Stadtarchivar Martin Blümcke

Im Laufenburger Stadtteil Grunholz durchquert die frühere Hauptstraße den Ort, die heute nach der Ehrenbürgerin Luise Bauer benannt ist. Als sich am 1. Juli 1971 Grunholz nach einer Bürgerbefragung mit der Stadt Laufenburg vereinigte, hat man im Eingliederungsvertrag vergessen zu vereinbaren, dass die örtliche Ehrenbürgerin als städtische übernommen wird. Das wäre eine Geste der Anerkennung gewesen. Das gilt auch für Rotzel, wo der Geistliche Rat und Dekan Oskar Tröndle zu erwähnen wäre.

Man hat dieses Versäumnis bald ausgebügelt. Als der Laufenburger Stadtrat aus der Grunholzer Hauptstraße eine Nagelschmiede-Straße machen wollte, weil es im erweiterten Stadtgebiet mehrere Hauptstraßen gab, da wehrten sich die Einheimischen und erklärten, es sei eher angebracht, an Luise Bauer zu denken, die im Alter von 87 Jahren im oberschwäbischen Tettnang lebe.

Bild 1: Die Luise-Bauer-Straße in Laufenburg ist nach einer frommen und fleißigen Frau benannt
Bild: Müller, Cornelia

Die Lebenseinstellung und die Lebensleistung von Luise Huber – so ihr Mädchenname – sind es wert, sich daran zu erinnern. Eine durch und durch fromme Frau, die sich fleißig und pflichtbewusst, begabt und lernbegierig sich aus einfachen Verhältnissen nach oben geschafft hat. Am 17. April 1884 wird dem bäuerlichen Ehepaar Johann und Karoline Huber, geborene Eschbach, als erstes von acht Kindern eine Tochter geboren, die wie die badische Großherzogin den Namen Luise erhält. Es versteht sich, dass das junge Maidli nach der Schule und in den Ferien in Haushalt und Landwirtschaft helfen musste.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach der Volksschule geht die schaffige und tüchtige Bauerntochter nach Säckingen in den Dienst als Haushaltshilfe, und zwar in die Familie des Fabrikanten Theodor Berberich. Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs Ende Juli 1914 muss die 30-Jährige heim nach Grunholz, um der Mutter auf dem Hof und bei der Betreuung der jüngeren Geschwister zu helfen. Die Brüder August und Joseph Huber waren nämlich zum Wehrdienst eingezogen worden. Ihre Mutter hat damals gelobt, wenn ihre Söhne unversehrt aus dem Krieg zurückkehren, dann wolle sie eine Kapelle bauen.

Das könnte Sie auch interessieren

Als das vier Jahre später geschah, da war nicht nur im Hause Huber die Freude groß und die Erleichterung zu spüren. Das Ehepaar Adolf und Regine Strittmatter schenkte in der Ortsmitte ein Grundstück für die Kapelle, man grub Steine aus und sammelte Baumaterial. Doch die Inflation 1923 fraß alles Geld auf, und damit alles, was Karoline Huber angespart hatte. Sie starb fünf Jahre später, ohne ihr Gelübde erfüllt zu haben.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach dem Ersten Weltkrieg ging Luise Huber in die Schweiz und bildete sich in verschiedenen Arbeitsstellen zur Köchin aus. Wie weit sie es dabei gebracht hat, kann man an ihren Funktionen ablesen: Oberköchin im katholischen Gesellenhaus und im Grande Hotel in Baden, zuletzt Chefköchin im Bürgerspital Bern.

Das könnte Sie auch interessieren

Ihre Sparsamkeit ermöglichte es ihr, in Säckingen ein Haus zu kaufen. Am 17. April 1934, an ihrem 50. Geburtstag, heiratete sie den pensionierten Bahnbeamten Bauer und zog mit ihm in dessen Heimatstadt Tettnang, wo sie sich in religiösen und karitativen Vereinen stark engagierte.

Das könnte Sie auch interessieren

Nach 20 Ehejahren wurde Luise Bauer Witwe und konnte nun selbstbestimmt über zwei Häuser verfügen. 1955 verkaufte sie das in Säckingen für 45.000 Mark und konnte endlich daran denken, das Gelübde ihrer Mutter in die Tat umzusetzen. Der Säckinger Bezirksbaumeister Schuble entwarf einen einfachen Bau mit circa 80 Sitzplätzen und Sakristei. Bei den Bauarbeiten entschloss man sich, noch einen elf Meter hohen Turm anzufügen, damit der kirchliche Charakter gleich ersichtlich ist. Auch die gesamte Innenausstattung samt Priestergewändern und Ministrantenroben spendete die fromme und herzenswarme Frau.

Das könnte Sie auch interessieren

Am 30. Mai 1957 weihte der Luttinger Pfarrer Karl Schäfer die Kapelle und brachte als Geschenk eine überzählige Glocke mit. Zwei Wochen vorher hatte der Grunholzer Gemeinderat mit Bürgermeister Albert Dörflinger an der Spitze beschlossen: „Anlässlich der Kapellen-Einweihung soll die Erbauerin der Mutter-Gottes-Kapelle, Frau Luise Bauer, geb. Huber, wohnhaft in Tettnang zur Ehrenbürgerin der Gemeinde ernannt werden. Sie ist eine gebürtige Grunholzerin und hat sich um das Ehrenbürgerrecht durch die Erstellung der Kapelle, die ein wahres Schmuckstück der Gemeinde darstellt, verdient gemacht. Die Bewirtungskosten der zur Einweihung geladenen Gäste übernimmt die Gemeinde.“ Fast 20 Jahre danach ist Luise Bauer am 15. Juni 1996 im gesegneten Alter von 93 Jahren aus ihrer zweiten Heimat Tettnang in die ewige Heimat abberufen worden.