Mit einem Arbeitskreis möchte die Stadt die medizinische Versorgung stabilisieren und verbessern. Im Gremium sollen neben Vertretern der Verwaltung und des Gemeinderats auch viele Experten an einem Gesundheitskonzept arbeiten. Wo die Stadt derzeit steht, welche Auswirkungen die Corona-Krise hatte und was die Schwerpunkte sind, referierte Wirtschaftsförderer Elmar Wendland am Montag im Hauptausschuss.
Im Februar dieses Jahres hatte die Verwaltung zu einer gut besuchten Veranstaltung zum Thema Gesundheitsversorgung eingeladen. Eine Erkenntnis des Abends: Das Ärztegebiet Rheinfelden, zu dem auch die Nachbarkommunen Grenzach-Wyhlen und Schwörstadt gehören, ist unterversorgt. Ärztesprecher sowie ein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) referierten und gaben der Verwaltung – federführend dem Amt 50 (Familie, Jugend und Senioren) sowie der Wirtschaftsförderung – jede Menge Input. Mit der Corona-Krise änderten sich zwar die Schwerpunkte; „Wir waren aber nicht untätig und haben viele Gespräche geführt“, so Wendland.
- Auswirkungen von Corona: Die Corona-Krise hat Ärzte und Patienten in Rheinfelden vor Herausforderungen gestellt. Teils waren Praxen geschlossen oder nur eingeschränkt zugänglich. „Wir haben unterstützt, indem wir Schutzkleidung besorgt und bei der Koordinierung von Testkapazitäten geholfen haben“, so Wendland. Mittlerweile beobachte man, dass gerade ältere Patienten den Gang zum Arzt scheuten aus Sorge, sich zu infizieren. „Die gehen erst, wenn es wirklich nicht mehr anders geht“, so Wendland. Das müsse man im Auge behalten.
- Zukunft des Krankenhauses: Für Gesprächsstoff sorgte 2020 auch das Kreiskrankenhaus – bis vor wenigen Wochen die Geschäftsführung eine feste Zusage gegeben hat, das Haus am Vogelsang bis 2025 zu erhalten. Dieses Bekenntnis, da waren sich Verwaltung und Ausschussmitglieder einig, war sehr wichtig. „In der Bevölkerung wurde das Krankenhaus als ‚Sterben auf Raten‘ wahrgenommen“, sagte etwa Paul Renz (CDU). Dass um dieses Bekenntnis hart gerungen werden musste, machte OB Klaus Eberhardt wenn auch etwas verklausuliert deutlich. „Das war keine einfache Übung, soviel kann ich sagen“, meinte das Stadtoberhaupt und dankte allen – insbesondere dem Förderverein –, die sich in den vergangenen Wochen für das Krankenhaus eingebracht hatten. Die Stadt hat nun ein Gutachten zur Wertermittlung des Krankenhauses in Auftrag gegeben. „Ohne das stochern wir im Nebel“, so Wendland. Und auch wenn es noch fünf Jahre dauert, bis sich die Kliniken des Landkreises aus Rheinfelden zurückziehen, „brauchen wir im kommenden Jahr einen Vorentscheid“, so Eberhardt, was künftig mit dem Gebäude passieren soll.
- Fragebogenaktion: Um mögliche Versorgungsengpässe frühzeitig zu erkennen und weitere Themenfelder abzuklopfen, hat die Rheinfelder Verwaltung 116 Ärzten im Versorgungsgebiet im Juni einen Fragebogen geschickt. Bis Mitte Oktober hatten sich lediglich 30 zurückgemeldet. Ein Ergebnis, das Karin Reichert-Moser (FW) und Uwe Wenk (SPD) als enttäuschend bezeichneten. „Wenn ich daran denke, mit wievielen Sorgen, und Forderungen die Rheinfelder Ärzte bei der Diskussion im Frühjahr auf die Stadt zugekommen sind, verstehe ich das nicht“, so Reichert-Moser. Jörg Moritz-Reinbach (Grüne) hatte ein Erklärung: „Die Ärzte wissen schon sehr genau, dass die städtische Ebene nur eine von mehreren ist.“ Wichtig sei hier die Kassenärztliche Vereinigung und eine sinnvolle Verzahnung mit dem Kreis und darüber hinaus. Dies bestätigte Wendland und versicherte, sich „im engsten Austausch“ mit dem Kreis und der KV zu befinden.
- Rückschlüsse und Diskussion: Auch wenn sich nur 30 Ärzte an der Umfrage beteiligt haben, lassen die Ergebnisse Rückschlüsse zu. Demnach habe die Stadt keine unmittelbare Praxisschließung zu befürchten, so Wendland. Die Umfrage habe außerdem ergeben, dass die Bestandsärzte wenig Interesse an einem medizinischen Versorgungszentrum hätten. „Da wir aber laut KV freie Arztplätze haben, könnten wir bei denen mit einem Zentrum punkten“, so Wendland. Mangelware sind im Gebiet insbesondere die Fachärzte. „Wir haben nur einen Augenarzt und der ist völlig überlastet“, so Renz. Auch ein Hautarzt sei in einer Stadt mit der Größe wie Rheinfelden dringend geboten. „Wir befinden uns in einem sehr frühen Stadium von Gesprächen mit einem Dermatologen“, so Wendland. Bedauerlich sei die Entwicklung in Herten: Seit Sommer hat der größte Ortsteil der Stadt keinen eigenen Hausarzt mehr. Dort schloss die Außenstelle der Praxis von Tibor Bojti. „Wir versuchen alles, aber es ist ein Kampf, einen Arzt zu gewinnen“, so Wendland. Positiv sei jedoch, dass im neuen Hochrheincenter II ein medizinisches Versorgungszentrum unter der Leitung von Bojti eröffnet habe. Durch die Bündelung mehrerer Praxen könnten so Ausfälle besser kompensiert werden.