Entweder es kommt so oder noch viel schlimmer. Der Gemeinderat hatte in Sachen Bebauungsplan Amalienstraße keinen Gestaltungsspielraum mehr. Warum? Weil es schon seit drei Jahren eine Sperre für alle Bauprojekte (Veränderungssperre) gibt, welche am 5. August ausläuft. Eine Verlängerung ist nach Auskunft der Stadtverwaltung nicht mehr möglich. Der Rat beschloss den Plan, viele Stadträte aber waren unzufrieden: Es gab 21 Zustimmungen, aber auch 15 Enthaltungen und drei Gegenstimmen. Ein von der Freien Grünen Liste favorisierter städtebaulicher Wettbewerb, dem die Bauherren aber hätten zustimmen müssen, fiel im Rat deutlich durch.

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Nach Aussagen der Stadtverwaltung wäre für weitere Änderungen am Bebauungsplan keine Zeit mehr gewesen. Denn es bestehe ein Baurecht nach Paragraph 34 des Baugesetzbuches, welcher nur Mindestanforderungen vorsieht. Sie behauptete weiter: Bei der rechtlichen Beurteilung, was künftig möglich ist oder nicht, müsse sie sich an Neubauten wie den Hafenvillen orientieren. Diese werden von vielen als Fremdkörper im Quartier wahrgenommen. Oberbürgermeister Uli Burchardt sagte im Gemeinderat: „Wir müssen uns daran orientieren. Der Bebauungsplan ist der Kompromiss.“

Bürgerfrust statt Bürgerlust

Stadtrat Jürgen Ruff (SPD) stellte nach der Sitzung des Gemeinderats fest, man habe nur „unter Protest“ zugestimmt. Er schrieb: Die Verwaltung habe Erwartungen erzeugt, „die sie selbst nicht gewillt oder in der Lage war, zu erfüllen. Bürgerfrust statt Bürgerlust ist die verständliche Folge und wir Gemeinderäte sollen es dann ausbaden.“ Ruff ist der Meinung: Das Wohnumfeld im Bestand verschlechtere sich. Die SPD habe schon vor Wochen auf „dieses Missverhältnis“ hingewiesen.

„Die Verwaltung hat mit der Aufstellung des Rahmenplans unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Erwartungen erzeugt hat, die ...
„Die Verwaltung hat mit der Aufstellung des Rahmenplans unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Erwartungen erzeugt hat, die sie selbst nicht gewillt oder in der Lage war, zu erfüllen“, sagt Jürgen Ruff, Stadtrat der SPD. | Bild: Jürgen Ruff

Im Gemeinderat zog sie aber dann ihren Antrag zurück, bei dem es um den Tausch einer zweigeschossigen und dreigeschossigen Bebauung in bestimmten Baufeldern ging. Diese Änderung würde nach Auskunft der Stadtverwaltung eine erneute Offenlage erfordern. Für diese gebe es aber keine Zeit mehr. „Wir stehen vor vollendeten Tatsachen“, stellte dann auch Fraktionskollege Alfred Reichle im Gemeinderat fest. Weiter sagte er: Bestimmte Auswüchse verhindere der Bebauungsplan. Um nicht alles zu gefährden, stimme man diesem zu.

Simon Pschorr, Stadtrat der Linken Liste Konstanz und Jurist, glaubt, die Stadt hätte stärker auftreten, und mehr für die Bürger im Quartier herausholen können. Es gehe nicht um die Entziehung, sondern die Beschränkung des Baurechts. Wenn die öffentlichen Belange überwiegen, sei dies möglich. Er sehe keinen fairen Ausgleich zwischen Anwohnern und Eigentümern von Grundstücken. Peter Müller-Neff, Freie Grüne Liste, sieht ein „echtes Dilemma“. Aus ökologischen Gründen könne man den Plan nicht verabschieden. Er würden zu viele alte Bäume gefällt. Ersatzpflanzungen seien nicht gleichwertig. Er forderte, Baumrecht müsse vor Baurecht gehen.

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Christian Kossmehl (Freie Wähler) kritisierte ebenfalls, dass der Rat keinen Handlungsspielraum mehr hatte. Er strich aber heraus, es habe Nachbesserungen gegeben, und auf diesem Weg seien „vernünftige Ziele“ erreicht worden. Daniel Groß (CDU) betonte ebenfalls, es seien Nachbesserungen eingearbeitet worden. Er sagte, es hätte genügend Zeit gegeben, weitere Änderungen vorzubringen. „Die Zeit war da.“ Er könne dem Plan zustimmen. Verena Vögt (Junges Forum) betrachtete zwar die Bürgerbeteiligung als nicht zufrieden stellend, sah aber auch die Notwendigkeit, den Bebauungsplan jetzt zu verabschieden.

Eine „Kapitulation“ vor Investoren

Sven Martin, Vorsitzender der Bürgervereinigung Allmannsdorf, sagte im Anschluss an die Gemeinderatssitzung: „Ich bin enttäuscht. Es war richtig, den Bebauungsplan aufzustellen, aber die Umsetzung ist mangelhaft. Das ist eine schlechte Entscheidung für Allmannsdorf.“ Er betrachte das Ergebnis als „Kapitulation“ vor Investoren.

„Ich bin enttäuscht. Es war richtig, den Bebauungsplan aufzustellen, aber die Umsetzung ist mangelhaft“, sagt Sven Martin, ...
„Ich bin enttäuscht. Es war richtig, den Bebauungsplan aufzustellen, aber die Umsetzung ist mangelhaft“, sagt Sven Martin, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf. | Bild: Hanser, Oliver

Nicht das erste Mal sei dem Gemeinderat gleichsam die „Pistole auf die Brust“ gesetzt, und er zu einer Entscheidung in letzter Minute genötigt worden. Es sei zwar gut, dass bei den Höhen und der Dachneigung Korrekturen gab. Er kritisierte aber, dass kein Grünkorridor ausgewiesen wurde, und dass die Chance vertan wurde, eine neue Mitte von Allmannsdorf zu schaffen. Des weiteren werde es nun anstelle des dörflichen Charakters weitere Luxusbauten geben, die niemand in Konstanz benötige.