„Allen wohl – niemand weh. Ho Narro!“ Mit diesen Zeilen unterschreibt die Verwaltung ein Posting auf dem sozialen Netzwerk Facebook, das sie am Freitagabend, 19. Januar, absetzte, und das über das Wochenende über 150 Kommentare gesammelt hat sowie vielfach geteilt wurde.

Der Grund für die Aufregung: Die Stadtverwaltung möchte zur Fasnacht Bollerwagen und Handkarren aus Teilen der Innenstadt haben. Kommuniziert wird die Maßnahme wie ein Verbot – doch laut Verwaltung handelt es sich dabei nur um eine Bitte an die Mäschgerle, Narren und Fasnachter.

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So schreibt die Stadt Konstanz: „Dieses Jahr gilt zur Fasnacht zusätzlich zum schon eingespielten Glasverbot etwas Neues auf der Gass‘: Und zwar bitten wir euch, in den Straßen und Gassen, in denen es besonders eng wird, eure Handkarren und Bollerwägen draußen zu lassen.“ Die Wägen könnten zu Stolperfallen werden, so die Verwaltung. Die Entscheidung sei in der Fasnachtsvorbesprechung mit den Zünften und Vereinen „festgehalten“ worden.

Die „Handwagen-freie-Zone“ erstreckt sich über weite Teile der Konstanzer Altstadt. So gilt die Zone am Obermarkt am Schmotzigen Dunschtig von 10.30 bis 15.30 Uhr, in der Wessenbergstraße auf dem Teilstück zwischen der Zollernstraße und dem Obermarkt, in der Salmannsweilergasse und der Hohenhausgasse.

Bild 1: Konstanz: Straßen-Fasnacht ohne Bollerwagen? Das ist die Karren-freie-Zone
Bild: Schönlein, Ute | Google Earth

In den Gassen würden Schilder aufgestellt, die darauf aufmerksam machen sollen. Wie die Verwaltung nochmals in einer Ergänzung anfügte, geht es in der Maßnahme nicht um Kinderwägen, sondern um die Handwägen, die beispielsweise zum Transport von Musik oder Getränken genutzt würden.

Ob die Verantwortlichen sich mit ihrer Wortwahl und entsprechenden Optiken einen Gefallen getan haben, ist fraglich. Denn durch die Darstellung mit einem durchgestrichenen Wagen als Symbol, die Äußerung im Zusammenhang mit dem Glasverbot und der Bezeichnung „Handwagen-freien-Zone“, die auch durch Schilder ausgewiesen werden soll, erscheint die Maßnahme manchem Konstanzer wie ein Verbot.

Unter anderem mit dieser Optik will die Verwaltung eine „Handwagen-freie-Zone“ kommunizieren. Das sieht weniger nach einer ...
Unter anderem mit dieser Optik will die Verwaltung eine „Handwagen-freie-Zone“ kommunizieren. Das sieht weniger nach einer Bitte, denn nach einem Verbot aus. | Bild: Stadt Konstanz/Facebook/Screenshot

Das merkt am Montagmittag auch die Konstanzer Verwaltung und ändert den Post entsprechend ab. Darin heißt es dann beispielsweise ergänzend: „Unsere Bitte vom Freitag hat für Verunsicherung gesorgt. Das tut uns leid.“ An der Maßnahme hat sich inhaltlich jedoch auch am Montag nichts geändert.

Kein Verbot, sondern eine Bitte

Auch unter einem der dutzenden Kommentare rudert die Verwaltung zurück und stellt klar, dass es sich nicht um ein Verbot handelt. So ist in den Kommentaren zu lesen: „Fragen wir lieber mal nach der Rechtsgrundlage und was passiert, wenn ich das Bollerwagendurchfahrtsverbot missachte? Gibt‘s dann 1 Punkt im Tikitakaland?“

(Archivbild) Handkarren dieser Art möchte die Verwaltung nicht in Teilen der Innenstadt sehen.
(Archivbild) Handkarren dieser Art möchte die Verwaltung nicht in Teilen der Innenstadt sehen. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Die Verwaltung antwortet damit, dass es nicht immer um Rechtsgrundlagen gehe. Und weiter: „Das ist eine Bitte aus der Fasnachtsvorbesprechung. Achtet einfach drauf und wenn‘s doll voll ist, schaut, dass ihr Wägen raus lasst. Und nein, es geht nicht um Kinderwägen.“ Ob es für ein Verbot überhaupt eine rechtliche Grundlage gegeben hätte, bleibt offen. Die allermeisten Kommentare anderer Nutzer schienen wohl ebenfalls aufgrund des Kommunikationsstils von einem Verbot auszugehen.

