Herbstzeit ist Pilzzeit. Wenn die Blätter sich bunt färben, zieht es so machen in die Wälder, um Parasole, Steinpilze oder Pfifferlinge zu sammeln, die dann daheim auf dem Tisch landen. Heidrun Häußler weiß, wo sie suchen muss. Obwohl sich die Bodman-Ludwigshafenerin erst seit drei Jahren intensiv mit Pilzen beschäftigt, ist sie seit diesem Jahr bereits geprüfter Pilzcoach bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, zudem will sie die Pilzsachverständigenprüfung machen und bereitet sich intensiv darauf vor.

Dass sie sich mit Pilzen auskennt, wird schon in den ersten Minuten im Wald hinter dem Industriegebiet Blumhof zwischen Stockach und Ludwigshafen deutlich. Bereits auf weite Entfernung erblickt und erkennt ihr geübtes Auge Reizker, Birnenstäublinge und violette Lacktrichterlinge, egal, wie gut die Pilze sich zwischen Laub und Ästen auch verstecken. Dabei kann Heidrun Häußler die Pilze selbst gar nicht essen, denn sie hat eine Allergie. Stattdessen dokumentiert sie, welche Arten sie wo im Wald sieht. Und sie gibt ihr Wissen im Rahmen von Führungen der Volkshochschule Landkreis Konstanz an andere Interessierte weiter.

Vom Pilz muss auch die Stielbasis sichtbar sein

Um Pilze genau bestimmen zu können, orientiert sich Heidrun Häußler nicht nur am Aussehen, sondern unter anderem auch an dem Geräusch, mit dem ihre Stiele zerbrechen, am Standort und am Geruch. So riecht der Langstielige Knoblauchschwindling – wie es der Name schon verrät – deutlich nach Knoblauch, der Rettich-Helmling nach Rettich. Besonders wichtig: „Ich kann nur Pilze bestimmen, wenn ich den ganzen Pilz mit Stielbasis sehe“, sagt Heidrun Häußler.

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Um sich nicht versehentlich in die Irre führen zu lassen, legt sie darum den Fruchtkörper – also den sichtbaren Teil des Pilzes – komplett frei und schneidet den Stiel nicht einfach ab. Ein Grüner Knollenblätterpilz sieht etwa ähnlich aus wie ein Champignon, solange die wulstartige Hülle an seiner Stielbasis nicht sichtbar ist. Eine Verwechslung ist jedoch tödlich, manche Knollenblätterpilze enthalten starke tödliche Gifte.

In einem besonders schönen Orangeton leuchten diese Reizker.
In einem besonders schönen Orangeton leuchten diese Reizker. | Bild: Marinovic, Laura

Und auch Pilze, die noch zu jung, verfault oder etwa von Schnecken angefressen sind und dadurch wichtige Erkennungsmerkmale verloren haben, sind laut Heidrun Häußler nicht sicher genug zu bestimmen, um sie gefahrlos essen zu können. Wer Pilze essen möchte, der müsse sich zu 100 Prozent sicher sein, um welchen Pilz es sich handelt. Nur aus Büchern oder von Bildern seien Pilze nicht sicher zu bestimmen, besser sei es tatsächlich, einen Pilzkenner oder Sachverständigen zu fragen.

Nicht zu alte Pilze essen

Anfängern rät sie, mit der Röhrlingssuche zu beginnen, wer sich dort vergreife lande meistens bei bitteren Arten und der giftige Satansröhrling sei sehr selten. Von den Pilzen mit weißen Lamellen sei auch der Parasol noch leicht zu erkennen, wenn alle Merkmale sorgfältig kontrolliert werden. Anfängern rät sie aber ansonsten, die Finger von Pilzen mit weißen Lamellen zu lassen.

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Aber auch der Zustand eines Speisepilzes spiele eine Rolle bei der Verträglichkeit, so Heidrun Häußler: Sind sie zu alt, seien sie ebenfalls nicht mehr genießbar. Getestet werden könne das mit den Fingern: Ist das Fleisch des Pilzes weich und bleibe auf Druck eine Delle, habe eine Zersetzung des Eiweißes bereits begonnen. Manche Sorten seien außerdem erst gegart genießbar, darunter etwa der Parasol und der Pfifferling. Diese Pilze müssten 20 Minuten durchgegart werden. Und grundsätzlich sollten Wildpilze nicht roh gegessen werden.

Parasole sind essbar, sollten allerdings gut durchgegart werden.
Parasole sind essbar, sollten allerdings gut durchgegart werden. | Bild: Marinovic, Laura

Pilzsuche am Besten nach Regen

Pilze gebe es übrigens nicht nur im Herbst, erklärt die Expertin. „Ich finde das ganze Jahr über Pilze“, sagt sie. Aber: „Je mehr es in de Herbst geht, desto mehr Pilze werden es.“ Außerdem sei es gut, wenn Menschen nicht das ganze Jahr, sondern nur im Herbst durch den Wald streifen, denn im Winter könnte Wild aus der Winterruhe aufgescheucht werden, und im Frühjahr hätten viele Waldtiere Jungtiere. Ein guter Zeitpunkt, um nach Pilzen zu suchen, sei etwa zwei bis drei Tage nachdem Regen gefallen ist.

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Im Raum Stockach gebe es Pilze nach ihrer Erfahrung unter anderem auf Bergrücken und an Bauchläufen, bei der Nellenburg, den Heidenhöhlen, südlich der Dietsche, bei der Kuony-Quelle und oberhalb des Industriegebiets Blumhof. Heidrun Häußler rät, auf den Bewuchs in den Wäldern zu achten: Brennnesseln, Brombeeren, Giersch oder Springkraut seien schlechte Zeichen für Pilzsammler, die nach Pfifferlingen, Steinpilzen oder Maronen suchen. Denn solche Pflanzen deuten auf nährstoffreiche Böden hin, die meisten Pilzsorten mögen es aber lieber nährstoffarm, sagt Heidrun Häußler.

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Außerdem habe sie das Gefühl, dass in manchen Wäldern weniger Pilze an Steilhängen als auf Hügeln oder am Fuße von Hängen zu finden sind. Zusätzlich gefalle es ihnen auch nicht unmittelbar neben Äckern, denn durch Dünger sei der Waldboden nährstoffreich. Grünes Moos dagegen deute auf viel Wasser in der oberen Bodenschicht hin, das sei gut für Pilze. Grundsätzlich habe aber jeder Pilz seine eigenen bestimmten Vorlieben, was Umgebung oder Temperatur angeht. Maronen, Steinpilze und Pfifferlinge etwa mögen im Herbst lieber sauren Boden und Fichtenwälder, so Heidrun Häußler.

Einige Pilze stehen lassen

Wer Pilze findet, dem rät Heidrun Häußler, ein paar Dinge zu beachten: Wer Pilze pflückt, sollte die Stelle anschließend mit Laub abdecken, damit das Myzel – also der Teil des Pilzes, der unter der Erde liegt – nicht austrocknet. Da die Fruchtkörper vom Pilzmyzel zudem zur Sporenbildung produziert werde, sollten laut Heidrun Häußler einige Pilze stehen gelassen und nicht alles restlos abgeerntet werden. Und: Die Teile der Pilze, die ohnehin nicht gegessen werden, Putzreste oder etwa der holzige Stiel der Parasole, sollten am besten im Wald zurückbleiben, sagt die Expertin – dort können sie noch als Futter für Wildtiere dienen, anstatt im Biomüll zu landen.