Wenn es um Mehrwert geht, lockt die Wirtschaft häufig mit dem Slogan: Aus Zwei mach Drei. In Gottmadingen geht die Rechnung anders, zumindest, was die Planung des Quartiers 2020 auf dem Gelände des ehemaligen Eichendorff-Schulkomplexes angeht. Da werden die Entwürfe der beiden Erstplatzierten im Planungs- und Realisierungswettbewerb zu einem Plan zusammengefasst.

Ein Experiment, das der Gemeinderat auf Empfehlung der Verwaltung von Anfang an in der Ausschreibung verankert hatte. „Wir wussten also, dass da noch was auf uns zukommt“, sagte Philipp Sieber vom Büro Hermann und Bosch, das für die Gapp Objektbau GmbH die Pläne entworfen hatte. Jetzt liegt das Ergebnis der Überarbeitung vor. Und auch Benjamin Heller war ohne Vorbehalt bereit, Neuland zu betreten. Er vertritt die KTL-Architekten, die sich zusammen mit dem Investor Ökogeno um die Entwicklung des Quartiers 2020 in Gottmadingen beworben hatten und als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgingen.

Architekten finden gemeinsame Linie

Was in Teilen der Öffentlichkeit durchaus für Skepsis gesorgt hatte, erweist sich nach dem zweiten Planungsschritt als unbegründet. Die Architekten der beiden Büros, die als Konkurrenten angetreten waren, haben längst zu einer gemeinsamen Linie gefunden. Zu betrachten ist das an einem neuen Modell, in dem die Vorschläge der Wettbewerbssiegers und des Zweitplatzierten verschmolzen sind.

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Bürgermeister Michael Klinger und Stadtplanerin Olga Gozdzik ist die Freude über diese Harmonie deutlich anzusehen. Denn es hätte ja auch anders ausgehen können. „Die Synthese überzeugt uns viel mehr als die Einzelentwürfe“, kommentiert Michael Klinger das Ergebnis. „Hier sind die jeweiligen Stärken der Planungen zusammengeflossen.“ Das sei auch der Jury zu verdanken, die durch ihre umsichtige Entscheidung eine Zusammenarbeit der beiden Büros überhaupt ermöglicht habe.

Ein Beispiel ist die zentrale Parkgarage für das neue Quartier. Beide Büros hatten statt einer Tiefgarage ein oberirdisches Parkhaus vorgesehen. Man geht davon aus, dass die Zahl der privaten Autos in Zukunft abnehmen werde und weniger Parkplätze notwendig seien. „Mit einer leeren Tiefgarage kann man nicht mehr viel anfangen“, so die Überzeugung von Philipp Sieber. „Ein oberirdisches Parkhaus aus Holz kann man zu Wohn- oder Geschäftsräumen umbauen oder modulweise zurückbauen.“

Im Zentrum dieses Modells für das Quartier 2020 befindet sich noch ein Teil der alten Realschule. Das Quadrat links daneben soll die ...
Im Zentrum dieses Modells für das Quartier 2020 befindet sich noch ein Teil der alten Realschule. Das Quadrat links daneben soll die Hochgarage in Holzbauweise werden. Der Riegel rechts ist die ehemalige Hauptschule. | Bild: Trautmann, Gudrun

Während sich die Architekten von Ökogeno auf den Erhalt der ehemaligen Hauptschule und die Anordnung der sozialen Einrichtungen in der Nachbarschaft konzentriert haben, sehen die Investoren von Gapp sogar den Erhalt der ehemaligen Realschule in weiten Teilen vor. „Das Gebäude ist im Dorf identitätsstiftend“, sagt Philipp Sieber. „Hier sind viele Gottmadinger zur Schule gegangen.“ Aktuell werden die Räume genutzt, um Flüchtlinge unterzubringen. Ende September war die Notunterkunft mit 180 Personen fast voll belegt.

Das Gebäude lasse sich gut zu Wohnraum umnutzen und in Holzbauweise aufstocken. Und es sei nachhaltiger, die Stahlbetonbauten weiter zu nutzen, als abzureißen. Der vordere Teil soll allerdings zugunsten einer gemeinsamen Mitte abgerissen werden. Hier soll ein Platz für Begegnungen entstehen.

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In der ehemaligen Realschule sollen überwiegend Wohnungen entstehen, aber auch ein Quartiersraum. In der früheren Hauptschule sollen die Caritas-Wohngemeinschaft und eine Kindertagesstätte einziehen. Im ersten Schritt sind rund 80 neue Wohnungen geplant. Weitere 30 können entstehen, wenn auch noch die Eichendorffhalle aufgegeben wird. Ziel sei ein möglichst lebendiges Quartier, in dem sich sowohl junge Familien als auch Senioren zu Hause fühlen.