Wenn Arnd Raeder über sein Auto spricht, geht es ihm wie vielen anderen Deutschen auch. Seine Augen leuchten, und er strahlt über das ganze Gesicht. Dabei fehlt seinem Wagen das, was die Herzen von Autofans normalerweise höherschlagen lässt: ein röhrender Auspuff oder ein heulender Motor. Arnd Raeder fährt schon seit fast zehn Jahren elektrisch und gehörte damit zu den ersten im Land.

Für ihn ist eine andere Art der Fortbewegung mittlerweile undenkbar: „Ich bin noch nie so entspannt Auto gefahren“, erzählt der 66-Jährige. Seit dem Kauf seines ersten E-Autos habe sich viel getan, findet er. „Damals sind wir mit einer Reichweite von 100 Kilometern nach Barcelona gefahren. Wir mussten genau austüfteln, wo wir unterwegs laden können“, erinnert er sich. Heute sei das einfacher.

Erst vor vier Jahren verschlug es den gebürtigen Berliner an den Bodensee. Seit zwei Jahren kurvt der ehemalige Fernfahrer nun mit seinem Aiways U5 über die Konstanzer Straßen und durch das ganze Land. „Der Verbrenner ist Technik von gestern“, ist er sich sicher. Bei seinen Touren durch Russland habe er gesehen, was die Förderung von Erdöl anrichten kann.

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Ein herkömmliches Auto zu fahren und weiter zur Umweltverschmutzung beizutragen, kam für ihn nicht in Frage. Auch wenn sich Reisen nach Berlin oder ins Ausland schwieriger gestalten, ist E-Mobilität für ihn auch ein Abenteuer: „Durch die Ladestopps haben wir so viel gesehen, das wir sonst nicht sehen würden. Das ist Reisen statt Rasen“, sagt er und lacht.

Zwischenstopps sorgen für Entschleunigung

Ähnlich sieht es Tessa Schnepp. Die Masterstudentin wohnt seit einem Jahr in einer Mietwohnung in der Konstanzer Altstadt und hat somit keine private Lademöglichkeit. Um die Umwelt zu schonen, wollte die 23-Jährige erst gar kein Auto kaufen. Für sie stand fest: „Wenn, dann ein E-Auto!“ Ihre Entscheidung bereut habe sie bis jetzt noch nicht, erzählt sie. Mit den 300 Kilometern Reichweite komme sie bequem mit einigen Ladestopps zu ihren Eltern nach Hessen.

Wie Raeder sieht sie die Vorteile in der Entschleunigung, die die Zwischenstopps auf dem Weg bringen: „Ich würde mir sonst nicht so viel Zeit nehmen, auch einmal Pause zu machen.“ Noch einmal auf einen Verbrennerwagen umzusteigen, kann sie sich wegen der stetigen Weiterentwicklung der Reichweiten nicht vorstellen. „Aber nur, wenn das Ladesäulennetz sich auch weiterentwickelt.“

Tessa Schnepp hat sich bewusst für ein E-Auto gesehen und sieht neben vielen Vorteilen aber auch einen Nachteil in Konstanz: „Ladesäulen ...
Tessa Schnepp hat sich bewusst für ein E-Auto gesehen und sieht neben vielen Vorteilen aber auch einen Nachteil in Konstanz: „Ladesäulen im Industriegebiet sind oft um günstiger, dafür sind sie aber weit weg.“ | Bild: Christina Koppenhöfer

Obwohl es in Konstanz schon viele Ladesäulen gibt, seien diese oft besetzt. Auf ihrem Smartphone prüft sie deshalb die Verfügbarkeit, bevor sie schnell hinfährt. Da sie von Zuhause aus arbeiten kann, funktioniert das. „Für andere Leute, die am Wochenende laden müssen, stelle ich es mir schwierig vor“, überlegt sie. Dazu komme das allgemeine Problem, in der Konstanzer Innenstadt nach Feierabend einen Parkplatz zu finden: „Wenn ich nach dem Laden um 20 Uhr einen Parkplatz suche, ist nichts mehr frei.“

Sie wünsche sich deshalb Anwohnerparkplätze, die speziell für E-Autos zur Verfügung stehen. Auch mehr Schnellladesäulen in der Innenstadt stehen auf der Wunschliste der Masterstudentin. „Die Ladesäulen im Industriegebiet sind oft um einiges günstiger, dafür sind sie aber weit weg. Immer hinzufahren, ist schon zeitintensiv.“

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Kritik an undurchsichtigen Preisen an Ladesäulen

Laden kann Arnd Raeder seine „bequeme Reisekutsche“ aus chinesischer Produktion, die er dank der Kaufprämie vergünstigt kaufen konnte, in seiner eigenen Garage in Litzelstetten. Allerdings nicht an einer Wallbox, der wohl beliebtesten privaten Lademöglichkeit, sondern an einer gewöhnlichen Haushaltssteckdose. Das funktioniert zwar, ist aber sehr langsam. Statt mit 22 Kilowatt wie an einer Ladesäule lädt Raeder hier nur mit circa drei.

Ein Ladevorgang dauert somit eine ganze Nacht. Der Rentner sieht‘s entspannt: „Wir haben die Zeit, und wenn es schnell gehen muss, fahren wir an eine Ladesäule in der Stadt“, erklärt er. Mit dem Konstanzer Ladesäulennetz ist er im Allgemeinen zufrieden. „Die Stadt ist beim Ausbau gut dabei“, lobt er. Was er sich wünscht: mehr Ladesäulen an Lebensmittelgeschäften, sodass man den Gang zum Supermarkt und das Laden besser verbinden kann.

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„Man muss schon immer ein Stück laufen“, gibt er zu bedenken. Ein weiterer Kritikpunkt: die undurchsichtigen Preise an den Ladesäulen verschiedener Anbieter. Er findet: „Das ist alles viel zu kompliziert.“ Dennoch stehen beide hinter der E-Mobilität. Sie sind sich sicher: „E-Mobilität ist zwar nicht perfekt, aber das Beste, was wir haben.“ Ein Zurück zum Verbrenner kommt für sie nicht in Frage.