„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ Zumindest mit Blick auf die Sanierungsplanung der Rheinstraße treffen die Worte des Dichters Johann Wolfgang von Goethe vollauf zu. Denn nach einer aufwendigen aber gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibung der Fachplanungen für Verkehrsanlagen und Kanalisation der südlich gelegenen Parallele zur Kaiserstraße, erteilte der Gemeinderat den Auftrag dem Waldshut-Tiengener Fachplanungsbüro Kaiser.

Dieses sei der Stadt nicht nur von ähnlich gelagerten Projekten als kompetenter Partner bekannt, wie Oberbürgermeister Martin Gruner darstellte. Die Stadt hatte die Tiengener Planer auch schon mit der Entwurfsplanung beauftragt, die Grundlage für das Vergabeverfahren war. Letztlich sei Kaiser auch der einzige Bieter gewesen.

Warum war EU-weite Ausschreibung nötig?

Zwangsläufig stellt sich daher auch die Frage, warum denn die Stadt eigentlich in die Ferne schweifen musste. Dies hat laut Gruners Darstellung vor allem mit der Höhe des Auftrags zu tun. Mit einer Angebotssumme von rund 321.700 Euro wurde der Auftrag letztlich vergeben. Damit war der durch EU-Recht definierte Schwellenwert überschritten. Folglich musste der Auftrag auch europaweit ausgeschrieben werden.

„Solche Schwellenwerte, auch für Planungsleistungen, gibt es seit 2017“, schildert Tiefbauamtsleiter Theo Merz auf Nachfrage unserer Zeitung. Extrakosten für eine Kommune seien mit der Teilnahme an einem solchen Vergabeverfahren zwar in er Regel nicht verbunden. Diese laufen über eine Vergabeplattform im Internet.

Allerdings sei mit einer EU-weiten Ausschreibung ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand verwunden. Denn damit am Ende auch die Leistungen angeboten werden, die erforderlich sind, bedürfe es einer sehr genauen Spezifizierung des Auftrags, erklärt Merz.

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Wie sieht der Ablauf einer EU-weiten Ausschreibung aus?

Dazu zähle eben auch eine Entwurfsplanung, an der sich ortsfremde Bieter orientieren könnten. Um unseriöse Anbieter fernzuhalten sei im Fall Rheinstraße auch die Vorlage von Referenzprojekten aus der jüngeren Vergangenheit verlangt worden. Und am Ende müssten eingereichte Angebote eben intensiv auf Plausibilität und Wirtschaftlichkeit geprüft werden, so Merz weiter.

Dass übrigens der Entwurfsplaner am Ende auch den Auftrag erhalte, sei keineswegs Standard, betont der Tiefbauamtsleiter: „Bei der Planung des Regenüberlaufbeckens in Tiengen kam vergangenes Jahr zum Beispiel ein Schweizer Unternehmen zum Zug.“

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Aber im vorliegenden Fall erachteten auch die Gemeinderäte es einhellig als sinnvoll, dass ein ortsansässiges Unternehmen den Zuschlag erhalten hat: „Dieses kennt die Verhältnisse, und Details lassen sich vor Ort besser klären“, so Claudia Hecht (SPD). Bei einem Vorhaben, für das etwa vier Millionen Euro Gesamtkosten veranschlagt sind, ist das nicht unwichtig.