Das Gastgewerbe befindet sich in einer Extremsituation. Seit dem 18. Mai können Gasthäuser unter strengen Auflagen öffnen, Hotels und Pensionen dürfen seit 29. Mai auch wieder touristische Gäste beherbergen. Wir fragten Gastronomen im Raum Stühlingen zu ihren Erfahrungen mit den Lockerungen. Die Stimmung schwankt zwischen Ernüchterung und Hoffnung.
„Geng‚s Linde“, Mauchen
„Jetzt ist zum zweiten Mal alles neu. Es ist eine sehr schwierige Phase, das ist auch psychisch nicht leicht zu verkraften“, sagt Christian Geng, der um jeden Euro froh ist, der eingenommen wird. Zunächst habe man einen Abholservice auf die Beine gestellt, nun die allmähliche Öffnung der gastronomischen Betriebe. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung!“ Für ihn zählt aber auch der wirtschaftliche Aspekt.

Am vergangenen Sonntag gingen 20 Mittagessen an die Tische, vor der Corona-Krise waren es sonntags 80 im Schnitt, sagt Geng und er sieht weitere Probleme: „Die Krise wird wirtschaftlich tiefe Kerben hinterlassen“, und auch für die Gastronomie Folgen haben. Auf der anderen Seite registriert er zu Pfingsten eine gestiegene Nachfrage. „Die Menschen fangen wieder an, Zimmer zu buchen. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr die entstandene Lücke mit deutschen Urlaubern schließen können.“
Landgasthof „Rebstock“, Stühlingen
Christine und Joachim Sarnow öffneten ihr Hotel und das Restaurant erst am Freitag, 29. Mai. Sie hatten Bedenken, das Restaurant vor dem Hotelbetrieb zu öffnen, sagt Joachim Sarnow – auch aus Kostengründen. Nun steigt die Zimmernachfrage vor Pfingsten „verhalten“ an. Ein Teil der Mitarbeiter bleibt weiterhin in Kurzarbeit.

Joachim Sarnow hat in anderen Betrieben gesehen, dass die Scheu vor einem Restaurant noch vorhanden sei. „Die Kosten wären höher als der Ertrag und die Masken des Personals sind abschreckend für die Gäste“, stellt er fest. Er und seine Frau registrieren derzeit auch noch die Angst vor einem Restaurantbesuch. Sie hoffen deshalb auf die nächsten Lockerungen.
„Zapfhahn“ und „Café Einstein“, Stühlingen
Norbert Schneider ist in dieser Krise um jeden Gast froh. Dankbar ist er für die guten Informationen seines Steuerberaters und des Verbandes der Gastwirte und Hoteliers: „Sie stehen uns mit Rat und Tat zur Seite.“ Der Feiertag an „Himmelfahrt“ lief aus seiner Sicht gut, im Alltag zeigt sich aber ein anders Bild: „Es gibt viele Leute, die haben Angst vor einem Lokalbesuch. Sie brauchen aber nicht ängstlich zu sein“, betont Schneider, der auf die strengen Vorgaben der Regierung verweist.

Er stellt oft eine große Verunsicherung fest, auch, weil in jedem Bundesland andere Regeln gelten. Andere hätten krisenbedingt Geldsorgen und können sich einen Lokalbesuch momentan nicht leisten. Kritik äußert er am Zeitpunkt der Einführung des verminderten Steuersatzes: „Der kommt zum 1. Juli, gebraucht hätten wir ihn schon jetzt.“
Gasthaus „Napoleon“, Stühlingen
Dietmar Vollmer hat den „Napoleon“ am 1. April 2019 übernommen und sein Lokal gleich nach den Lockerungen am 18. Mai wieder geöffnet. „Langfristig ist es für uns mit dem halben Umsatz nicht machbar“, so sein Standpunkt, denn die Betriebskosten laufen weiter. Manche Menschen seien froh, wieder ins Gasthaus gehen zu können, andere hätten dazu wenig Lust. An Himmelfahrt lief das Geschäft gut, danach wurde es wieder ruhig, stellt er fest: „Bis wir auf Volllast fahren können, wird noch einige Zeit dauern.“

