Dem Lorettowald geht es nicht gut. Er leidet unter anderem unter den Folgen des Klimawandels. Erst kürzlich wurden unzählige Bäume in Konstanz unter 20 Zentimeter Neuschnee begraben, wurden teilweise in der Folge angeknackst, abgeknickt oder stürzten sogar um.

Irmgard Weishaupt, Försterin und zuständig für den Lorettowald, dessen Eigentümerin die Spitalstiftung Konstanz ist, und Walter Jäger, Leiter des Forstamtes im Landratsamt Konstanz, sind wegen des prekären Zustands der Bäume besorgt.

Nicht zuletzt deshalb wurden Anfang bis Mitte Dezember Fällarbeiten im Lorettowald durchgeführt. „Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht müssen die Bäume, bei denen eine festgestellte Astbruchgefahr besteht, gefällt werden“, so die Spitalstiftung. Das diene laut den Verantwortlichen dem Schutz der Besucher.

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Lorettowald ist eine Besonderheit

„So etwas wie den Lorettowald gibt es selten, vor allem in so großen Städten“, sagt Irmgard Weishaupt. Was sie damit meint? Der von den Konstanzern geliebte Wald besitzt eine Gesamtfläche von knapp 64 Hektar und liegt „insular“ in Konstanz, ist also umgeben von Siedlungen. Das gibt es nicht oft, weiß Weishaupt.

Darüber hinaus herrschen in dem Gebiet hervorragende Bodenverhältnisse für die Buchenart. „Hier gibt es mit die größten Buchen in ganz Mitteleuropa“, so die Försterin. Manche dieser Bäume sind bis zu 45 Meter hoch und im Mittel zwischen 150 bis 200, teilweise sogar bis zu 250 Jahre alt. Das Problem: „Die Buchen leiden extrem unter dem Klimawandel“, sagt Weishaupt gegenüber dem SÜDKURIER.

An dieser 30 Meter hohen Buche zeigt sich der Klimawandel: Ein riesiges Stück Rinde ist abgeplatzt, die Krone mittlerweile ...
An dieser 30 Meter hohen Buche zeigt sich der Klimawandel: Ein riesiges Stück Rinde ist abgeplatzt, die Krone mittlerweile ausgetrocknet. Der Baum muss gefällt werden. | Bild: Timm Lechler

Sei verweist dabei auf den Dürremonitor Deutschland des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung und zeigt eine Deutschlandkarte der Dürresituation der vergangenen fünf Jahre. Die Farbe des Landkreises Konstanz: Tiefrot. Das bedeutet extreme oder sogar außergewöhnliche Dürre. „Wir sind seit 2018 nicht mehr aus diesem Bereich rausgekommen“.

Ein zusätzlicher Faktor seien die langen und stabilen Wetterlagen, gerade in Hitzephasen. Die Buche sei dabei im besonderen Maß von der Trockenheit im Boden betroffen, seien beispielsweise die alten Bäume nicht mehr in der Lage, sich anzupassen. Das könne dann für Besucher zur Gefahr werden.

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Naherholungsziel für Konstanzer

Und genau hier liegt eine weitere Besonderheit des Lorettowalds: Er ist ein stark frequentiertes Naherholungsziel. „Wir haben hier einen extrem hohen Erholungsverkehr“, weiß Irmgard Weishaupt. Erst im Juni diesen Jahres wurden bei einer Zählung allein auf der Fontainebleau-Allee, die vom Konstanzer Horn durch den Wald führt, knapp 1000 Menschen erfasst. Das zeigt die Bedeutung des Gebiets für Spaziergänger, Fahrradfahrer und sonstige Freizeitgäste.

Laut Weishaupt sei das alles kein Wunder, sei der Lorettowald doch in den 1960er und 1970er-Jahren zusehends mehr und mehr als „Parkanlage“ angelegt worden. Und das sehe man bis heute: Betonierte Straßen, unzählige, angelegte Waldwege, Sportstätten, Grillplätze sowie dutzende Bänke, die zum Verweilen einladen. Doch gerade Letztere, beziehungsweise die Bäume darüber, werden mehr und mehr zur Gefahr für Besucher.

Die Fontainebleau-Allee: Bis zu 1000 Menschen gehen hier im Sommer entlang.
Die Fontainebleau-Allee: Bis zu 1000 Menschen gehen hier im Sommer entlang. | Bild: Timm Lechler

Mehrere Maßnahmen geplant

Deshalb ist unter anderem geplant, im kommenden Jahr einige der ungefähr 70 Bänke im Wald zu entfernen. Zu unsicher seien ihre Standorte unter hohen, alten Buchen. Auch soll der Radverkehr mithilfe von Beschilderung reduziert werden. Dabei soll der Wald aber nicht für den Radverkehr gesperrt werden, sondern lediglich mit Schildern, vermehrt beispielsweise auf die neue Fahrradstraße zum oder vom Horn, aufmerksam gemacht werden.

Darüber hinaus müssen wohl auch einige Parkplätze an der Jakobsstraße weichen, die an zu gefährlicher Stelle unter den Baumkronen liegen. Entsprechende Gremien müssen über diese Maßnahmen im kommenden Jahr noch entscheiden. Damit wolle man vom Parkcharakter eher wieder zur Wahrnehmung als Wald zurückkommen, so Weishaupt.

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Stichwort Verjüngung

Darüber hinaus soll der Wald allgemein zukunftsfähiger gemacht werden. Denn: „Die alten Bäume sind dem Tod geweiht“, sagt Irmgard Weishaupt plakativ. Das entscheidende Stichwort ist hierbei „Verjüngung“. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Im Kern handelt sich dabei um Generationenwechsel der Bäume sowie die Anpflanzung neuer Arten.

Deshalb werden nicht nur Bäume gefällt, die eine Gefahr darstellen, sondern auch neue gepflanzt. Dazu gehören in Deutschland heimische Arten, die mit den klimatischen Veränderungen auch in den nächsten Jahrzehnten besser zurecht kommen sollen. Dazu gehören beispielsweise Baumarten wie Eiche, Elsbeere, Wildbirne, Linde oder der Spitzahorn. Teilweise werden auch fremdländische Arten verwendet, in den vergangenen Jahren seien bereits zehntausend neue Bäume gepflanzt worden.

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Der Generationenwechsel wiederum, erfolgt laut Walter Jäger automatisch. „Der Wald ist ein lebendiger Organismus“, sagt der Förster. „Der macht genau wie der Mensch einen Generationenwechsel.“ Das sei ein ganz natürlicher Prozess. Bei der Buche liege die Altersgrenze bei knapp 200 bis 250 Jahren. Vor zehn Jahren habe man noch geglaubt, bei vielen Bäumen noch länger Zeit zu haben, um den Generationenwechsel vorzubereiten.

„Doch durch die dramatischen Veränderungen beschleunigst sich dieser Prozess erheblich“, weiß Jäger. Der Generationenwechsel müsse deshalb in kürzerer Zeit erfolgen. Zu den Fällungen sagt er: „Wir haben hier einen hohen Erholungsdruck, aber eben auch erkennbare Gefahren“, so Jäger. „Da müssen wir handeln und die Verkehrssicherheit herstellen.“