Nach langen Debatten geht ein ebenso spektakuläres wie umstrittenes Projekt ins Entscheidungsfinale: Die Stadtverwaltung hat die Voraussetzung dafür geschaffen, dass an der Neuen Rheinbrücke ein 360-Grad-Bild von Konstanz zur Zeit des Konzils zu sehen sein wird. Dafür hat die Bauverwaltung mit dem Bund verhandelt, der bereit ist, der Stadt Konstanz ein rund 3300 Quadratmeter großes Grundstück bei der Schänzlebrücke zu verkaufen. Zugleich, sagt Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn, sei der Wunsch des Rats erfüllt, eine Alternative zu dem zunächst geplanten Standort neben dem Bodenseeforum direkt am Rhein zu finden. Auch ein grundsätzliches Ja für ein Baurecht gebe es bereits, und ein Pachtvertag mit dem Investor ist demnach ebenfalls schon verhandelt.

Und das ist der vorgesehene Bauplatz: Die Stadt kann die westliche Hälfte des linsenförmigen Grundstücks an der Schänzlebrücke kaufen. ...
Und das ist der vorgesehene Bauplatz: Die Stadt kann die westliche Hälfte des linsenförmigen Grundstücks an der Schänzlebrücke kaufen. Dort würde dann der markante Zylinder errichtet, auf dem Dach ist ein Panorama-Restaurant geplant. Weil der künftige Pächter vorab bezahlt, muss die Stadt keine Steuermittel für das Vorhaben aufwenden. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Es wäre der vorläufige Abschluss einer Debatte, die in Konstanz schon seit mehreren Jahren läuft. Zunächst wollte Wolfgang Scheidtweiler aus Pforzheim auf Klein-Venedig bauen, was die Verwaltung ablehnte. Die vorgeschlagene Alternative direkt am Rhein stieß in der Politik auf Widerstand. Zuletzt deutete sich an, dass der rund 40 Meter hohe Zylinder mit einem Durchmesser von 40 bis 45 Metern für das riesige Rundbild auf dem linsenförmigen Grundstück auf der anderen Seite der Brücke stehen könnte. Das weltweit tätige Büro des ursprünglich aus Konstanz stammenden Architekten und Stadtplaners Matthias Sauerbruch legte dazu bereits im November 2017 eine Studie vor.

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Sauerbruch soll das Gebäude, das als Landmarke am westlichen Stadteingang gedacht ist, auch planen. Der Gestaltungsbeirat werde nochmals beteiligt, sagte Langensteiner-Schönborn auf Anfrage zu: „Wir werden an dieser Stelle alles dafür tun, dass wir eine Top-Architektur bekommen“. Im Erdgeschoss des Neubaus soll eine Ausstellung zur Geschichte der Stadt das Bild von Yadegar Asisi und seinem Team ergänzen. Auf dem Dach des in Stahlbauweise errichteten Zylinders soll ein Panoramarestaurant entstehen, wie Scheidtweiler auf SÜDKURIER-Anfrage bestätigte. Voller Hoffnung sagte er: "Wenn es steht, werden alle begeistert sein."

So sieht das Grundstück vom Boden aus, auf dem das 360-Grad-Rundpanorama von Yadegar Asisi bis 2020 entstehen soll: Im Moment ist die ...
So sieht das Grundstück vom Boden aus, auf dem das 360-Grad-Rundpanorama von Yadegar Asisi bis 2020 entstehen soll: Im Moment ist die Fläche zwischen Schänzlebrücke (links) und Reichenaustraße (im Hintergrund) eine Grünfläche. | Bild: Jörg-Peter Rau

Ob es dazu kommt, liegt am Gemeinderat. In der Sitzung am Dienstag (16 Uhr, Ratssaal) entscheidet er über ein Grundstücksgeschäft, das für den Bau laut Stadtverwaltung die Voraussetzung ist. Danach kauft die Stadt Konstanz das Gelände für rund 445 000 Euro und stellt es einer Projektgesellschaft mit den Teilhabern Hotel Halm, Ruppaner-Brauerei und Parkhotel Pforzheim über einen Erbpachtvertrag für 15 Jahre zur Verfügung. Da die Pacht in voller Höhe vorab bezahlt werden soll, wäre ein Bau – wie von Scheidweiler versprochen – ohne öffentliche Gelder möglich.

Wolfgang Scheidtweiler, Sprecher der Investorengruppe, sagt: "Jetzt haben wir Klarheit, darüber sind wir froh. Wir packen jetzt unsere ...
Wolfgang Scheidtweiler, Sprecher der Investorengruppe, sagt: "Jetzt haben wir Klarheit, darüber sind wir froh. Wir packen jetzt unsere Aufgaben an und rechnen damit, dass das Panorama im Frühjahr 2020 eröffnet wird." | Bild: Rau, Jörg-Peter

Karl Langensteiner-Schönborn hält mit der jüngsten Entwicklung alle wesentlichen Hürden für genommen. Entkräftet sei durch die Beteiligung des Büros Sauerbruch die Befürchtung, dass eine „Blechschachtel“ entstehen könnte, wie einst Stadträtin Dorothee Jacobs-Krahnen sagte. Auch die Standortfrage sei im Sinne des Rats geklärt und über den Gestaltungsbeirat die Qualitätssicherung gewährleistet. Und: Das Grundstücksgeschäft stelle sicher, dass die Stadt an dem Projekt eines privaten Bauherren nicht mitzahlen müsse. Am direkt benachbarten Brückenkopf Nord gebe es überdies gute Verkehrsanbindungen mit Bus, Wasserbus und Großparkplatz sowie künftig Fernbus-Station und Reisebus-Parkplätzen.

In Lutherstadt Wittenberg hat Panorama-Künstler Yadega Asisi ein Werk geschaffen, das die Stadt zur Zeit der Reformation darstellt.
In Lutherstadt Wittenberg hat Panorama-Künstler Yadega Asisi ein Werk geschaffen, das die Stadt zur Zeit der Reformation darstellt. | Bild: Hendrik Schmidt/dpa

Kritisch zu dem Projekt hatte sich unter anderem Museumsdirektor Tobias Engelsing geäußert. In einem Gastbeitrag für den SÜDKURIER schrieb er, ein Asisi-Panorama habe das Zeug zum Publikumsmagneten, aber der Bildungseffekt sei eher gering: „Man kann staunen, ohne viel lernen zu müssen – das liebt die Freizeitgesellschaft“, lautete auf dem bisherigen Höhepunkt der Debatte im November 2016 seine Einschätzung. Auch in der nicht-öffentlichen Vorberatung des Grundstücksgeschäfts am Dienstag gab es, wie aus Teilnehmerkreisen zu hören ist, ganz überwiegend Zustimmung, aber auch einige Zweifel. Scheidtweiler sagte am Mittwoch, er lade das Rosgartenmseum zu einer engen Zusammenarbeit ein.

Im Frühjahr 2020 könnten Riesenbild und Gebäude fertig sein

Fertiggestellt sein könnten Panoramabild und Gebäude im Frühjahr 2020, so Scheidtweiler. Wenn der Rat am 10. Juli die Weichen entsprechend stelle, werde er zusammen mit den Architekten sofort in die Detailplanung gehen. Die Erfahrungen mit einem Asisi-Panorama-Projekt im heimatlichen Pforzheim zeigten ihm, dass solch ein Angebot auch ohne öffentliche Förderung erfolgreich sein könne und zugleich "zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Geschichte" einlade.

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