Vollmer hält es für schwierig, seinen Stammgästen klarzumachen, dass sie nur zweit an einen Tisch sitzen dürfen. „Sie kommen zu uns, um in Gesellschaft ein Bier zu trinken, sonst könnten sie das auch zu Hause tun“, macht Vollmer das Dilemma deutlich. Vollmer kritisiert: „Hilfreich wäre jetzt der angekündigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent, doch davon hört man jetzt nichts mehr.“
Gasthaus „Kreuz“ Weizen
„Unsere Gäste sind verständnisvoll und wir machen das Beste aus der Situation“, sagt Helge Handke. Auch er muss momentan „mit der Hälfte der Gäste auskommen“, obwohl es in seinem Gasthaus reichlich platz gibt. Der Aufwand habe sich bei weniger Gäste nicht reduziert, erzählt er. Die praktische Umsetzung der Abstandsregeln sei oft nur schwer vermittelbar: „Wenn drei Motorradfahrer kommen, muss sich der dritte an einen anderen Tisch setzen.“

Das gelte auch für Radfahrer, Wanderer oder Büro-Teams, die zwar zusammenarbeiten, aber in der Mittagspause in seinem Gasthaus nicht an einem Tisch sitzen dürfen. Erleichtert zeigt er sich hingegen, dass die Buchungen für Zimmer über Pfingsten wieder zunehmen.
Gasthaus „Kranz“, Lausheim
Ralf Kech sieht die Auflagen wegen der Corona-Krise auf Dauer als Problem: „Aber wir arrangieren uns dabei.“ Von bisher 130 Mittagessen, die sonntags aus der Küche zu den Gästen gebracht wurden, habe sich das am vergangenen Wochenende auf 30 reduziert. Die Resonanz auf die Wiedereröffnung sei bisher verhalten, auch „am Vatertag hatte ich mehr erwartet“, sagt Ralf Kech, der erst vor zwei Jahren den Betrieb von seinen Eltern übernahm.

Völlig weggebrochen sind bei ihm die Gäste, die mit Reisebussen kamen oder mit der „Sauschwänzlebahn“ fuhren. „Bis zum September haben die meisten Reiseunternehmen ihre Buchungen storniert“, erzählt der Gastwirt. „Letztlich geht es bei allen Gastwirten um die Existenz“, betont Kech. Von den Gästen erfährt er: „Sie wollen ihr normales Leben wieder zurück.“
Gasthaus „Schwanen“, Schwaningen
Gastronomin Andrea Weckerle berichtet von unterschiedlichen Gästezahlen, die bisher kamen. Sie hält es für „total übel“ und schwer vermittelbar, wenn sie mit Mundschutz bewirten muss, während die Gäste am Tisch keinen brauchen. „Wenn ich dann von 17 bis 22 Uhr mit der Maske Vollgas geben muss, bin danach fertig. Und immer atmet man seinen eigenen Atem wieder ein“, erzählt sie. „Unsere Stammgäste haben darauf gewartet, dass sie endlich wieder essen gehen können. Das Eis war trotz der Vorgaben schnell gebrochen“, berichtet die Gastwirtin.

Die Gäste sitzen derzeit aber lieber mit einer Jacke im großen Garten, wo die Abstandsregel problemlos umgesetzt werden kann, so Andrea Weckerle. Deshalb hofft sie auf viele sonnige Tage über Pfingsten. Die Restaurantfachfrau erzählt, dass sie mit ihrem Mann Markus den Lockdown genutzt habe, ein neues Konzept zu entwickeln. Es gibt nur noch Menüs und im Garten ein zusätzliches Angebot.