Zeitweise war sie hinter einem Gerüst erst auf den zweiten Blick zu erkennen, aktuell liegt sie wieder in Staad an der Mole. Fahrgäste oder Autos transportiert sie derzeit nicht: Die „Richmond“, neue Fähre und somit Flaggschiff der Konstanzer Stadtwerke, ist auch fast ein halbes Jahr nach der feierlichen Taufe nicht voll einsatzfähig. Das bestätigen die Stadtwerke auf Anfrage des SÜDKURIER. „Anfang Dezember“ würde der rund 27,5 Millionen Euro teure Neubau aber wieder fahren, heißt es.

Nur vier Wochen lang war die „Richmond“ im Einsatz

Seit der Indienststellung, die nach mehreren Verzögerungen erst am 4. Oktober erfolgen konnte, ist die „Richmond“ etwa vier Wochen lang gefahren. Und auch das nur während einer von drei Schichten. In der Zeit zwischen 5.20 und 13.20 sei das Schiff jeweils achtmal hin- und hergefahren, erklärt Teresa Gärtner von den Stadtwerken auf SÜDKURIER-Anfrage. Damit hat sie nur einen Bruchteil des eigentlich vorgesehenen Fahrprogramms absolviert.

Seit dem 1. November ist die „Richmond“ den Angaben zufolge nicht mehr im Liniendienst. Es müssten „noch einige Restpunkte abgearbeitet werden und Änderungen beziehungsweise Verbesserungen an der Automation durchgeführt werden“, so die Stadtwerke. Dabei handle es sich um Erkenntnisse, die sich aus den ersten Wochen des Fahrbetriebs ergeben haben. Während die Restpunkte in der bisherigen Kalkulation inbegriffen seien, könnten die Änderungen zu Mehrkosten führen. Deren Höhe stehe noch nicht fest, sie seien „aber angesichts des Projektvolumens gering“.

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Doch kommt den Stadtwerken die Ruhezeit für die „Richmond“ vielleicht ganz gelegen, weil das mit Flüssiggas betriebene Schiff im Einsatz besonders teuer ist? Diese Vermutung äußerten mehrere mit dem Fährgeschäft vertraute Personen gegenüber dem SÜDKURIER. Die Stadtwerke widersprechen dem. Am günstigsten wäre es aus ihrer Sicht weiterhin, den aktuellen 20-Minuten-Takt mit den drei neuesten und effizientesten Schiffen zu fahren, der „Tabor“, der „Lodi“ und eben der „Richmond“.

Die alten und kleineren Schiffe „Konstanz“, „Meersburg“ und „Kreuzlingen“ seien nicht wirtschaftlicher im Betrieb, selbst wenn auch sie nicht voll ausgelastet sind. Auch eine nur eine halb volle „Richmond“ sei günstiger, da die neuen Schiffe „widerstandsoptimiert sind und moderne Antriebssysteme besitzen“. Nach früheren Angaben der Stadtwerke ist die Klimabilanz der Fähre schon dann besser, wenn nur zehn Autos übergesetzt werden, statt um den ganzen Überlinger See herum zu fahren.

(Archivbild) Am ersten Betriebstag: Das neue Fährschiff „Richmond“ bringt Lastwagen, Autos und Menschen zwischen Konstanz ...
(Archivbild) Am ersten Betriebstag: Das neue Fährschiff „Richmond“ bringt Lastwagen, Autos und Menschen zwischen Konstanz und Meersburg über den Bodensee. Doch in den ersten Betriebswochen tauchten noch diverse Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten auf. | Bild: Peter Allgaier | SK-Archiv

Wenn die „Richmond“ nicht genug fährt, bläst die Methan direkt in die Luft

Für den Klimaschutz allerdings bringt ein nur sporadischer Einsatz der „Richmond“ aber ein bisher wenig beachtetes Problem. Das Flüssiggas wird in dem Schiff tiefgekühlt gelagert, wie in einer riesigen Thermoskanne bei rund minus 160 Grad. Da dieser Thermo-Behälter die tiefe Temperatur nicht unendlich lange halten kann, wird im Laufe der Zeit immer mehr des verflüssigten Methans wärmer und in der Folge gasförmig. Es kann dann aber nicht mehr in den Motoren verbrannt werden, sondern muss in die Luft abgelassen oder mit einer Fackel verfeuert werden.

Wenn die „Richmond“ nun das Flüssiggas nicht komplett verfahren kann, bevor es große Verluste durch die Erwärmung gibt, wird nicht nur Treibstoff verschwendet, sondern direkt das Klima geschädigt. „Gelangt Methan in die Erdatmosphäre, dann oxidiert es zu Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid. Die Freisetzung von Methan führt zudem zur Bildung des Schadstoffs Ozon, das die Gesundheit gefährden und die Umwelt schädigen kann. Methan ist somit ein Treibhausgas, das wesentlich zur Erderwärmung beiträgt“, heißt es dazu beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie.

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Ein kleiner Teil klimaschädliches Gas wurde direkt abgelassen

Die Stadtwerke bestätigen, dass im Zuge der Erprobungsfahrten der „Richmond“ in der Tat das Methan nicht ausschließlich für den Betrieb der Motoren verwendet worden sei, aber doch „fast vollständig“. Denn auch die sicherheitsrelevanten Systeme, mit denen das Gas im Notfall kontrolliert abgelassen werden kann, hätten getestet werden müssen. Wie hoch der Anteil des unter hohem Energieaufwand verflüssigten und transportierten Gases unproduktiv verbraucht wurde, bezifferte die Reederei nicht genau.

Transparent machen die Stadtwerke auf SÜDKURIER-Anfrage aber, woher das Flüssiggas für die als besonders umweltfreundlich eingestufte Fähre kommt: „Derzeit wird fossiles LNG verwendet. Es stammt überwiegend aus Katar. Es handelt sich um Gas ohne Fracking“, so Sprecherin Teresa Gärtner. Ursprünglich war die Hoffnung gewesen, die „Richmond“ vom Start weg mit regional erzeugtem Biogas zu betreiben. Dies steht derzeit allerdings gar nicht zur Verfügung.

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Zur Betriebsaufnahme sagte Christoph Witte, technischer Leiter der Fähren: „Es ist unser Ziel, Bio-LNG einzusetzen, sobald dieses am Markt entsprechend verfügbar ist.“ In diesem Fall wäre das Fährschiff weitgehend treibhausgasneutral unterwegs.

Er hofft, dass die neue Fähre dank Biogas eines Tages weitgehend klimaneutral fahren kann: Betriebsleiter Christoph Witte.
Er hofft, dass die neue Fähre dank Biogas eines Tages weitgehend klimaneutral fahren kann: Betriebsleiter Christoph Witte. | Bild: Stadtwerke Konstanz GmbH