Der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg (FVA) wurde am Mittwoch eine verletzte Kuh aus der Gemeinde Herrischried im Landkreis Waldshut gemeldet. Die Wunde war zu diesem Zeitpunkt bereits tierärztlich versorgt worden. „Eine genetische Untersuchung ist auf Grund der Wundreinigung und Desinfektion nicht mehr möglich“, teilte das baden-württembergische Umweltministerium nun mit.
Das heißt: Ein Wolf kann als Verursacher weder ausgeschlossen noch bestätigt werden. Im Austausch mit beteiligten Personen sowie der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf wird der Fall weitergehend durch die FVA untersucht. Zur Erinnerung: Erst im April kam es zu einem bestätigten Wolfsangriff auf ein Kalb auf dem Dachsberg.

Betroffen von dem mutmaßlichen Wolfsriss in Herrischried sind Ewald und Ruth Matt. „Wir sind schockiert“, sagt Ruth Matt gegenüber unserer Zeitung. Die Kuh habe heftige Wunden im Genitalbereich davon getragen. Die Landwirtin kann sich nicht vorstellen, das dies von einem Hund oder gar ein Fuchs stammt. Zum Zeitpunkt der Verletzung war die Kuh mit ihrem Kalb und anderen Kühen auf der Weide berichtete Ruth Matt. Die Wiede befindet sich auf der Anhöhe am Riesenbühl zwischen dem Kernort Herrischried und dem Ortsteil Großherrischwand. Die Landwirtin vermutet, dass es der Wolf vielleicht auf das Kalb abgesehen hat und die Mutterkuh das Junge verteidigen wollte.

Die Kuh mache derzeit eine stabilen Eindruck, berichtet Ruth Matt, der Tierarzt habe sie versorgt. Die Landwirtin geht jedoch davon aus, dass die Kuh nicht mehr tragen kann.
Die Landwirte bringen ihre Tiere jetzt wieder in den Stall
Die Matts verbringen ihre Tier nun sicherheitshalber nachts in den Stall, berichtet die Landwirtin, zudem hätten sie eine Wildtierkamera aufgestellt. Ob es von staatlicher Seite Entschädigung gibt, weiß Ruth Matt derzeit noch nicht. Noch habe man sich nicht um die Klärung dieser Frage kümmern können.

Auch Hannelore Thiel, ebenfalls Landwirtin in Herrischried und Gemeinderätin bei den Freien Wählern, ist angesichts der aktuellen Wolfsentwicklung überhaupt nicht begeistert. Neben allen Sorgen, die die Landwirtschaft ohnehin habe, komme nun auch das Wolfsthema dazu. Der Landwirtschaft würden damit zusätzliche Belastungen aufgebürdet, sagte sie. Der Bau von Wolfszäunen, die Haltung von Herdenschutzhunden – natürlich gebe es vom Staat Zuschüsse, gleichwohl blieben Kosten an den Landwirte hängen, unter anderem für die laufende Instandhaltung.
Wolfszäune und Herdenhunde – zusätzlich Belastungen für die Bauern
Auch verspreche der Staat im Falle eines Wolfsrisses zwar finanzielle Entschädigung, sagt Tiehl, das gelte jedoch auch nur, wenn der betroffenen Landwirt vorher die kostspieligen Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe. „Also mir ist da nicht wohl,“ sagt die Herrischriederin, die aktuell auch junge Kälbchen auf der Weide hat. Schon die belegten Wolfsrisse kürzlich in Dachbergs habe die Gefährlichkeit gezeigt.
Bürgermeister Christian Dröse ist über den Vorgang informiert. Die Sache werde erst überprüft, deshalb könne er noch nichts konkretes dazu sagen. Die Gemeinde sei mit dem Landratsamt in Kontakt.
Eventuelle Beobachtungen mit Verdacht auf Wolf melden
Herrischried liegt im Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald. Fördergebiet heißt, dass das Land Baden-Württemberg teilweise Schutzmaßnahmen unterstützt und unter Umständen Entschädigungen zahlt. Auch die Verbände der Koordinationsgruppe Wolf sowie die Wildtierbeauftragten der Region sind über das aktuelle Ereignis in Herrischried informiert. Eventuelle Beobachtungen mit Verdacht auf Wolf sollten umgehend der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg gemeldet werden: info@wildtiermonitoring.de oder telefonisch an 0761/40 18 274.
Erst vor wenigen Wochen war ein verletztes Kalb in Dachsberg gemeldet worden. Hier konnte zweifelsfrei ein Wolf als Verursacher nachgewiesen werden. Dachsberg und Herrischried sind Nachbargemeinden und nur wenige Kilometer voneinander entfernt.
Fest steht: Der Wolf kommt immer näher
Wie erwähnt war erst kürzlich im April Bernhard Maier, Biolandwirt aus Dachsberger-Ruchenschwand, betroffen, als in einer Nacht mitten in einer Herde von Mutterkühen und keine 100 Meter vom Haus entfernt ein Kälbchen angegriffen wurde. Dass die Biss- und Reißwunden am Hinterleib von einem Wolf waren, wurde nach der genetischen Untersuchung bestätigt.
Seit dem Jahr 2019 immer wieder Wolfssichtungen
Einer der ersten Wolfssichtung in der Region war 2019 in der aargauischen Gemeinde Oberhof. Der Wolf tappte seinerzeit in eine Fotofalle. Damals kam die Frage auf, ob er den Rhein queren kann. Einer Expertin der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg (FVA) hielt es auf unsere Nachfrage durchaus für möglich, dass ein Wolf den Rhein an einen der beiden Wildkorridore zwischen Brennet und Schwörstadt oder Bad Säckingen und Murg durchschwimmt.
2020 tauchte dann der erste Wolf im Kanton Baselland auf, im selben Jahr wurde ein weiteres Tier in der Gemeinde Wieden im Landkreis Lörrach nachgewiesen.
Ausführliche Informationen zu den Fördergebieten Wolfsprävention und zum Herdenschutz, Daten zu Wolfssichtungen im Land sowie Verhaltenshinweise beim Zusammentreffen von Mensch und Wolf gibt es auf der Internetseite des Umweltministeriums.