In Allmannsdorf gärt es. Der Bebauungsplan Amalienstraße soll den Charakter des Dorfkerns erhalten und weiter entwickeln. Doch Bürger befürchten, dass das Gegenteil geschieht. Sie kritisieren: Der jetzige Bebauungsplan würde eine zu hohe und eine zu dichte Bebauung zulassen. Bürgern geht es vor allem um die Lage der Baufenster auf der Wiese mit Bäumen zwischen Amalien- und Schiffstraße. Die Stadtverwaltung scheint jetzt einen Rückzieher zu machen.
Stadtverwaltung: Charakter soll erhalten bleiben
War alles nur ein Missverständnis? Auf Nachfragen jedenfalls betont Walter Rügert, Sprecher der Stadtverwaltung Konstanz: „Der Erhalt des Charakters des alten Ortskerns in Allmannsdorf ist und bleibt Ziel des Bebauungsplans.“ Dieser sei noch in Bearbeitung. Es gelte Fehlentwicklungen zu vermeiden und auf die vorgebrachten Befürchtungen zur Höhenentwicklung einzugehen. Mit dem beauftragten Planungsbüro würden Festsetzungen abgestimmt, um diese in den Bebauungsplan aufzunehmen.
Auffällig: Die Stadt antwortet nicht direkt auf die Frage, ob sich Neubauten an den Höhen der neuen Hafenvillen an der Schiffstraße orientieren müssen, die als Fremdkörper im Stadtteil wahrgenommen werden. Diese wurden nach Paragraf 34 der Landesbauordnung errichtet, als er noch keinen Bebauungsplan gab.
Bürger sind unzufrieden
Bei den Bürgern jedenfalls herrscht Unmut und Misstrauen. Christoph Vayhinger ist Zimmermann. Er lebt vom Bauen. Nichts läge ihm ferner, als dieses zu verhindern. Doch er wohnt und arbeitet auch im Dorfkern von Allmannsdorf. Dessen Schutz liegt ihm am Herzen. Nachdem, was im Entwurf des Bebauungsplans Amalienstraße bisher festgelegt wurde, sieht er schwarz für die Dorfmitte von Allmannsdorf. Er, der Experte in Sachen Höhen, hat aus Holz Häusermodelle entworfen, an denen sichtbar ist, was bei den Neubauten laut Festschreibungen im Entwurf für den Bebauungsplan möglich wäre: Höhen bis zu 16 und 18 Meter.

Zum Vergleich: Die nicht gerade kleine Gaststätte Adler bringt es nach Vayhingers Messung auf 13 Meter Höhe. Die aufragenden neuen Hafenvillen erreichen seinen Berechnungen zufolge ab dem Niveau der Schiffstraße bis zu 15,70 Meter Höhe, die Flachbauten auf dem Brunnergelände maximal 10,52 Meter Höhe. Der Zimmermann sagt klar: „Die sollen bauen.“ Aber er fragt sich, warum eine für Allmannsdorf völlig unübliche Dachneigung von bis zu 55 Prozent erlaubt werden solle.
Die Befürchtung ist eine dichte Bebauung
Sven Martin von der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf übt ebenso massive Kritik. „Die im Bebauungsplan definierten Ziele werden mit dem nun vorliegenden Entwurf nicht erreicht. Im Gegenteil, dieser ermöglicht sogar die Fortsetzung dieser Fehlentwicklung entlang der Amalienstraße.“ Er befürchtet eine extrem dichte Bebauung mit 100 bis 150 Wohnungen und kaum mehr Platz für Grünes.
Er listet in einer Mitteilung eine Reihe von Punkten auf, die seiner Meinung nach dem Planungszielen widersprechen. Auch er bemängelt die zulässige Dachneigung im Entwurf des Bebauungsplans, die dem Ortsbild überhaupt nicht entspreche. Er fordert ein Stangengerüst, das anzeigt, wie hoch Neubauten werden könnten. Das wäre für die Bürger und auch die Entscheidungsträger von Technischem Ausschuss und Gemeinderat notwendig.
Er fordert weiter: Die Umplanung der Baufenster so, dass bedeutende Bäume erhalten bleiben. Er regt weiter an, den öffentlichen Raum aufzuwerten, und den geplanten Wendehammer in der Amalienstraße zum Dorfplatz zu erweitern. „Dieser könnte Raum für hochstämmige Bäume bieten, die aufgrund der geplanten Überbauung an anderer Stelle gefällt werden.“
Martin stellt auch grundsätzlich die Frage, ob die frühzeitige öffentliche Beteiligung nicht wiederholt werden muss. Denn damals, im Frühjahr 2022, seien zwei verschiedene Pläne präsentiert worden, die mit den jetzigen nichts mehr zu tun hätten. Diese sehen eine weitaus größere Baumasse vor.
Können alte Bäume erhalten bleiben?
Das bemängeln auch die Anwohner Karolina Gorska und Oliver Geiger. Zwischen der Darstellung vor einem Jahr und den jetzigen Baufenstern bestehe ein riesiger Unterschied. Walter Rügert, Sprecher der Stadt Konstanz, stellt dazu fest: „Die beiden in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung vorgestellten Bebauungsplanvarianten wurden entsprechend der Ergebnisse der Beteiligungen weiterentwickelt. Die Anpassungen sind erforderlich, da mit dem ersten Entwurf ein unverhältnismäßig hoher Eingriff in bestehendes Baurecht verbunden und damit abwägungsfehlerhaft wäre.“
Karolina Gorska und Oliver Geiger haben an den Hafenvillen eine Wohnung gekauft, und derzeit (noch) den Blick ins Grüne auf eine 13 Meter hohe Tanne. Jetzt könnten direkt vor den Fenstern ihrer Räume zum Leben hohe Häuser kommen. „Wir dachten am Anfang, alles geht in die richtige Richtung“, sagt Oliver Geiger. Doch dann habe seine Partnerin von den Planänderungen gelesen und sei fassungslos gewesen. Aus der Sicht von Karolina Gorska ist mit den jetzt eingezogenen Baufenstern nichts mehr übrig vom Ziel, den dörflichen Charakter von Allmannsdorf zu wahren. Dabei ist ihnen die Höhe der Neubauten ziemlich egal. Sie sagen: Es gelte, weniger dicht zu bauen, und den großen Baum zu erhalten, in dem Vögel brüteten.

Laut städtischem Plan hat die große Tanne eine „geringe Bedeutung“ fürs Stadtviertel. Sie kann gefällt werden. Jarid Zimmermann, Geschäftsführer des Umwelt- und Naturschutz stellt dazu fest: „Grundsätzlich finden wir den Bebauungsplan Amalienstraße unter dem Gesichtspunkt der Nachverdichtung sinnvoll. Allerdings sollte eine doppelte Innenentwicklung erfolgen: Grünstrukturen erhalten und aufwerten und gleichzeitig Wohnraum durch Lückenschlüsse schaffen.“ Die Baufenster sollten möglichst so gewählt werden, dass ältere Bäume erhalten bleiben.
Der fragliche Baum ist nach Angaben von Jarid Zimmermann, Geschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz in Konstanz, 30 bis 40 Jahre alt. Er präge das Ortsbild zwar nicht, könne aber für eine gewisse Kühlung sorgen, wenn auch nicht so gut wie ein Laubbaum. Die Kühlung entstehe durch Schatten und Verdunstung. „Auch einzelne Bäume können in der Stadt zu Temperaturreduktionen führen.“ Er stellt fest: „Eventuell ließe sich durch eine geringfügige Verkleinerung des Baufensters der Baum erhalten.“