John Weber und Markus Romer sitzen im Braustüble der Fahrkantine und gehen noch einmal alle Punkte durch. An der Tür hängt ein Organigramm, aus dem ersichtlich wird, welche Arbeitsgruppen am Start sind und wer die Verantwortung für die einzelnen Bereiche trägt. Denn das, was Gottmadingen vom 26. bis 28. Januar bevorsteht, ist nicht mehr mit einem kleinen Häufchen Ehrenamtlicher zu bewältigen. Die Gerstensackzunft feiert als eine der ältesten Narrenzünfte ihr 150-jähriges Jubiläum und lädt dazu jede Menge Gäste ein.

Das größte Narrentreffen im ganzen Hegau

Fast 60 befreundete Narrenzünfte und Musikgruppen werden zum großen Sonntagsumzug erwartet. Dazu 25.000 Besucher, die den Vereinen vom Straßenrand aus zujubeln sollen. Schon am Freitag davor werden 48 Narrenvereine beim Nachtumzug an voraussichtlich 10.000 Zuschauern vorbeimarschieren. Überall im Dorf werden Besenwirtschaften entstehen. Vor der Fahrkantine wird ein großes Festzelt für 3000 Personen aufgestellt. Das alles und der Zunftmeisterempfang will organisiert sein.

Gerstensack-Zunftmeister John Weber und der Holzer Markus Romer vergewissern sich nun, dass die Planungen der vergangenen zwei Jahre auch aufgehen. Der SÜDKURIER darf sich im Braustüble einen Eindruck davon verschaffen, wie sich die beiden Männer beim Programm-Check die Bälle gegenseitig zuspielen. Dass hier die Chemie stimmt, ist offensichtlich. Weber und Romer sind beide Vereinsmenschen mit einem Talent zur Motivation.

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Alleine im Organisationsteam sind rund 40 Personen engagiert. Die meisten sind auch noch in anderen Vereinen aktiv und sorgen so für einen guten gesellschaftlichen Zusammenhang. Für die Umsetzung der Großveranstaltung werden von Freitag bis Sonntag etwa 250 Helfer auf den Beinen sein. In Schichten werden sie sich darum kümmern, dass die Narrentage nicht nur für die Gottmadinger, sondern auch für die Besucher zu einem Fest werden. Schließlich müssen 150 Jahre Vereinsleben mit einem Narrentreffen gebührend gefeiert werden.

Ausgefeilter Organisationsplan klebt an der Türe

Schaut man auf den Organisationsplan an der Tür, so liest sich das alles ziemlich nüchtern. Wirtschaftsausschuss für Küche und Bar, Arbeitsplan-AG für Zeltaufbau und Straßensperren, Veranstaltungsausschuss für das Festprogramm, Arbeitsgruppe für Umzug und Sicherheit, Kassenteam oder einen Verantwortlichen für das Altnarrentreffen. „Das macht Walter Benz, der gerade 80 wurde, alleine„, berichtet Markus Romer. Er selbst ist für die Sponsorensuche und und das Marketing verantwortlich und hat damit den Hauptteil seiner Arbeit längst erledigt. Als Hauptsponsoren wurden die Randegger Ottilienquelle, Cowa-Gruppe, Sparkasse, d‘Fabrik, Rohr Tiefbau, Thüga Energie und die Getränke-Händler Kountz und Fürstenberg gewonnen. Die Flyer und Plakate sind gedruckt, die Plaketten geprägt, die Gerstesäcklefibel aufgelegt und die Jubiläumsausgabe von „De Gerstensack verzellt“ mit einem Blick auf die 150-jährige Vereinsgeschichte aufgelegt.

