Was passiert, wenn Menschen nicht mehr ausgehen und erst recht nicht mehr reisen? Weil sie es beruflich nicht mehr dürfen, oder weil sie es einfach nicht mehr wollen. Sorgt die Corona-Krise für ein Szenario, das in Konstanz seit Jahren befürchtet wird – den schlagartigen, unvorhersehbaren Einbruch für Tourismus- und Gastronomiebetriebe?
Massive Umsatzverluste, Stornierungen, Entlassungen
Hört man sich unter Konstanzer Gastgebern um, klingt die Antwort so: massive Umsatzverluste, Stornierungen, Entlassungen – schon jetzt und in einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt.
Manfred Hölzl fasst als zweiter Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des Gastgewerbeverbands Dehoga zusammen: „Stornierungen und Absagen auf der ganzen Linie und in allen Bereichen.“ Für seinen eigenen Betrieb, das Konstanzer Konzil, geht er davon aus, dass „die Belegung für die nächste Zeit gegen Null gehen wird.“
Der Restaurantbereich bleibe geöffnet. Verbunden mit der Hoffnung auf gutes Wetter, „damit der Terrassenbereich mit frischer Luft uns doch Frequenz bringt“, sagt Hölzl.
Wirte sind angespannt, aber nicht panisch – viel Ungewissheit über die kommenden Monate
Auch andere Wirte reagieren angespannt, aber nicht verzweifelt. Markus Hensler, der das Gasthaus Wallgut führt, habe zwar einen leichten Einbruch des Geschäfts festgestellt, den habe es aber nach der Fasnacht regelmäßig gegeben.
„Deshalb können wir noch nicht mit Sicherheit sagen, ob das derzeit verhaltene Geschäft normal, oder durch Corona bedingt ist.“ Hensler blicke gespannt auf die Entwicklungen, „da es eine geschäftliche Planung fast unmöglich macht“.
Desinfektionsmittel für die Restaurant-Gäste, Hoffnung auf ein schnelles Ende der Krise
Sebastian Amberger, der im Café Wessenberg als Servicekraft arbeitet, nimmt weniger Gäste wahr. „Aber der Rückgang ist geringer als ich erwartet habe“, sagt er. Besucher erhalten Desinfektionsmittel und: „Vor der Corona-Krise haben wir die Tische eingedeckt, bevor die Gäste kamen. Das machen wir jetzt nicht mehr, da die Gefahr besteht, dass jemand das Besteck berühren könnte“, erklärt Amberger.

Mimmo Suppa ist „sehr verunsichert und ich habe Angst vor der wirtschaftlichen Situation“, sagt der Inhaber des italienischen Feinkostgeschäfts „Pane e Amore“ in der Altstadt. Sein Umsatz sei um 50 Prozent zurückgegangen. Aus Vorsicht geben er und seine Mitarbeiter auch Stammgästen nicht mehr die Hand. „Ich hoffe, dass die Corona-Krise schnell vorbeigeht“, sagt Suppa.
Hoteliers: Die Lage ist „dramatisch“ und „von Tag zu Tag schlimmer“
Anders als bei Restaurants hat die Corona-Krise im Konstanzer Hotelbereich bereits voll zugeschlagen. Martina Müller und Dieter Wäschle vom Hotel Restaurant Petershof finden drastische Worte: Die Auswirkungen seien „dramatisch“, die Situation werde „von Tag zu Tag schlimmer“.

Erste Mitarbeiter wurden entlassen – weitere könnten folgen
Sie sprechen von Umsatzausfällen „in einem nie gekannten Ausmaß“ mit 95 Prozent Stornierungen bei Veranstaltungen und zwischen 50 und 80 Prozent im Hotelbetrieb. Neue Buchungen, ob für Geschäftsreisen oder Privaturlaube in Konstanz: Fehlanzeige.
Am Petershof, der auch Catering anbietet, wurden deshalb bereits zwei Mitarbeiter entlassen. Ob sich das noch verschärfe, „hängt stark davon ab, wann die Saison hier am See eröffnet wird“, sagt Martina Müller.
Sie und ihr Vater Dieter Wäschle hoffen auf Hilfe aus der Politik und bringen Steuerstundungen durch den Bund und die Kommunen, kurzfristige Finanzhilfen oder unkomplizierte Anträge für Kurzarbeit ins Gespräch. „Es geht um nicht weniger als die Existenz unserer öffentlichen Wohnzimmer“, fassen die Petershof-Betreiber zusammen.
Der Flohmarkt als großer Publikumsmagnet findet statt – Stand jetzt
Oberbürgermeister Uli Burchardt antwortet diplomatischer. Er höre aus Gastronomie- und Tourismusbetrieben von Umsatzrückgängen. „Allerdings gab es auch schon Anfragen von Gästen, die statt Auslandsaufenthalten lieber am Bodensee buchen möchten.“
Die Stadtverwaltung wie die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) wollen keine Prognose abgeben. Hierfür fehlten noch belastbaren Zahlen, erklären beide. „Daher beteiligen wir uns nicht an Spekulationen“, erklärt Jennifer Holzkamm vom Pressebüro der MTK.
Das gelte auch für die Frage, ob einer der wichtigsten Publikumsmagnete und Hotel-Füller stattfinden kann. Noch geht die MTK davon aus, dass der Flohmarkt am 20. und 21. Juni stattfinden kann. Sicher sei das „aufgrund der sehr dynamischen Entwicklungen“ laut Holzkamm aber nicht. Die MTK sei im Austausch mit allen Partnern und analysiere fortlaufend die Lage.
Die Wirtschaft in Konstanz macht der OB jetzt „zur Chefsache„
Die Stadtverwaltung wiederum sichert mit den Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen, Unterstützung für Hotellerie und Gastronomie zu. Dies gelte für „alle von der Krise betroffenen Wirtschaftszweige“, sagt OB Burchardt und erklärt „die Situation der Wirtschaft in Konstanz zur Chefsache“.
Ob – und vor allem: wie lange – diese auf den symbolischen Chef angewiesen sein wird, lässt sich angesichts fast stündlich neuer Entwicklungen kaum sagen.