Die Architekturexperten fanden Anfang Dezember 2023 kritische Worte im Beirat für Architektur und Stadtgestaltung – und zwar bei gleich drei Bauvorhaben in Konstanz. In allen Fällen forderten die Beiräte Nachbesserungen. Der SÜDKURIER hakt nun nach, wie es weitergeht.
1. Nachverdichtung im Gerhart-Hauptmann-Weg
Hier plant die BHS Städtebau Bodensee/Hegau, ein fünfstöckiges Haus zwischen zwei bestehende Wohnhäuser zu setzen. Vorgesehen sind günstige Wohnungen für Pflegekräfte. Anwohner finden die Pläne überdimensioniert, fürchten um Probleme mit Grundwasser und um Bäume und Spielwiese.
Der Gestaltungsbeirat begrüßt hier zwar Nachverdichtung, aber nicht in diesem Umfang. „Zwischen den dann dicht gestaffelten Zeilenbauten entstehen kaum nutzbare Restflächen. Die ausladende Tiefgarage sorgt für eine großflächige Versiegelung“, heißt es im Protokoll zur Sitzung.

Der Beirat empfiehlt zu untersuchen, ob statt des fünfstöckigen Gebäudes eher ein quergestelltes oder punktförmiges Haus sinnvoll ist und ob auf ein Tiefgaragengeschoss verzichtet werden kann.
Thomas Fröhlich, Geschäftsführer von BHS Städtebau Bodensee/Hegau, ist nicht begeistert von den Einwänden der Anwohner und des Gestaltungsbeirats. „Es gibt immer Proteste, egal, wo gebaut wird. Aber jeder weiß, wie dringend Wohnungen gebraucht werden, vor allem in diesem Preissegment“, sagt der Geschäftsführer.

Der BHS-Aufsichtsrat werde Ende März entscheiden, ob die Pläne im Gerhart-Hauptmann-Weg weiterverfolgt werden. Denn schon im Dezember sagte Fröhlich: „Wir setzen Vorhaben nur dann um, wenn unter dem Strich die schwarze Null steht, und das ist auch nicht verhandelbar. Wenn wir drauflegen müssen, ist das Projekt vom Tisch.“
Unterstützung erhalten die Anwohner nun von der Freien Grünen Liste (FGL). Die Fraktion möchte das Bauvorhaben auf die Tagesordnung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) des Gemeinderats gesetzt wissen. Ein mögliches Szenario könnte sein, dass für das Areal ein Bebauungsplan aufgestellt wird und das Baugesuch bis zu dessen Verabschiedung zurückgestellt wird.

Das wiederum würde den Neubau deutlich verzögern. Thomas Fröhlich sieht zumindest diesen Aspekt gelassen: „So teuer, wie Bauen derzeit ist, haben wir es mit dem Neubau gar nicht eilig.“
2. Neubau auf dem Wollmatinger Löwen-Areal
Auch für die Wollmatinger Ortsmitte haben die Investoren und ihr Architekt Pläne vorgelegt, die dem Gestaltungsbeirat zu groß dimensioniert waren. Der Entwurf des Allgäuer Architekten Moritz Halder als Ersatz für das abzureißende Gasthaus Löwen nehme nicht genug Rücksicht auf das sensible Gebiet im Ortskern, monierten die Experten im Gremium.
An dieser Stelle wollten die Bauherren Raphael Huber und Markus Renz von R&H Baukonzept aus Singen drei große Häuser mit jeweils drei Stockwerken plus Satteldach mit Gaupen errichten, 62 Wohnungen sind dort geplant. Die Architekturexperten im Gestaltungsbeirat machten aber deutlich, dass hier nicht alles gebaut werden sollte, was rechtlich möglich ist.

Auch an den unruhigen Fassaden und der Lage der Tiefgarage hatten sie einiges auszusetzen. „Eine Wiedervorlage zur Beurteilung der städtebaulichen Setzung, des Gestaltgedankens und der Materialität an dieser relevanten ortsbaulichen Situation wird empfohlen“, heißt es im Protokoll der Sitzung.
Im ersten Moment waren die Bauherren und ihr Architekt enttäuscht und konnten nicht gleich sagen, ob sie weiter Interesse an der Bebauung des Geländes haben, das R&H Baukonzept für 2,02 Millionen Euro ersteigert hatte.
Inzwischen ist diese Frage geklärt: Architekt Moritz Halder und seine Kollegen überarbeiten derzeit ihren Entwurf, wie Halder auf Nachfrage bestätigt. Der Bauherr wolle eine für alle verträgliche Lösung. Sobald die Pläne stehen, sollen sie erneut im Gestaltungsbeirat präsentiert werden.
3. Vier Mehrfamilienhäuser an der Sonnenbühlstraße
Nahe dem Hockgraben soll ein mehrere hundert Jahre alter Hof abgerissen und durch vier Mehrfamilienhäuser mit Flachdach ersetzt werden; geplant ist außerdem eine in den Hang gebaute Tiefgarage. Auch hier waren die Mitglieder des Gestaltungsbeirats mit einigen Punkten nicht glücklich.
Sie betrafen die Stellung der Häuser, die in die nahe Grünschneise ausstrahlen, das noch nicht vollständige Verschwinden der Tiefgarage im Hang und den Abstand der neuen Gebäude zu vorhandenen Bäumen.

„Natürlich setzen wir uns nochmal dran“, sagt jetzt der zuständige Architekt Christoph Biehler. „Wir überlegen derzeit mit dem Bauherrn, was an dieser Stelle sinnvoll ist.“ Seinem Büro wird von der Stadt in Aussicht gestellt, dass Abweichungen vom alten Bebauungsplan aus dem Jahr 1966 und den dort festgesetzten Baugrenzen möglich sind. „Die damaligen Baufenster sind nicht mehr zeitgemäß“, sagt Biehlers Kollege Ralf Weith.
Dies wiederum rief die Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad auf den Plan. Deren Vorsitzender Sven Martin hält die Pläne für zu groß, auch Stadtrat Peter Müller-Neff (FGL) äußerte sich ähnlich.

Doch Architekt Christoph Biehler stellt nun gegenüber dem SÜDKURIER klar: „Es geht hier um barrierefreien Geschosswohnungsbau und nicht um Luxuswohnen für Reiche.“ Auch dieses Vorhaben wird nach der Überarbeitung erneut im Gestaltungsbeirat präsentiert. „Aber nicht gleich in der kommenden Sitzung im Februar“, so Biehler. „Wir brauchen noch etwas mehr Zeit.“