Die Schnegge-Häser der Gerstensackzunft sind das Aushängeschild der Gottmadinger Narren.
Die Schnegge-Häser der Gerstensackzunft sind das Aushängeschild der Gottmadinger Narren. | Bild: Tesche, Sabine

John Weber blickt als Gesamtverantwortlicher zufrieden auf die bisher geleistete Arbeit der vielen Ehrenamtlichen. „Jeder Ausschuss tagt für sich“, erklärt er. „Das erleichtert die Abläufe.“ Als Mitglied der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee erwarten die Gerstensäcke 60 der 120 Zünfte. „Wir haben in diesem Jahr mit Gottmadingen und Zoznegg zwei Narrentage in der Vereinigung“, sagt Weber. „Da müssen wir uns aufteilen.“

Parallel Narrentage im Mühlinger Ortsteil Zoznegg

Sehr froh sind die Veranstalter über die Unterstützung durch die Gemeinde. Es werde nicht lange rumdiskutiert. Wenn man Hilfe vom Bauhof benötige, werde dieses zur Verfügung gestellt. Auch das Landratsamt sei dem Verein mit der Bestellung zusätzlicher Wagenkapazität für die S-Bahnen sehr entgegengekommen. Diese musste nämlich beim Land Baden-Württemberg als Vereinsförderung beantragt werden. Die Gemeinde mit Bürgermeister Michael Klinger an der Spitze habe die Schirmherrschaft für die Narrentage übernommen. Sie übernimmt auch die Verpflegung beim Zunftmeisterempfang am Sonntag, 28. Januar in der Fahrkantine.

Eindrucksvoll ist die Menge der Gottmadinger Heilsberghexen – wie hier vergangenes Jahr beim Fasnet-Mäntig-Umzug in Gottmadingen.
Eindrucksvoll ist die Menge der Gottmadinger Heilsberghexen – wie hier vergangenes Jahr beim Fasnet-Mäntig-Umzug in Gottmadingen. | Bild: Trautmann, Gudrun

Ein besonderes Kapitel ist das Thema Sicherheit. Hier haben alle Blaulichtorganisationen von Polizei, Feuerwehr bis zu den Rettungsdiensten mit der Verwaltung ein 80-seitiges Konzept erstellt. „Die Auflagen werden immer höher, berichtet John Weber. „Da werden zum Beispiel reflektierende Warnbaken und Blitzleuchten verlangt. Die mieten wir.“ Im Zuge der Organisation der Narrentage habe man empfindlich gespürt, wie nach Corona alles teurer geworden sei.

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Da ist der Verein sehr froh, dass der Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) für seinen Einsatz einen Nachlass von 40 Prozent gewährt. Nur so können die Vorgaben des Landratsamtes erfüllt werden. Rettungszelt, Einsatzwagen, Sanitäter und Notarzt müssen an allen drei Tagen bereitstehen. Material stellt der DRK-Ortsverein zur Verfügung. „So unterstützt ein Ehrenamt das andere“, sagt Markus Romer. Für die Sicherheit sorgen neben der Polizei professionelle Sicherheitsdienste.

Unterstützung von allen Seiten

Unterstützung kommt von allen Seiten. Das Hauptzollamt stellt ebenso Flächen zur Verfügung wie Edeka, dessen Parkplatz die Narren für die Aufstellung zum Umzug nutzen dürfen. Allgemein sei die Vorfreude im Dorf groß, berichten Weber und Romer. „Die Leute wollen wieder ausgehen und feiern.“

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Um den Gottmadingern und ihren Besuchern ein schönes Fest zu bereiten, sind die Narren finanziell mächtig in Vorleistung gegangen. „Bevor der Narrenbaum steht, haben wir schon 130.000 Euro ausgegeben“, erklärt Markus Romer. „Ohne unsere Sponsoren geht das nicht.“ Alleine für die GEMA-Gebühren im Festzelt würden 4500 Euro fällig. Seit 1. Januar wird diese Gebühr nach Quadratmetern im Zelt berechnet. Trotz der Kosten und des hohen Aufwandes hatten sich bei der Abstimmung über die Jubiliäumsfestivitäten im Sommer 2022 90 Prozent der Vereinsmitglieder für die Narrentage entschieden. Jetzt ist es bald so weit.