Heike Ehmann will ihren Frust loswerden. 45 Minuten lang stand sie am Einlass des Campus Festivals am Freitag, ab etwa 18.30 Uhr. „Es war eine wahnsinnig lange Schlange“, sagt sie. „Wir kamen nur schrittchenweise vorwärts.“ Den Grund erkannten die Wartenden später: Am Einlass saßen nur drei Studenten, der Scanner für die Eintrittsbändel fiel ständig aus.
„Wäre jemand umgefallen...“
Die Konstanzerin wollte das Festival mit ihrer Tochter besuchen, an diesem Abend allerdings getrennt. Was die 57-Jährige umtreibt, ist die Sicherheit. Es sei so eng gewesen, dass nur stehende Menschen in Sicherheit waren. „Wäre jemand umgefallen, es wäre schrecklich gewesen.“ Sie lobt dabei die große Disziplin der jungen Menschen, die sie in der eigenen Generation nicht erwarte. Dennoch: Neben ihr stand eine junge Frau, „die mühsam eine Panikattacke unterdrückte.“
45 Minuten später hat Heike Ehmann es geschafft: Sie steht innerhalb des Stadions. Das Konzert der Band „Provinz“, zu dem sie wollte, sei vorbei gewesen. „Ich bin dann nach Hause gegangen.“ Ehmann betont: sie wolle konstruktive Kritik üben, damit der Veranstalter daraus lernen könne. Und versöhnlich ergänzt sie: „Immerhin am Samstag hat dann alles funktioniert, es war alles okay.“
Auch andere Besucher formulieren ihre Beschwerden über die Organisation online, beispielsweise über Rezensionen bei Google. Der Veranstalter, die Campus Festival Konstanz gGmbh, äußert sich nach dem ersten Festival-Wochenende in Konstanz mittels einer Pressemitteilung.
Bezahl-System über Einlassbändchen
Das Problem: Das Bezahl-System funktionierte nicht. Ziel war es, Geld auf das Einlass-Bändchen aufzuladen. An den Stellen, wo dies möglich war, musste man bis zu einer Stunde warten. Zum Teil gab es kein WLAN, dann ging das Aufladen gar nicht.
Das sagt der Veranstalter: Vor dem Hintergrund der erfreulich hohen Nachfrage nach Tickets, die zum Ausverkauf der Veranstaltung führte, habe sich die Agentur bewusst für ein ausgeklügeltes Bezahlsystem entschieden. Kern der Überlegung sei es gewesen, ein möglichst bargeldfreies Festival anzubieten, das aus Sicherheits- und Effizienzgründen auf digitale Abbuchungen setzt und damit im Idealfall Wartezeiten erheblich verkürzt. Ein temporäres Glasfasernetzwerk sei im Bodenseestadion eingerichtet worden, „dessen intensive Testläufe uns viele Tage vor der Veranstaltung vollends überzeugten.“ Diese Technologie habe sich wider Erwarten am ersten Festivaltag als zeitweise instabil erwiesen, was deutlich längere Wartezeiten an den Einlässen wie auch an den Auflade-Terminals im Stadion zufolge hatte.
Lange Wartezeit am Eingangsbereich
Das Problem: Am Einlass bildeten sich sehr lange Warteschlangen, die Besucher mussten dort bis zu einer Stunde verharren. Einige Besucher, die im Internet Kritik übten, erinnerten an die Situation bei der Love Parade in Duisburg 2010, die in einer Katastrophe endete.
Das sagt der Veranstalter: Die Campus Festival gGmbH räumt ein, dass die technischen Komplikationen vor Ort so unerwartet erheblich gewesen seien, dass es temporär zu Drucksituationen in den Reihen der Wartenden gekommen sei.
Sperrung wegen zu vieler Fans
Das Problem: Besucher hatten für ein Konzert bezahlt, wurden dann aber nicht bis zur Bühne durchgelassen, weil es zu voll war.
Das sagt der Veranstalter: Die Campus Festival gGmbH verweist darauf, dass in der Nacht zum zweiten Festivaltag nochmals neue Maßnahmen ergriffen wurden, um die Sicherheit zu erhöhen, etwa durch eine Gästezählung für die Nebenflächen. Wörtlich schreiben die Veranstalter: „Selbstverständlich tut es uns leid, wenn nicht alle Teilflächen des Veranstaltungsgeländes jederzeit zugänglich waren, doch wollten und mussten wir sicherstellen, dass im Vorfeld definierte Grenzwerte nicht überschritten wurden.“
Lange Warteschlangen an Ständen
Das Problem: Besucher beklagten, dass die Warteschlangen an Getränkeständen lang und die Wasserstellen nicht gut ausgeschildert waren.
Das sagt der Veranstalter: Auf dem gesamtem Veranstaltungsgelände seien Wasserspender verteilt gewesen, die allerdings nicht in Anspruch genommen wurden. Auf Nachfrage des SÜDKURIER schreibt der Veranstalter: „Wir haben daraus gelernt und werden die Kommunikation und Beschilderung verbessern.“
Umgang mit Kritik der Besucher
Das Problem: Besuchern fiel auf, dass Kommentare auf dem Instagram-Auftritt des Festivals gelöscht wurden. Sie mutmaßen, dass beim Veranstalter kritische Kommentare nicht willkommen seien.
Das sagt der Veranstalter: „Wir werden in Kürze via Social Media Stellung beziehen und stellen uns der Kritik. Die Kommentarfunktion ist selbstverständlich offen.“
Was soll anders werden?
Konkret äußern sich die Veranstalter nicht dazu, was verändert werden soll. Selbstkritik üben sie dennoch und – künftig soll es besser werden: „Wir möchten betonen, dass die Veranstaltung trotz ausgelassener Stimmung teilweise nicht den Ansprüchen genügte, an denen wir uns selbst messen. Entsprechend befinden wir uns in der intensiven Auswertung und Analyse von Potenzialen für die kommenden Jahre.“