Auf Nachfrage des SÜDKURIER stellt die Verwaltung noch einmal klar: „Es ist kein Verbot“, so Pressesprecherin Anja Fuchs. Auch präzisiert man die Angaben der Orte und Zeiten: „Am Obermarkt ist zur Fasnacht nur rund um das Tribunal am Schmotzigen so viel los, dass das Durchkommen schwierig wird. Deshalb sind hier die Zeiten genannt. Für alle anderen genannten Straßen und Gassen gilt: Dann, wenn es während der Fasnacht zu eng wird.“

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Danach gefragt, ob Verstöße geahndet werden, heißt es: „Es ist eine Bitte – wer sich nicht dran hält, tut es nicht. Wer schon, dem sei ein Dank ausgesprochen. Es geht hier um Eigenverantwortung und ein gutes Miteinander.“ Die Bitte sei sei eine Anregung des Sicherheitsexperten im Rathaus, „der als Profi gemeinsam mit dem Bürgeramt auf die Fasnacht schaut“.

Gegenwehr nicht nur in den sozialen Netzwerken

Neben den Nutzern auf Facebook ist wohl auch die FDP Konstanz von einem Verbot ausgegangen. So schickt die Fraktion am Sonntag eine Pressemitteilung „zum städtischen Leiterwagenverbot in einigen Straßen der Stadt während der Fasnacht“. Darin fordert die FDP eine Rücknahme des Verbots für Bollerwagen in Teilen der Innenstadt während der Fasnacht.

Die Konstanzer FDP will mehr Freiheit für die Narren sehen. „Gerade die Konstanzer Fasnacht lebt schon immer von der Eigenverantwortung der Narren. Als Stadtgemeinschaft dürfen wir zurecht stolz auf diesen gelebten Vorsatz sein“, lässt sich Vorstandsmitglied und Gemeinderat Dr. Frank Hoffmann in der Pressemitteilung zitieren.

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Einige Narrenvertreter sind nicht begeistert

Auch aus den Reihen der Narren kommt bereits Gegenwehr. So empfindet es Arthur Bruderhofer, Präsident des Konstanzer Narrenvereins Schneckenburg, als fragwürdig, die Maßnahme wie ein Verbot aussehen zu lassen. „Auf den ersten Blick ist es ein Verbot, erst dann erkennt man die Bitte“, so der Präsident auf SÜDKURIER-Nachfrage.

Allgemein halte er für problematisch, im Moment bei solchen Dingen mit Verboten zu arbeiten. „Das ist genau das, worauf das Volk sehr sensibel reagiert“, so Bruderhofer. Er selbst fände es wichtig, die Unabhängigkeit der Fasnacht zu wahren. Die Art und Weise der Kommunikation sei wenig feinfühlig. Er stellt allerdings klar, dass er das Thema im Kern sogar verstehen könne. In den vergangenen Jahren habe es mit den Kärrele in der Innenstadt Übermaß angenommen, stellt er fest.

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Schwierig finde er aber auch die Aussage, dass die Entscheidung mit den Zünften und Vereinen festgehalten worden sei. Er könne sich zwar erinnern, dass es in einer Besprechung kurz zur Sprache kam, aber eine richtige Abstimmung mit ihm als Schneckenburg-Präsident habe es ebenso wenig gegeben, wie eine qualifizierte Kommunikation zu dem Thema. Er selbst habe – wie viele andere – über Facebook davon erfahren.

Die Verwaltung gibt dazu auf SÜDKURIER-Nachfrage an, dass das Thema in einer Austauschrunde vorgestellt worden sei und dabei auf Verständnis stieß. Es habe keine Einsprüche gegeben. Eingeladen wurde in einem großen Verteiler, zahlreiche Zünfte und Vereine seien der Einladung gefolgt.

Kreative Schaffenskraft darf nicht beeinträchtigt sein

Patrick Böhler, Präsident der Gemeinschaft der maskentragenden Zünfte und Vereine, erklärt auf Nachfrage, er habe ebenfalls aus sozialen Netzwerken davon erfahren. Er sei in der letzten Sitzung nicht dabei gewesen, habe aber gehört, dass das Thema dort angesprochen worden war. Als er jedoch davon habe erfahren habe, habe ihn das dennoch irritiert. „Die Kommunikation war unglücklich“, meint er.

Patrick Böhler findet zwar, dass die Kommunikation nicht gelungen war, zeigt aber auch Verständnis. Er sagt: „Die Stadt ist ...
Patrick Böhler findet zwar, dass die Kommunikation nicht gelungen war, zeigt aber auch Verständnis. Er sagt: „Die Stadt ist erpicht darauf, dass keine Risiken für die Mäschgerle da sind. Man sieht ja, dass es oft voll ist.“ | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Einerseits gehe er inhaltlich bei dem Thema mit, denn es sei im Interesse aller, dass beispielsweise Rettungskräfte gut in die Innenstadt kommen. „Die Stadt ist erpicht darauf, dass keine Risiken für die Mäschgerle da sind. Man sieht ja, dass es oft voll ist“, so Böhler.

Negativ sei für ihn neben der Kommunikation aber auch, wenn nun die Kreativität leide. Denn oft gäben die die Wägelchen den Häsern den letzten Schliff. Die Maßnahme dürfe kein Einschnitt in die Schaffenskraft der Narren sein, so Böhler abschließend.

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