Die Stadt Konstanz hat sich das Ziel gesteckt, bis 2035 weitgehend klimaneutral zu sein. Dazu müssen sich viele Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens verändern. Die Stadtverwaltung setzt dabei beispielsweise auf E-Fahrzeuge statt auf Verbrennungsmotoren. Bürger sollten währenddessen außerdem die Gelegenheit nutzen, um ihre Gas- und Ölheizungen gegen Wärmepumpen auszutauschen.
Doch wenn dieser Umbau vonstatten geht, führt das zu einem neuen Problem: Wie soll es das jetzt vorhandene Stromnetz schaffen, die deutlich höhere Stromlast zu tragen? Und ist es dafür ausgerichtet, die Einspeisungen aus den ebenfalls auszubauenden Photovoltaikanlagen aufzunehmen? Die Stadtwerke Konstanz haben sich mit dem Thema befasst und zeigen eine klare Richtung auf: Das Stromnetz muss deutlich leistungsfähiger werden. Und das wird teuer.
- In welchem Zustand ist das Konstanzer Stromnetz und was muss passieren? Die Stadtwerke haben zusammen mit der Universität Wuppertal den momentanen Zustand des Stromnetzes analysiert und einen Blick auf den Bedarf für die Zukunft geworfen; wenn Wärmepumpen und E-Fahrzeuge eine deutlich höhere Stromlast bewirken werden.
Das Ergebnis: Das Stromnetz sei grundsätzlich in gutem Zustand. Bei der Einspeisung von Strom dürfte es wenig Probleme geben. Auch die Ausweitung der Anzahl an Photovoltaikanlagen sei unproblematisch, da die Kapazität für weitere Anlagen im Konstanzer Stadtgebiet begrenzt ist. Hingegen wird die Stromlast im Netz deutlich ansteigen. „Wir brauchen etwa die dreifache Kapazität im Verhältnis zur heutigen Leistung“, erläutert Michael Müller, Geschäftsbereichsleiter Energienetze bei den Stadtwerken. Im Moment beträgt die Kapazität 50 Megawatt (MW), bis 2035 würden 150 MW benötigt. - Wie steht es um die Kapazität zum jetzigen Zeitpunkt? „Im Moment können wir die Leistung von bis zu 70 Megawatt auf beiden Seiten [der Grenze] bereitstellen“, sagt Müller, „auch auf der Schweizer Seite.“ Dann sei aber keine „Redundanz“ mehr vorhanden, was bedeutet, dass es keinen Spielraum gibt, wenn ein Transformator ausfallen sollte.
- Was müssen die Stadtwerke tun, um das Stromnetz zu erweitern? Dazu ist der Ausbau auf zwei Ebenen notwendig: „Zum einen braucht es stärkere, dickere und auch mehr Stromkabel“, sagt Michael Müller. Diese werden hauptsächlich unterirdisch verlegt. Zweitens muss auch die Zahl der Umspannwerke (UW) und der Transformatoren erhöht werden. Bereits jetzt werde bei den Stadtwerken der Neubau des Umspannwerks Weiherhof geplant. Es befindet sich auf dem Gelände der Stadtwerke. Mittelfristig würden aber weitere UW benötigt, erläutert Müller. An erster Stelle müsse ein zusätzliches UW in Wollmatingen geplant werden, um künftig das Neubaugebiet Hafner und die Ortsteile mit Strom versorgen zu können. Wegen der zunehmenden Wärmepumpen in den Ortsteilen werde die Last relativ schnell ansteigen.
- Werden weitere Neubauten notwendig? Ja. Auch die beiden UW Tägerwilen und Ergatshausen (Wollmatinger Straße in Fürstenberg) müssen mit Transformatoren hochgerüstet werden und entweder neu oder komplett umgebaut werden.
- Welche Ausbauten stehen außerdem an? Auch im Niederspannungsbereich, das heißt an dem Netz, das den Strom zum Endverbraucher transportiert, wird eine Erweiterung notwendig. Das Netz muss zum einen in der Lage sein, auf den erhöhten Energiebedarf der Endverbraucher zu reagieren, und zweitens den eventuell durch Dach-PV-Anlagen erzeugten Strom zu transportieren. Laut der Studie ist für den Ausbau im Niederspannungsbereich eine Erweiterung der Stromtrasse um 61 Kilometer notwendig. Ergänzt man die Kabel durch ein Lademanagement wären es 37 Kilometer. Außerdem müssten im gesamten Stadtgebiet zahlreiche Transformatoren in Trafostationen erneuert und vergrößert werden. Im Moment gibt es davon etwa 250. Michael Müller schätzt, dass ungefähr 30 bis 40 neue Stationen bis 2035 hinzukommen.

- Was kostet der Ausbau und wie wird er finanziert? Das ganze Projekt wird eine ordentliche Summe Geld verschlingen. Michael Müller rechnet mit 120 bis 150 Millionen Euro, die von den Stadtwerken investiert werden müssen. Die Investitionen ins Stromnetz seien grundsätzlich refinanzierbar, erläutert Müller, und zwar über die Netzentgelte, die die Kunden bezahlen. Das heißt, dass die Stadtwerke an die zur Finanzierung nötigen Kredite kommen müssten.
- Was bedeutet das für die Kunden? Kunden müssen sich in den kommenden Jahren auf steigende Netzentgelte einstellen. In Konstanz werde der Ausbau etwas rascher vonstatten gehen als in anderen Städten. Das liege an den ehrgeizigeren Klimazielen, die bereits im Jahr 2035 erreicht sein sollen. Entsprechend werden auch die Kosten schneller ansteigen, danach nicht mehr so stark. Wie hoch der Anstieg sein wird, können die Stadtwerke noch nicht voraussagen.