Die Pressemeldung kam um kurz vor acht Uhr am Mittwochmorgen: Die entscheidenden Worte folgen im letzten Absatz: „Wir sagen deshalb die Fasnachts-Demo am Samstag, den 13. Februar 2021, ab.“ Am Dienstag zeigten die Konstanzer Zünfte große Einigkeit und verurteilten die angekündigte Fasnachts-Disco-Demo der Freidenker durch die Innenstadt als einen „Missbrauch unseres Brauchtums“.
Niederburg-Präsident Mario Böhler wählte diese Worte: „Wir wollen mit diesen Menschen nichts zu tun haben. Das geht gar nicht, was die vorhaben. Diese Corona-Leugner wollen unsere Fasnacht für ihre Zwecke missbrauchen. Dagegen müssen wir uns wehren.“ Die Fasnacht 2021 findet wegen der Pandemie nicht auf der Straße statt – auch hier haben die Zünfte klar Stellung bezogen. Die Demonstration war bereits angemeldet, die Polizei wollte ein genaues Auge auf die Teilnehmer werfen. 120 Menschen sollten teilnehmen.

Organisator Frank Hinkelmann, der sich selbst als kein großer Fan der Fasnacht bezeichnet, begründet die Absage unter anderem mit diesen Worten: „Nachdem vor genau einem Jahr deutschlandweit auch die Narrenvereine die Warnungen vor dem neuen Virus mit den bekannten Folgen ignorierten und noch im Herbst viele Narren am Bodensee auf eine Durchführung ihrer Fasnachtsbräuche mit Hygiene-Konzepten hofften, beabsichtigte die Gruppe Freidenken Konstanz, einen Teil der Fasnacht in Form einer Hygiene-Demo vor dem Lockdown zu retten. (....) Der urdemokratische Gedanke von freien und gleichen Menschen wurde und wird besonders in der Fasnacht in fröhlicher Geselligkeit und freier Rede gelebt. Wann ist es wichtiger als in Krisenzeiten, den Regierenden genau auf die Finger zu schauen und ihnen offen zu sagen, was man von ihren Entscheidungen hält?“
Narren stehen hinter den Maßnahmen
Genau an dieser Stelle ein Zitat aus der Erklärung der Konstanzer Zünfte: „Wir Konstanzer Narren stehen geschlossen hinter den notwendigen Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie. Wir Konstanzer Narren sind uns unserer Verantwortung für die Gesundheit unserer MitbürgerInnen und Mitglieder bewusst. Die reguläre Fasnacht gehört auch für uns Konstanzer Narren uf‘d Gass, aber in diesem Jahr gehen Menschenleben vor.“
Freidenken Konstanz sieht sich als Überwinder einer gesellschaftlichen Spaltung
Weiter schreibt Frank Hinkelmann in der Pressemeldung: „Freidenken Konstanz will die Menschen vor Ort weder verängstigen noch verärgern. Wenn den Narren gemeinsames Singen, Tanzen, Lachen und offene Worte dieses Jahr nicht angemessen erscheinen, akzeptieren wir das. Wir sagen deshalb die Fasnachts-Demo am Samstag, den 13. Februar 2021, ab. Wir freuen uns, wenn wir mit unserer Demo-Ankündigung zur Geschlossenheit der Narrenvereine und Zünfte beigetragen und damit eine Form der gesellschaftlichen Spaltung überwunden haben. Es bleibt zu hoffen, dass das auch anderen Gruppierungen gelingt. Freidenken Konstanz wünscht allen Menschen von Herzen ein baldiges Ende der Pandemie-Krise und das unsere Grundrechte tatsächlich nur vorübergehend aufgehoben sind.“

Andreas Kaltenbach kontert den Worten der Freidenker
Andreas Kaltenbach, Zunftmeister der Blätzlebuebe, hat eine klare Meinung zu den Worten der Freidenker: „Mir fällt dazu nur der Satz von Pipi Langstrumpf ein: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“, sagt er. „Das zeigt doch ihre verschrobene Weltanschauung ganz deutlich.“ Einerseits findet er die Absage natürlich sehr gut, andererseits sagt er auch mit närrischem Unterton: „Vielleicht werden wir den Freidenkern jetzt vor lauter Dankbarkeit einen Brunnen bauen.“
Auch Mario Böhler findet klare Worte
Mario Böhler, Präsident der Niederburg, äußerte sich auf SÜDKURIER-Nachfrage ebenfalls zur abgesagten Demo: „Es zeigt sich, dass, wenn die bürgerlich-demokratische Mehrheit zusammensteht, solche Aktionen keine Chance haben. Ich bin froh, dass unsere fröhlich-bunte Fasnacht durch diese Piraterie nicht in den Schmutz gezogen worden ist. Gleichzeitig macht es mich demütig und stolz, dass ich kleines Rädchen in einer fantastischen Gemeinschaft sein darf: der Konstanzer Fasnacht.“