Die Gemeinde Todtmoos wehrt sich gegen eine Massierung von Windkraftanlagen rund um ihre Gemarkung. Hierzu gab Bürgermeister Marcel Schneider am Dienstag, 8. Oktober, im Gemeinderat eine ausführliche Stellungnahme zum Anhörungsentwurf der Teilfortschreibung Windenergie des Regionalverbandes Hochrhein-Bodensee ab. Die Stellungnahme wurde vom Gemeinderat mit sechs Ja- und vier Nein-Stimmen mehrheitlich mitgetragen.
Schneider: Von 6000 Hektar Vorrangfläche befinden sich 1560 rund um Todtmoos
Die gesamte ausgewiesene Fläche im Regionalplan für Vorranggebiete beträgt 6000 Hektar. Betroffen sind 92 Städte und Gemeinden. Die ausgewiesenen Flächen auf Todtmooser Gemarkung oder unmittelbar daran angrenzend, sind in mehrere Teilflächen gegliedert und betragen nach Angaben Schneiders insgesamt 1560 Hektar. Somit ist die Tourismusgemeinde im Südschwarzwald mit rund 25 Prozent der im gesamten Verbandsgebiet ausgewiesenen Gesamtfläche besonders stark betroffen. Sollten auf allen Vorranggebieten Windräder gebaut werden, würde das bedeuten, dass Todtmoos in einem Horizont von 310 Grad von solchen Anlagen umgeben wäre.
Der Bürgermeister forderte deshalb mit Nachdruck die Modifizierung von einzelnen Vorrangebieten. In der Stellungnahme der Verwaltung wird zudem die komplette Streichung von zwei Vorranggebieten gefordert. Dies betrifft das Gebiet Kapellenberg auf Herrischrieder Gemarkung sowie das Gebiet Farnberg-Rechberg auf Gemarkung der Gemeinden Todtmoos, Bernau und Ibach.
Als Gründe für die geforderte Modifizierung oder Streichung von Vorranggebieten nannte Schneider die unverhältnismäßige technische Überprägung sowie Einflüsse auf die Wasserversorgung, den Umwelt- und Artenschutz sowie den für Todtmoos so wichtigen Wirtschaftszweig Tourismus und Kurbetrieb. Marcel Schneider: „Solidarität findet dort ihre Grenze, wo eine einzelne Gemeinde unverhältnismäßig durch die Ausweisung von Vorranggebieten belastet, und in ihrer Entwicklung bedroht wird“. Schneider weiter: „Eine solche Ausweisung ist nach dem Dafürhalten der Gemeinde Todtmoos rechtswidrig und wird unmissverständlich und entschieden abgelehnt.“
Die Gemeinde führt den Wasserschutz und das Auerhuhn als Argumente an
Die geplanten Vorranggebiete liegen nach Angaben des Bürgermeisters vielfach in Wasserschutzzonen. Außerdem sind sämtliche auf Todtmooser Gemarkung vorgesehenen Gebiete bei einer Umweltprüfung als zum Teil sehr konfliktbehaftet beurteilt worden. Teilgebiete liegen zudem in Vorrangflächen für das bedrohte Auerhuhn.

In Bezug auf den Tourismus wird in der Stellungnahme erklärt: „Ob die Einrichtung vieler, bis zu 300 Meter hoher Windräder kompatibel mit dem Tourismus sind, wird grundsätzlich mit großer Sorge betrachtet. Die umfassende Ausweisung bedeutet einen massiven Eingriff in das Landschaftsbild und in die Natur auf Todtmooser Gemarkung.“ Es gelte auch, Rücksicht auf die Belange der ansässigen Kliniken und therapeutischen Einrichtungen zu nehmen.
Die Mehrheit des Gemeinderats teilt die Haltung des Bürgermeisters
Die Meinung aus der Ratsrunde zeichnet einen unterschiedlichen Blick auf die Thematik. Dirk Haselwander sagte: „Wir müssen unseren Beitrag leisten, sollten uns aber auf ein Gebiet auf der Westseite konzentrieren.“ Wolfgang Jehle forderte den Schutz der Kliniken mit Blick auf den Mindestabstand von 1000 Metern zu bebauten Flächen. Frank Mutter nannte die massive Ausweisung von Vorranggebieten rund um Todtmoos eine „Frechheit“ und forderte ebenfalls die Beschränkung auf ein Gebiet. Jörg Zimmermann befürwortete die Stellungnahme ebenfalls: „Es ist schwierig, was uns die Politik aufbürdet. Die Gemeinden werden gegeneinander ausgespielt. Es ist widerlich, was hier läuft.“
Ein Teil der Gemeinderäte sieht es anders
Ratsmitglied Tassilo Schneider konnte die grundlegende Ablehnung der Verwaltung nicht teilen. Er machte unter anderem auf die wirtschaftliche Teilhabe aus der Wertschöpfung aufmerksam: „Das ist aus meiner Sicht keine verantwortungsvolle Politik. Die Erlöse machen dann andere Gemeinden“. Silke Kaiser war der Meinung, dass das 1,8 Prozent Flächenziel für die Errichtung von regenerativen Anlagen erreicht werden soll und meinte: „Wir sehen die Windräder, bekommen aber keinen Erlös davon.“ Christina Ernst sagte, man müsse mit der Zeit gehen, Stichwort „klimaneutral“, forderte aber ein überschaubares Maß bei der Umsetzung.
Auch die vorgeschlagenen Vorrangflächen für Photovoltaik werden abgelehnt
In der Sitzung beschloss der Gemeinderat bei zwei Gegenstimmen zudem die Ablehnung von zwei Vorranggebieten für Freiflächen-Photovoltaikanlagen unterhalb Bergle und im Gewann Glaserberg nahe des Rheintalblicks.
Bürgermeister Marcel Schneider erklärte abschließend, dass eine zweite Anhörungsrunde zu dem Thema geplant sei. „Ich habe Hoffnung, das im Anhörungsverfahren zu realisieren und nicht auf dem Rechtsweg.“