Eine Knochenmarkspende kann Leben retten. Obwohl man meinen könnte, dass die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) diese Chance auf Heilung für Blutkrebspatienten hinlänglich publiziert, wissen viele Menschen wenig darüber. Das veranlasst den Informatikstudenten Marco Kaiser, über seine Spende zu reden.
Wenige Menschen haben Ahnung
„Im Fußballverein merkte ich, dass nur wenige mit dem Thema überhaupt etwas anfangen konnten. Einige wussten ein bisschen Bescheid über Blutkrebs und die Aussicht auf Heilung durch eine Knochenmarkspende, andere hatten noch nie davon gehört“, so Kaiser. „Dabei wäre es doch so wichtig, dass möglichst viele sich bei der Spenderdatei registrieren lassen. Jeder Gesunde, der nicht registriert ist, gleicht einem verborgenen Schatz, den man nicht ausbuddeln kann.“
Seine Mutter habe ihm vor eineinhalb Jahren ein „Stäble“ hingelegt und gemeint, er solle sich typisieren lassen, so wie der Rest der Familie. Wenige Monate später kontaktierte ihn die DKMS und bat um die Einsendung einer Blutprobe. Nach deren Untersuchung war klar, dass der 19-Jährige als Spender nicht in Frage kommt. Noch während Marco Kaiser seine aus Wittlekofen stammende Freundin Lena in Neuseeland besuchte, wurde er per E-Mail erneut um eine Blutprobe gebeten, was er nach seiner Rückkehr umgehend veranlasste. Dieses Mal stimmten seine Gewebemerkmale mit denen eines Blutkrebspatienten weitestgehend überein. Es folgte eine vierstündige ärztliche Untersuchung, danach wusste Kaiser, dass er kerngesund ist. Er wurde umfassend über die Vorgehensweise der Knochenmarkentnahme aufgeklärt. In senem Fall konnte dies über eine periphere Stammzellenentnahme erfolgen, so wie es in 80 Prozent aller Knochenmarkspenden geschieht. Nur bei einem Fünftel aller Spenden erfolgt dies über die operative Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm.
Nur kurz habe er überlegt, ob er das machen solle. Dann sei für ihn klar gewesen: „Das zieh‘ ich durch.“ Vier Tage vor dem Entnahmetermin musste er sich zu genau vorgegebenen Zeiten Injektionen verabreichen, damit seine Stammzellen sich vermehrten. „Das löste ein pulsierendes Gefühl im Rücken und sämtlichen Knochen aus“, beschreibt der Student seine Empfindungen. „Etwa wie bei einer Grippe, doch was soll‘s?! Dem Empfänger geht es ja viel schlechter.“ Bei der Stammzellenspende wurde ihm fünf Stunden lang Blut entnommen. In einer Zentrifuge wurden die Stammzellen separiert, ehe das Blut wieder in seinen Körper zurückgeführt wurde.
„Von Minute zu Minute spürt man währenddessen, wie das Pulsieren und der Druck in den Knochen nachlässt“, beschreibt er die Prozedur. „Klar, man muss fünf Stunden absolut ruhig daliegen. Aber was ist das schon, wenn man damit einem Menschen das Leben retten kann?“ Hinterher habe er sich ähnlich wie nach dem Blutspenden gefühlt, fehlte ihm doch etwas mehr als ein halber Liter Blut. Tags darauf war er wieder im Fußballtraining, eine Woche später fühlte er sich, als sei nie etwas gewesen.
Voll des Lobes äußert er sich über die medizinische Betreuung. Alle Fragen wurden geduldig beantwortet, er hatte nie das Gefühl, allein gelassen zu sein. Etwaige Reisekosten, die einem Spender entstehen, werden vollständig übernommen. In der Entnahmeklinik wurde er bestens versorgt. Darüber, wer seine Stammzellen empfängt, weiß Kaiser wenig. Es ist eine Frau, Mitte 30, aus Großbritannien – der Rest bleibt anonym. Die DKMS möchte nicht, dass Spender und Empfänger in eine persönliche oder gar emotionale Verbindung treten. In sechs Monaten erfährt er dann, wie es der Frau geht. „Ich wünsche mir natürlich, dass es ihr geholfen hat“, sagt Marco Kaiser. Seine Registrierung in der DKMS ist für ihn ebenso selbstverständlich wie sein Organspenderausweis.
Informationen über die Registrierung bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei in Tübingen finden sich hier.