Obwohl die Landesregierung nach einem achtwöchigen Besuchsverbot wegen der Corona-Pandemie nun wieder erste Besuche in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen ab diesem Montag erlaubt, stehen einige Heimleitungen in Waldshut-Tiengen dieser Entscheidung kritisch gegenüber und erlauben weiterhin keinen direkten Besuch bei den Bewohnern. Damit Angehörige trotzdem ihre Liebsten sehen können, haben sich das Alten- und Pflegeheim Matthias-Claudius-Haus in Waldshut und das Pflegeheim Haus am Vitibuck in Tiengen eigene Maßnahmen überlegt, um einen indirekten Kontakt zwischen Angehörigen und Bewohnern zu ermöglichen.
„Infektionsschutz an oberster Stelle“
Jürgen Späth, Geschäftsführer des Matthias-Claudius-Hauses: „Bisher gab es bei uns noch keine Corona-Infizierten, was auch so lange wie möglich so bleiben soll. Für uns steht der Infektionsschutz der Bewohner an oberster Stelle. Um einen Besuch ohne körperlichen Kontakt trotzdem zu ermöglichen, haben wir uns schon vor der Entscheidung der Landesregierung überlegt, wie wir das hinbekommen.“ Gemeinsam mit Dieter Zauft, Vorsitzender des Evangelischen Diakonievereins Waldshut, wurde nun eine Besucherbox eingerichtet, durch die sich Heimbewohner und Angehörige sehen können. „Wir wissen, dass es für alle Beteiligten derzeit schwer ist in dieser neuen Situation. Um aber alle zu schützen, ist unsere Besucherbox zumindest ein Kompromiss“, sagt Jürgen Späth.
Die Besucherbox ist eine Art abgeschlossener Raum mit zwei großen Plexiglasscheiben, durch die sich die Gesprächspartner sehen können. Die Angehörigen betreten über einen Seiteneingang des Altenheims direkt die Box, so dass sie nicht in das Gebäude müssen. „Auf beiden Seiten steht zudem Desinfektionsmittel, um sich zu schützen“, erklärt Jürgen Späth. „Die Besucherbox wird außerdem nach jedem Besuch vom Pflegepersonal desinfiziert.“
Die Box hat Dieter Zauft organisiert, der bis zu seiner Pensionierung im Waldshuter Landratsamt gearbeitet hat. „Ich habe mich daran erinnert, dass wir vor 13 oder 14 Jahren von Sedus Stoll eine Messebox zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die befand sich immer noch beim Landratsamt, wurde aber nicht benutzt, weil der Auf- und Abbau immer etwas aufwendig war. Das war unser Glück, denn so konnten wir die Box mit Hilfe einer Firma jetzt zügig im Matthias-Claudius-Haus aufbauen. Auch mit den Plexiglasscheiben hatten wir Glück, weil wir fast die letzten bekommen haben“, sagt Zauft.
Hohe Nachfrage bei Besucherbox
Die Nachfrage für die Besucherbox sei sehr hoch, viele Angehörige hätten bereits Termine vereinbart, um die Angehörigen sehen zu können. Rund zehn Besuche können täglich stattfinden. „Erlaubt sind maximal zwei Besucher pro Bewohner, die 25 Minuten Zeit für ein Gespräch haben. Dabei ist auch immer ein Pfleger, der den Heimbewohner im Blick hat, falls es ihm nicht gut geht oder er wieder auf sein Zimmer möchte. Der Pfleger hält sich dabei in einem eigenen Raum auf, damit die Privatsphäre der Gesprächspartner gewahrt bleibt“. erklärt Späth.

Auch beim Haus am Vitibuck in Tiengen hat sich die Geschäftsführung gegen direkten Besuch entschieden. Holger Karg, Geschäftsführer der Diakonischen Dienste Hochrhein, die das Pflegeheim in Tiengen betreibt: „Unsere Bewohner gehören alle zur Risikogruppe, weshalb wir uns gegen Besuch im Haus entschieden haben. Bei uns leben 100 Bewohner, wenn jeder Besuch bekommen würde, hätten wir zahlreiche Angehörige im Haus, was ein Ansteckungsrisiko erhöhen würde. Und die Gefahr bestünde dann auch für unsere Mitarbeiter. Zumal wir auch nicht wissen würden, was hinter den geschlossenen Türen passiert wie beispielsweise Umarmungen.“
Seit Ende vergangener Woche gibt es beim Pflegeheim deshalb jetzt ein Besucherfenster, durch das Angehörige und Bewohner kommunizieren können. „So kann der Abstand eingehalten werden und der Besuch muss nicht in das Gebäude“, sagt Karg. Derzeit werde in der Tiengener Einrichtung noch überlegt, wie man das Besucherfenster optimieren kann. „Der Besuch muss aktuell quasi vor dem Haus stehen, was bei Regen oder auch bei hohen Temperaturen nicht die beste Lösung ist. Vielleicht gibt es eine bessere Möglichkeit im Haus.“
In beiden Einrichtungen müssen die Besuche angemeldet werden. Bisher hätten Angehörigen vor allem über das Telefon oder über Video-Anrufe mit den Bewohner kommuniziert. „Dabei hat auch unser Personal manchmal ein bisschen geholfen“, sagt Späth. Laut Jürgen Späth und Holger Karg hätten die meisten Bewohner und Angehörige Verständnis für die derzeitigen Lösungen. „Auch wenn es für alle derzeit eine schwierige Situation ist“, sagt Späth.