Mein Gemeinschaftskundelehrer in den 80er-Jahren hatte riesigen Respekt vor DDR-Bürgern. Zumindest vor denen, die nichts mit Überwachung, Unterdrückung oder Einsperrung am Hut hatten. Vor denen, die unter dem Regime leiden mussten, weil sie eben keine glühenden Anhänger von Ulbricht, Stoph, Honecker oder Krenz waren und die auch mit Erich Mielke nichts anfangen konnten.

Wieso ich das hier schreibe?

Nun, besagter Lehrer ermahnte uns Pennäler stets, auch im Spaß unser Leben nicht mit dem der Menschen in der DDR zu vergleichen. Wenn wir verwöhnten Wessi-Teenager mal wieder leichtsinnig von Überwachungsmaßnahmen wie drüben oder Einschränkungen wie im Osten schwadronierten, weil wir zu viele Hausaufgaben bekamen und dadurch ach so sehr eingeschränkt seien, reagiert der Pauker so: „Das ist respektlos gegenüber den Menschen in der DDR und das verharmlost das Unrecht, das unseren Brüdern in Ostdeutschland zuteil wird.“ Damals sahen wir das nicht so. Heute, mehr als 30 Jahre später, schon.

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Und so sah ich dieser Tage auf einem Straßenschild kurz vor Litzelstetten einen offenbar mit Schablone aufgebrachten Schriftzug: „DDR 2.0“.

Bild 1: Am Kreisverkehr die erste Ausfahrt Richtung Konstanz nehmen, um in die DDR 2.0 zu gelangen? Was für ein Quatsch!
Bild: Schuler, Andreas

Recherche ergab diese Erkenntnis: Corona-Leugner, Querdenker und andere Menschen, die der Meinung sind, wir werden derzeit von einer Weltverschwörung heimgesucht, nutzen den Slogan „DDR 2.0“ in diesen Monaten, Wochen und Tagen als Propaganda gegen Nasen-Mund-Schutzmasken, Hygiene- und Abstandsregeln. Damit wollen sie suggerieren, dass wir gegängelt und unterdrückt würden wie die Menschen weiland in der DDR.

Unverschämt und anmaßend!

Ich persönlich bezeichne einen solchen Vergleich als fast schon unverschämt gegenüber denjenigen Bürgern der DDR, von denen mein Gemeinschaftskundelehrer immer erzählt hat. Das Maskentragen gleichzusetzen mit Überwachungsmaßnahmen ist anmaßend und ein hausgemachter Quatsch.

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Da werden die heroischen Proteste der Menschen der DDR von 1989 herangezogen und gleichgesetzt mit den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Wer ernsthaft so denkt, hat entweder in Gemeinschaftskunde geschwänzt oder hat bei der Definition des Begriffes Diktatur im Unterricht geschlafen.

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