Von Roland Gerard

Bei den Konfliktthemen Atomanlagen und Fluglärm am Hochrhein muss sich die benachbarte Schweiz auf nachhaltige und verstärkte Forderungen von deutscher Seite einstellen. Dies ist dem jetzt vorliegenden Koalitionsvertrag für eine grün-schwarze Landesregierung in Stuttgart zu entnehmen. In der Vereinbarung festgehalten sind unter anderem auch für die Region bedeutende Verkehrsprojekte.

„Alle unsere Themen sind berücksichtigt worden und haben Einzug gehalten.“ Diese Bilanz zieht Felix Schreiner (CDU) aus Lauchringen, im neuen Landesparlament einziger Abgeordneter aus dem Wahlkreis Waldshut. Schreiner war als Mitglied der Fachgruppe Verkehr, Infrastruktur und Baurecht an den Koalitionsverhandlungen in Stuttgart beteiligt.

Bezüglich der Atomreaktoren in der Schweiz und in Frankreich, deren Sicherheitsniveau von Kritikern als veraltet angesehen wird, enthält der Koalitionsvertrag eine klare Aussage: „Wir werden uns weiterhin im Dialog mit unseren Nachbarn für die schnelle Abschaltung der grenznahen Kernkraftwerke in Fessenheim, Beznau und Leibstadt einsetzen." Die Koalition will dazu „eine grenzüberschreitende Kooperation anregen, die als Beispiel für eine modellhafte Konversion von Kernkraftwerksstandorten dienen könnte“. Über die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) soll festgeschrieben werden, „dass bei grenznahen Anlagen das Nachbarland in Fragen der Anlagensicherheit ein Mitspracherecht erhält“. Entsprechende Forderungen enthält der Koalitionsvertrag auch zu den Schweizer Plänen für ein Atommüll-Endlager. Im Unterschied zu den bisherigen Mitwirkungsmodellen, die von Kritikern als unzureichend beanstandet werden, wird gefordert: Bürger und Körperschaften aus Deutschland müssen gleichberechtigt beteiligt werden.

Dies gelte insbesondere für alle Landkreise und Kommunen im Radius von mindestens 30 Kilometern. In einer völkerrechtlichen Vereinbarung, also einem Staatsvertrag, sollen die Beteiligungs-, Einspruchs- und Klagemöglichkeiten deutscher Bürger und Körperschaften festgeschrieben werden.

Beim Fluglärmkonflikt muss die Schweizer Seite sich ebenfalls auf nachhaltigen Gegenwind einstellen. Der Staatsvertragsentwurf von 2012 wird im Koalitionsvertrag ebenso abgelehnt wie das geänderte Betriebsreglement, der gekröpfte Nordanflug und eine Aufweichung des Nachtflugverbots. Entsprechend der Stuttgarter Erklärung heißt es, die Landesregierung werde sich für eine Begrenzung auf 80.000 Überflüge pro Jahr einsetzen.

Der Koalitionsvertrag unterstützt auch den neuen Bundesverkehrswegeplan mit den für den Hochrhein aufgelisteten Straßenbauprojekten. Damit lehnen die Grünen nicht mehr länger die A98 ab. Felix Schreiner: „Die Autobahn, wie sie im vordringlichen Bedarf steht, wird kommen.“ Auch die Elektrifizierung der Hochrhein-Bahnstrecke steht im Koalitionsvertrag. Gemeinsam mit der Schweiz soll das Projekt mit Bundesgeldern aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) realisiert werden.

Einig sind Grüne und CDU sich auch bei den Gemeinschaftsschulen: Kommunen können weiter Anträge für solche Bildungseinrichtungen stellen. Ab der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestschülerzahl von 60 soll eine Oberstufe möglich sein.
 

Dauerbrenner aus der Region im Koalitionsvertrag

Lichtblick für Bahnhöfe

Ein Dauerärgernis ist der Zustand von Bahnhöfen am Hochrhein, etwa in Waldshut. Keiner der Bahnsteige ist hier barrierefrei zu erreichen. Im Koalitionsvertrag steht: „Zusammen mit der Deutschen Bahn und den Kommunen wollen wir Bahnhöfe barrierefrei ausbauen und modellhaft zu Mobilitätsdrehscheiben weiterentwickeln.“ Der Zeithorizont ist vorgegeben: Laut Personenbeförderungsgesetz muss der Öffentliche Personennahverkehr bis 2022 barrierefrei sein.