Sehr enttäuscht sind die Mitglieder des Gemeinderates über eine Antwort des Landratsamtes Waldshut zum Thema Motorradlärm. Im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung im Auftrag des Rats verschiedene Maßnahmen, die den Lärm reduzieren sollten, beim Landratsamt beantragt. Alle wurden abgelehnt, wie Bürgermeister Adrian Probst in der Gemeinderatssitzung am Dienstag erklärte.
Die Verwaltung hatte in ihrem Schreiben im vergangenen Jahr darum gebeten, die Ortstafeln im Bereich der L 150 ab der Einmündung der Todtmooser Straße bis zur Einmündung der Weinbrennerstraße zu verschieben. Damit hätte dieser Bereich als innerörtlich gegolten und es wäre eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 50 Stundenkilometer möglich gewesen. Bisher gelten dort 60 Stundenkilometer.
Keine Gegebenheiten für geschlossene Ortschaften
In einem vierseitigen Schreiben, aus dem Bürgermeister Probst zitierte, begründete das Landratsamt seine Ablehnung. Da heißt es etwa „Es liegt entlang der L 150 keine zusammenhängende Bebauung vor; es gibt Bereiche der Landesstraße, die durch Waldgrundstücke und Grüngürtel beidseits begleitet werden.“ Außerdem gebe es keine Gehwege oder durchgehende Straßenbeleuchtung, die als typisch für geschlossene Ortschaften angesehen werden.
Auch aus Gründen der Sicherheit und Ordnung oder des Lärmschutzes sei es nicht möglich, eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 Stundenkilometer anzuordnen. Eine Anordnung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung sei nur möglich, wenn die Gefahrenlage an der bewussten Stelle erheblich höher sei als das allgemeine Risiko. Dies sei nicht der Fall, zitierte Probst aus dem Brief, da nach einer Unfallauswertung des Polizeipräsidiums Freiburg über drei Jahre nur zwei Unfälle in dem Bereich registriert wurden, deren Ursache zudem nicht die Geschwindigkeit gewesen sei. Eine Auswertung bis zurück ins Jahr 2010 habe insgesamt nur fünf Unfälle erbracht, auch bei diesen sei der Grund nicht die Geschwindigkeit gewesen.
Werte sind zulässig
Auch aus Gründen des Lärmschutzes könne keine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnet werden, da die schalltechnischen Berechnungen für den Bebauungsplan „Dreherhauswiese“ in diesem Fall nicht als Grundlage dienen könnten. Die anwendbare Lärmschutz-Richtlinie weise 70 Dezibel (A) tagsüber und 60 Dezibel (A) nachts auf und damit höhere zulässige Werte.
Diese werden, so das Landratsamt, selbst in der Berechnung für den Bebauungsplan nicht überschritten, auch eine Auswertung aus dem Jahr 2011 habe niedrigere Werte ergeben. Außerdem dürfe in dem Bereich seit 2014 nicht schneller als 60 Stundenkilometer gefahren werden, „was sich ebenfalls positiv auf die Lärmbelastung beidseits der Landesstraße auswirken sollte“, so das Schreiben.
Einladung zur Kaffeetafel
Zutiefst empört reagierten die Mitglieder des Gemeinderates auf diese Mitteilung. Peter Schneider (CDU) vermutete, dass Lärmmessungen bisher nur an Wochentagen stattgefunden haben, nicht am Wochenende, wo die Anwohner besonders vom Motorradlärm geplagt werden. Er ärgerte sich über die, wie er sagte, „gegen die Interessen der Bevölkerung gerichtete“ Auslegung des Gesetzes und schlug vor, Landrat und Dezernenten zu einer Kaffeetafel am Wochenende bei besonders betroffenen Anwohnern einzuladen, damit sie den Lärm live erleben könnten.
Ähnlich äußerte sich auch Christoph von Ascheraden (FW), der beklagte, der Ermessensspielraum werde hier nicht zu Gunsten der Bürger ausgelegt. Im betroffenen Bereich gebe es vier Kliniken sowie Bushaltestellen, außerdem sei die Dreherhauswiese seit dem letzten Gutachten anders bebaut und die Unfallstatistik veraltet, zählte er Gründe auf, dem Schreiben zu widersprechen. Ralf Weber (FW), selbst Motorradfahrer, schlug vor, ein Gegengutachten erstellen zu lassen und plädierte für häufigere Kontrollen durch die Polizei. „Der Bürokratismus ist erschreckend“, bemerkte Klaus Dudarewitsch (SPD), wenn zwei geschützte Käfer über die Straße kriechen würden, sähe die Situation wohl anders aus.
Wie es jetzt weitergeht
Bürgermeister Probst betone, man werde dranbleiben und neue Lärmmessungen und Geschwindigkeitskontrollen vom Landratsamt fordern, auch am Wochenende, länger und zu unterschiedlichen Zeiten. Außerdem sollen die Kosten für einen Fachanwalt geprüft werden. Probst vermutete, dass hier auch Möglichkeiten bestehen, sich mit anderen Gemeinden zusammenzuschließen. Der Landrat soll einen Brief bekommen, in dem der Unmut der St. Blasier deutlich geäußert wird. Auch eigene Lärmmessungen sollen veranlasst werden. Diese Punkte wurden vom Gemeinderat einstimmig beschlossen. Gleichzeitig betonte der Bürgermeister, dass das Problem als Gemeinde alleine nicht zu lösen sei. Hier müsse man politisch aktiv werden, auf EU-Richtlinien und Vorgaben für die Fahrzeughersteller drängen.