Es klingt wie eine moderne Erfindung: In den städtischen Gremien wird zurzeit über einen E-Wasserbus auf dem Seerhein diskutiert. Dabei gehört er zur Geschichte von Konstanz. Denn es ist 25 Jahre her, dass so ein Gefährt zwischen Stadtgarten und Stromeyersdorf unterwegs war – und zwar elektrisch und damit frei von fossilen Emissionen. Daran erinnert sich der Umweltpsychologe Marco Knöpfle noch.

Marc Fluck ließ den Wasserbus damals fahren. Der Unternehmer, der den Bootsverleih im Gondelhafen am Konzil betreibt, berichtet, dass es schon Ende der 1990er-Jahre die Idee gab, den Autoverkehr vor der Stadt abzufangen. Damals sei über einen Parkplatz auf einem Gelände bei Stromeyersdorf oder unter der neuen Rheinbrücke diskutiert worden.

Er erinnert sich, dass 1999 das Großaquarium Sealife als Touristenattraktion hinzukam und man sich Gedanken machte über einen möglichen Verkehrskollaps. Mit dem eigenen Auto ins Zentrum von Konstanz zu fahren, sei schon damals nicht ganz einfach gewesen.

Marco Knöpfle, Marc und Inge Fluck (von links) erinnern an den elektrischen Wasserbus, der im Jahr 2000 über den Seerhein fuhr.
Marco Knöpfle, Marc und Inge Fluck (von links) erinnern an den elektrischen Wasserbus, der im Jahr 2000 über den Seerhein fuhr. | Bild: Claudia Rindt

E-Wasserbus sah aus wie ein konventionelles Schiff

Fluck hatte zu diesem Zeitpunkt schon Erfahrung mit elektrisch betriebenen Booten. Denn 1993 übernahm er die Bootsvermietung im Gondelhafen in Pacht von der Stadt. Der damalige Bürgermeister Ralf Fischer wollte keine motorisierten Boote mehr sehen. Bald sei aber klar gewesen, dass sich das Unternehmen allein mit dem Verleih von Tret- und Ruderbooten nicht trägt. Also beteiligte sich der Betrieb am damaligen Solarkraftwerk und schlug als Alternative den Einsatz kleiner, führerscheinfreier Boote mit elektrischem Antrieb vor.

Fluck hatte Erfolg: Er durfte zunächst drei dieser Boote fahren lassen, später fünf, heute 16. Seine Mutter Inge Fluck sagt: „Wir waren Pioniere.“ Marc Fluck relativiert. Beim Bootsverkehr gilt: Nach dem Dampf kam die Elektro-Mobilität. Schon Ende des 19. Jahrhunderts fuhren E-Boote auf der Themse in London. Erst danach kamen die Verbrenner auf.

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Problematisch an der E-Mobilität seien nie die Motoren gewesen, sondern die Lade-Infrastruktur, stellt Marc Fluck fest. Diese fehle in den Häfen. Deshalb könnten Freizeitboote am Bodensee nicht einfach auf Elektro-Mobilität umsteigen. Seine kleinen Boote im Gondelhafen kann er an einer speziellen Steckdose aufladen.

Das machte er auch mit dem Wasserbus, den er im Jahr 2000 für vier Wochen zur Probe auf dem Seerhein fahren ließ. Er sah aus wie ein konventionelles Schiff. Marc Fluck sagt: „Mein Vater war Bootsbauer. Ich bin Bootbauer.“ Für ihn sei klar gewesen, es sollte kein Solar-Katamaran sein, wie es ihn schon auf dem Bodensee gab, sondern ein Boot mit herkömmlichem Schiffsrumpf. In einer Werft bei Lausanne wurde er fündig.

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Gäste konnten für ein paar Mark über den Seerhein schippern

Fluck charterte ein Solarboot von dort, das 24 Gäste trug. Auf dem Landweg wurde es nach Konstanz geschafft. Der Wasserbus bewährte sich und pflügte zuverlässig durch die Strudel und Wellen der alten Rheinbrücke und auch gegen den Strom des Rheins. „Ich war begeistert.“ Man habe sich damals Gedanken gemacht, wo überall Anlegestellen stehen könnten.

Den Probebetrieb aber habe man nur im Rundkurs angeboten, ohne Zwischenhalte. Dieser sei prima angenommen worden. „Wir haben zwei oder drei Mark verlangt.“ Den genauen Preis weiß Fluck nicht mehr, man habe sich aber an den Gebühren der „Möwe“ orientiert, die noch heute zwischen Hafen, Seestraße, Bodenseetherme und Bottighofen pendelt. Man habe auch Vertreter der Stadt und des Gemeinderats aufs Boot geholt. Doch damals zündete der Funke nicht.

Viele Gäste nutzen im Jahr 2000 die Fahrt mit dem elektrischen Wasserbus – vom Hafen über den Seerhein.
Viele Gäste nutzen im Jahr 2000 die Fahrt mit dem elektrischen Wasserbus – vom Hafen über den Seerhein. | Bild: Claudia Rindt

Es habe dann noch Ideen gegeben, dass zwei Unternehmen den Wasserbus betreiben, doch das hätte beide finanziell kaputt gemacht, sind Inge und Marc Fluck überzeugt. Inge Fluck sagt: Für einen Familienbetrieb sei das Projekt finanziell nicht umsetzbar gewesen. Es habe an Akzeptanz und Unterstützung gefehlt. Sie hatte sich sogar überlegt, ob sie überhaupt darüber sprechen wolle: „Das ist doch Schnee von gestern.“

Der Radaktivist und Ecocamping-Chef Marco Knöpfle dagegen hält es für wichtig, daran zu erinnern. Er gehörte im Jahr 2000 mit einer Delegation um die damalige parlamentarische Staatssekretärin Uschi Eid zu den Gästen auf dem Wasserbus. Er zeigte ihr den Campingplatz Klausenhorn, ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit, und den Wasserbus. Inzwischen ist Ecocamping eine europaweit führende Initiative für nachhaltiges Campen, der sich mehr als 200 Plätze in sieben Ländern angeschlossen haben.

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„Man sollte sich neuen Technologien nicht verschließen“

Inge Fluck berichtet, dass die Abkehr von der fossilen Mobilität schon vor 30 Jahren praktiziert wurde. Sie kümmerte sich in den 1990/2000er-Jahren um den Campingplatz Klausenhorn. „Wir waren Angestellte der Tourist-Information.“ In Absprache mit der Stadt habe man schon damals durchgesetzt, dass auf dem Platz für Camper kein Auto parkt.

Stattdessen habe man den „Bollerwagen“ zur Verfügung gestellt. 1998 gab es dort das erste Lastenrad, und um das Jahr 2000 fuhr Fluck mit einem Elektro-Roller, um für den Platz die Bankgeschäfte zu erledigen. Für Inge Fluck ist klar: „Wenn ich was machen kann, dann mache ich es.“ Ihr Sohn Marc Fluck sagt: „Ich bin kein Ökofreak, aber man sollte sich neuen Technologien nicht verschließen.“

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Wenn Marco Knöpfle auf die heutige Debatte blickt, dann ist für ihn klar: Wenn es die Verbindung übers Wasser geben soll, dann muss es ein Elektro-Fahrzeug sein. „Im Jahr 2000 war es modern und innovativ. Heute ist es Standard.“ Er weiß auch schon, wie der Wasserbus finanziert werden könnte. Über die Bettensteuer, wie das im Volksmund heißt. Denn eigentlich handle es sich um eine Abgabe für den Tourismus und den Klimaschutz. In solche Projekte sollte das Geld fließen.