uwe Lahl.
Derzeit würden sich mehrere Landesministerien und auch Bund und Länder abstimmen, wie die „derzeit noch strikten Vorgaben der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg für die Fahrschulen im Lichte der jüngsten Entwicklungen der Corona-Pandemie gelockert werden können.“
Dabei müsse man aber insgesamt klären, „welchen Bildungseinrichtungen unter welchen Bedingungen und Auflagen gegebenenfalls die Öffnung wieder gestattet werden kann“. Geregelt werden müsse darüber hinaus außerdem, wie die theoretischen und praktischen Prüfungen sowie Fahrsicherheitstrainings wieder stattfinden können. Der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg und der Bundesverband Deutscher Fahrschulunternehmen hätten ein gemeinsames Konzept vorgelegt, „das sich nach der Einschätzung des Verkehrsministeriums sehr gut für einen stufenweisen Hochlauf eignet“, heißt es in der E-Mail des Ministeriums.