Tierfotos und -filme erfreuen sich in den sozialen Medien besonders großer Beliebtheit. Das gilt nicht nur für die üblichen Hunde und Katzen, sondern auch für Pferde und Sarah Hagenauer zeigt offensichtlich etwas Besonderes für Pferdefreunde. Sie teilt beim sozialen Netzwerk Instagram ihre Erlebnisse mit ihrem sieben Jahre alten Criollo-Wallach Milan und erreicht allein mit einem Video rund 4,6 Millionen Aufrufe. Das Video zeigt, wie Milan locker und völlig frei neben der 39-Jährigen, die auf dem Fahrrad fährt, durch den Wald galoppiert und sie ihn nur mit ihrer Stimme dirigiert.
Sie führt ein bodenständiges Leben
Insgesamt 26.600 Menschen folgen ihr auf ihrem Kanal. Dabei führt die Lehrerin aus Radolfzell-Stahringen ein bodenständiges Leben fern einer Glitzer-Influencer-Welt: Sie unterrichtet an der Robert-Gerwig-Schule in Singen und fährt fast täglich nach Engen-Zimmerholz zu Milan.
Die 39-Jährige hat ihre Liebe zu den Pferden schon als Kind entdeckt. Ihr Vater Axel Hagenauer hat sie mit seiner Begeisterung für die Tiere angesteckt: Seine Stute Josie lebt mit Milan auf einem Hof in Engen-Zimmerholz und Vater und Tochter verbringen viel Zeit mit gemeinsamen Ausritten sowie Training.

Den Criollo-Hengst Milan hat Sarah Hagenauer im Alter von einem Jahr bekommen und selbst ausgebildet. Das war ein langer Weg, erzählt sie, denn Milan habe zuvor in einer Herde an der Donau gelebt und keinen Kontakt zu Menschen gehabt. Bei der langsamen Annäherung hat die Besitzerin viele Stunden auf der Weide und in der Box verbracht, bis sich das Pferd für sie interessierte.
Anfangs dachte sie, dass sie ihn vielleicht gar nicht reiten könne und freundete sich mit dem Gedanken an, nur gemeinsame Spaziergänge zu unternehmen, berichtet sie. Dann habe sie alle Erwartungen fallen lassen und sich auf die Situation und das Pferd eingelassen. Das gegenseitige Beobachten, Wahrnehmen und aufeinander Eingehen sei entscheidend. „Wir haben eine Verbindung aufgebaut und sind zusammengewachsen“, erklärt seine Besitzerin: „Jetzt, mit seinen sieben Jahren, funktioniert es super. Es ist beeindruckend, wie groß das Vertrauen und wie tiefenentspannt er in jeder Situation ist.“
Oft lädt die 39-Jährige ihren Wallach in den Anhänger, fährt zum Beispiel ins Donautal und macht mit ihm einen Wanderritt oder wandert mit ihm zusammen. Wenn die beiden eine Weide finden, wo sie übernachten dürfen, sind sie auch mehrere Tage unterwegs.

Erfolg auf Instagram erstaunte sie
Über ihren Erfolg bei Instagram war sie selbst erstaunt. Das Video, wie Milan durch den Wald galoppiert, habe ein Wahnsinnsinteresse an ihrer Arbeit mit dem Pferd hervorgerufen. „Viele haben geschrieben: Das ist ein Hund! Ein Hund im Pferdekostüm!“, erzählt sie. Die Reaktionen seien immer wertschätzend gewesen und es sei ein toller Austausch unter Pferdefreunden entstanden, berichtet die 39-Jährige.

Sie werde oft gefragt, wie man das trainieren kann und wurde auch schon gebeten, Schulungen zu halten oder Pferde zu trainieren. Das habe sie bisher abgelehnt: „Ich bin gern Lehrerin und will es auch bleiben.“ Eine Influencer-Karriere und die Zusammenarbeit mit Werbepartnern strebe sie nicht an. Einen Effekt hat der große Zuspruch der Internet-Gemeinde aber: Sarah Hagenauer hat ein Buch darüber geschrieben hat, wie sie eine Beziehung auf Augenhöhe zu ihrem Pferd aufgebaut hat.
Darin beschreibt sie aus der Sicht von Milan, wie eine gemeinsame Sprache zwischen Mensch und Pferd entstehen kann. Ihrer Ansicht nach brauche es weder viele Kurse noch teure Trainer, sondern nur die Zeit und Geduld, sich aufeinander einzulassen. In ihrem Fall habe es sechs Jahre gedauert, diese Verbindung zu ihrem Pferd aufzubauen.

Druck und Stress führe ihrer Erfahrung nach nicht zum Erfolg. Sie rät allen Besitzern, sich und dem Pferd Zeit zu lassen, spielerisch an die Sache ranzugehen und sich über kleine Fortschritte zu freuen. Wenn es zum Beispiel darum gehe, dass das Pferd in den Anhänger geht, müsse man ihm Zeit lassen, ihn kennenzulernen. „Es ist schon ein Erfolg, wenn das Pferd einen Fuß auf die Rampe setzt“, erklärt die Lehrerin. Das Tier müsse den Gang in den Hänger mit positiven Erfahrungen verknüpfen, zum Beispiel, dass jetzt ein Ausflug unternommen werde.
Natur und Pferd sind idealer Ausgleich
Für sie sind die Ruhe, der Umgang mit dem Pferd und die Natur der ideale Ausgleich zum Schulalltag. Wie gut das tut, habe sie auch bei ihren Schülern gemerkt. Einmal habe sie als Projekt einen Spaziergang mit ihrem Pferd angeboten, erzählt sie. Ein Mädchen aus Syrien, das bisher im Unterricht nie gesprochen hatte, durfte ihr Pferd führen und sprach mit ihm auf Syrisch. Auf die Frage ihrer Lehrerin, ob ihr der Ausflug gefallen habe, rief sie begeistert: „Ich liebe Milan!“ Sarah Hagenauer ist überzeugt, dass der Umgang mit Tieren Kindern und Jugendlichen in schwierigen Phasen helfen kann.

Sie spiegeln den Menschen, wie die Pferdebesitzerin berichtet: „Wenn ich Angst habe, hat Milan auch Angst, wenn ich konzentriert bin, ist er es auch.“ Auf ihrem Instagram-Kanal beschreibt sie die Erlebnisse aus Sicht ihres Pferdes und lässt Milan sagen: „Wir Pferde spüren Eure innere Haltung, Eure Erwartungen an uns und Euren Frust! Macht uns nichts vor, wir machen Euch doch auch nichts vor!“