Reglos liegt der Mann auf einer Trage, sein Hemd ist aufgeschnitten. Mehrere Schusswunden klaffen in Bauch und Beinen, sie sehen täuschend echt aus. Ein Team aus Ärzten und Pflegern versorgt das fiktive Terroropfer.
In Wahrheit ist das Geschehen eine Übung, der Verwundete ein Polizeischüler. Das Klinikum Konstanz probt für den Ausnahmezustand.
Am Klinikum Konstanz wird während des Normalbetriebs der Ernstfall geprobt
Das Szenario ist ein sogenannter Massenanfall von Verletzten nach einem Terrorangriff in der Konstanzer Innenstadt. Die Anti-Terror-Übung ist eine der größten ihrer Art in Deutschland. Der Hauptteil der Übung findet in Stetten am kalten Markt statt.
Im Konstanzer Klinikum treffen nach der Alarmierung Hunderte Ärzte, Pfleger, Techniker und Seelsorger ein. Während des Normalbetriebs proben sie für den Ernstfall.
Übung soll rund 25.000 Euro gekostet haben
„Die Terrorübung ist bisher einzigartig, weil Abläufe und Kommunikation vom ersten Schuss bis in den Operationssaal geprobt werden“, sagt Ivo Quack. Der Chefarzt der Notaufnahme beobachtet die Kollegen bei der Arbeit und macht sich Notizen.
Der 47-Jährige gehört zum Organisationsteam. Mit 25.000 Euro Kosten für Personal und Material beziffert er die Kosten der Übung.
Der Chefarzt hat vor zwei Jahren in Düsseldorf den realen Ernstfall erlebt
Seit Anfang 2018 arbeitet der Chefarzt am Konstanzer Klinikum. Zuvor leitete er die Notaufnahme der Uniklinik in Düsseldorf. Er ist im Einsatz, als in der Stadt vor zwei Jahren ein psychisch kranker Mann Amok läuft und mit einer Axt neun Menschen zum Teil schwer verletzt.
Es sei unerlässlich, solche Ernstfälle einzuüben, erklärt Ivo Quak. Dann eilt er davon. Ein Hubschrauber befindet sich im Anflug, an Bord ein schwer verletzter Soldat.
33 fiktive Terroropfer treffen am Klinikum ein
Der Helikopter kommt aus Stetten am kalten Markt, dem Übungsgelände des fiktiven Anschlags auf die Konstanzer Innenstadt. Der Soldat sei von Terroristen angeschossen worden, erklärt Ivo Quak. Er sei lebensbedrohlich verletzt und müsse auf schnellstem Weg für eine Notoperation vorbereitet werden.
Von den insgesamt 33 Terroropfern, die während der Übung im Klinikum Konstanz eintreffen, kommen zwei per Helikopter.
Der überwiegende Teil kommt dem Szenario entsprechend zu Fuß ins Krankenhaus oder wird mit Krankenwagen eingeliefert. Darunter Opfer mit schweren Verbrennungen, verursacht durch eine Explosion.
Vor dem Klinikum werden Verletzte nach de Schwere ihrer Verletzungen sortiert
Auf dem Vorplatz des Krankenhauses werden die Verwundeten in Empfang genommen und nach der Schwere ihrer Verletzung sortiert. Triage nennen Experten diesen Vorgang, ein Begriff, der aus der Militärmedizin stammt.
Dabei steht die Kategorie Rot für lebensbedrohlich Verletzte, Gelb für Opfer mit mittelschweren Verletzungen und Grün für Leichtverletzte.
Die Aufnahme der Patienten erfolgt aus Sicherheitsgründen außerhalb des Krankenhauses. Bei Terroranschlägen könne ein weiteres Attentat auf die Rettungskräfte nicht ausgeschlossen werden, erklärt Ivo Quak. „Man muss auf das Schlimmste vorbereitet sein.“
Unter den Opfern könne sich im Ernstfall ein Attentäter befinden, der versuche, Sprengstoff in das Krankenhaus zu schmuggeln und zu zünden. Polizisten schützen deshalb die Triage.
Nach drei Stunden ist die Übung beendet. „Im Ernstfall wäre ich mit der Leistung unserer Mitarbeiter sehr zufrieden gewesen“, sagt Chefarzt Ivo Quack. Weitere Schulungen seien in Planung. Das Klinikum sei nun noch besser vorbereitet auf den Massenanfall von Verletzten nach Terror, Großunfällen und Katastrophen anderer Art.