Im Ladengeschäft in der Hauptstraße in St. Blasien ist es leerer geworden, aber in den Vitrinen glitzern Schmuckstücke, an der Wand hängen noch Schwarzwälder Schilderuhren und Kuckucksuhren. Die Reparatur von alten oder gar historischen Tisch- und Wanduhren ist eine Spezialität von Horst Behringer. Besitzer solcher Uhren kommen nicht selten von weit her, um ihre wertvollen Stücke hier reparieren zu lassen.

Was ihn an alten Uhren fasziniert, ist die Mechanik. Ihn beeindruckt, was frühere Uhrmacher-Generationen geleistet haben, er zeigt auf eine historische Schilderuhr in seiner Werkstatt: „Die damaligen Uhrmacher haben massiver gearbeitet. So eine Uhr läuft noch in 300 Jahren und kann repariert werden, falls es dann noch Uhrmacher gibt“, sagt er.

Uhren waren bereits in der Kindheit wichtig

Uhren hat Horst Behringer seit seiner Kindheit unter seinen geschickten Händen. Wenn sein Vater Fritz in der Werkstatt arbeitete, stand für Sohn Horst eine Kiste mit Kuckucksuhrwerken zum Spielen bereit. Auch seinen Großvater August Behringer habe er noch gekannt, erzählt er. Der habe seine Gesellenjahre als Uhrmacher in Belfast verbracht.

Horst Behringer selbst hatte eigentlich Lehrer für Erdkunde und Sport werden wollen, habe sich dann aber schließlich doch für das Uhrmacherhandwerk entschieden. In den 1970er Jahren absolvierte er die Uhrmacherausbildung an der Feintechnikschule in Schwenningen und stieg nach seiner Meisterprüfung 1984 in die väterliche Schmuck- und Uhrenhandlung ein.

Bereits 1981 hatte er seine Frau Andrea kennengelernt, die damals Sportlehrerin in der Weissensteinklinik war. Bald tauschte sie die Sporthalle mit der Behringer‘schen Schmuck- und Uhrenhandlung, bildete sich in Königsstein/Taunus für den Verkauf von Uhren und Schmuck fort. Schmuck und Uhren – das habe im Hause Behringer immer zusammengehört. Um das Jahr 2000 herum, als batteriebetriebene Billiguhren in Mode kamen, schien die Uhrmacherei ein sterbendes Handwerk zu sein. Jetzt sei der Uhrmacherberuf wieder im Kommen. „Bei den ganz Reichen sind wertvolle mechanische Uhren, auch Armbanduhren, sehr nachgefragt. Viele der renommiertesten Uhrengeschäfte haben Kunden aus der ganzen Welt. Sachsen ist eine Hochburg der Uhrenindustrie, und natürlich die Schweiz“, berichtet er.

Das wertvollste Stück, das er selbst unter den Händen gehabt hat, sei eine Breguet-Diamantuhr gewesen. Die sei zur Reparatur gekommen, weil sie deutlich zu schnell lief. „Normalerweise lehnt man so was ab, ich hab‘s aber Gott sei Dank hingekriegt“, erzählt er.

Wenn Horst Behringer eine Großuhr repariert, liegen Hunderte Teile auf dem Arbeitstisch seiner Werkstatt, die man über einige Stufen vom Laden aus betritt. Viel Platz zum Arbeiten braucht er nicht, außer bei sehr großen Uhren. Denn die Teile, die er bearbeitet, sind teils unfassbar winzig. Die Zapfen für die Unruhwelle, die die Mechanik in Gang hält, sind oft nur 0,2 Millimeter dünn, die Schrauben dafür oft viel kleiner als Stecknadelköpfe. Gearbeitet werde mithilfe einer Lupe mit bis zu zehnfacher Vergrößerung. Während er mit seinen feinen Werkzeugen hantiert, erklärt er, was er da gerade tut: „Die Unruhwelle ist das Herz der Uhr und bringt die Unruh zum Schwingen.“

Penible Ordnung auf dem Arbeitstisch

Auf seinem Arbeitstisch herrscht penible Ordnung, viele zierliche Werkzeuge sind hier in Reih und Glied sortiert und angeordnet. Der Sinn hinter der Ordnung: „Wenn ich durch die Lupe arbeite, muss ich jedes Werkzeug blind greifen können.“

Noch bis Ende Dezember läuft beim 1862 gegründeten Schmuck- und Uhrenfachgeschäft Behringer der Ausverkauf, Reparaturen wird Horst Behringer noch eine Zeitlang ins neue Jahr hinein annehmen. Sicher ist, dass Horst Behringers Neffe Lukas, der im selben Gebäude das Fachgeschäft Optik Behringer führt, die Räume übernehmen wird. Wie er sie nutzt, sei noch nicht klar. „Jedenfalls freut es uns, dass die Räumlichkeiten in der Familie bleiben“, sagt Andrea Behringer.

Das Ehepaar geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Wir haben viele, sehr nette Kunden, leider nicht so viele aus dem Ort“, bedauern sie. Es sei schade, dass das Geschäft nicht bewusster von einheimischen Kunden unterstützt werde. Ein lebendiger, vielfältiger Einzelhandel mache schließlich die Qualität einer Stadt aus.

Bedauerlich findet er auch, wie er sagt, dass die St. Blasier Armbanduhr, die Horst Behringer 2021 kreiert hatte – Dom auf dem Zifferblatt für Damen, Kollegsfront auf dem Zifferblatt für Herren –, vonseiten der Stadt nur schwach unterstützt worden sei. Jetzt freut sich das Paar auf den Ruhestand, auf mehr Zeit mit ihren Kindern und Enkelkindern, auf gemeinsame Reisen, aufs Radeln und Wandern.