Und schon war er vergeben, der fiktive Name: Brigitte Müller. Entscheidend die beiden Wörter in Klammern dahinter: (Name geändert). Im Rahmen unserer Serie über das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau stellen wir seit einigen Wochen die unterschiedlichen Disziplinen des Hauses vor, in dem wir uns mit Therapeuten, Psychologen und Patienten treffen und anschließend darüber schreiben. Um die betroffenen Menschen zu schützen, geben wir ihnen andere Namen und weisen auch darauf hin.

Die falsche Brigitte Müller...

Am vergangenen Samstag nun stand die Geschichte einer Frau im SÜDKURIER und ein paar Tage zuvor auf www.suedkurier.de, die an Depressionen leidet und zu Hause betreut und behandelt wird. Und wie haben wir die Dame genannt? Brigitte Müller, dazu der Hinweis, dass dies nicht der richtige Name der Patientin ist, dass wir den Namen geändert haben – wie dies bei jeder Folge der ZfP-Serie der Fall ist.

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...und die richtige Brigitte Müller

Nun lebt in Konstanz eine Frau, die tatsächlich Brigitte Müller heißt. Jene Brigitte Müller las den Artikel am Samstag in ihrer Tageszeitung und war gar nicht erfreut darüber. In einer Mail an den SÜDKURIER schreibt sie, dass sie bereits darauf angesprochen wurde. „Ich möchte klar stellen, dass ich nicht die Patientin bin“, sagte sie am Telefon. „Die Menschen auf der Straße schauen mich ganz komisch an.“ Also, liebe Brigitte Müller und Nachbarn: Die Dame, die wegen ihrer Depressionen behandelt wird, heißt in Wirklichkeit anders – auf jeden Fall nicht Brigitte Müller. Wir bitten, die Verwirrung zu entschuldigen.

Zeit, dass sich was dreht

Mit ihrer Mail und ihrem Telefonat spricht die wirkliche Brigitte Müller eine gesellschaftliche Problematik an: Wieso werden Menschen „komisch angeschaut“, wenn man denkt, sie hätten eine psychische Krankheit? Der Konstanzer Hans Pannwitz, dessen Frau an Depressionen litt und Suizid beging, sagt in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER im Januar über sein Leben danach einen ganz entscheidenden Satz: „Wenn ich mir den Fuß breche und zum Arzt gehe, ist das das Normalste der Welt. Wenn ich psychisch krank bin und zum Arzt gehe, wird das verschwiegen und tabuisiert. Das ist falsch.“

Nach wie vor ist es gesellschaftlich verpönt, wenn die Psyche angeschlagen ist. Von daher hat die tatsächliche Brigitte Müller ein Thema angesprochen, dass uns alle angeht. Uwe Herwig ist der ärztliche Leiter am am ZfP Reichenau. Er sagt zu der Problematik: „Psychische Krankheiten werden in unserer Gesellschaft nach wie vor stigmatisiert. Daher tun sich Patienten auch so schwer damit, öffentlich darüber zu reden.“ Zeit, dass sich was dreht.