Konstanz ist nicht Kornwestheim, Titisee-Neustadt oder Freiburg. Anders als in Konstanz gibt es Autokinos in diesen Städten und Gemeinden bereits oder sie entstehen gerade. Die Idee vom Filmschauen aus dem Auto erlebt dank der veranstaltungsarmen Corona-Zeit deutschlandweit eine Renaissance.

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Die Menschen in Konstanz müssen sich dagegen gedulden, obwohl es bereits Ideen zur Umsetzung gibt, die weit über das Zeigen von Filmen hinausreichen.

In Kornwestheim (Landkreis Ludwigsburg) bereits seit Wochen möglich, in Konstanz noch Zukunftsmusik: Ein Autokino als Alternative zum ...
In Kornwestheim (Landkreis Ludwigsburg) bereits seit Wochen möglich, in Konstanz noch Zukunftsmusik: Ein Autokino als Alternative zum veranstaltungsarmen Sommer. | Bild: Matthias Hangst

Die Stadtverwaltung beruft sich bei ihrem vorläufigen Veto auf eine gemeinsame Linie des Landkreises. Dessen Gemeinden seien sich einig, „dass die Idee eines Autokinos zwar charmant ist, aber mit erheblichen Schwierigkeiten und Risiken in der Umsetzung behaftet ist“, teilt Walter Rügert, Pressesprecher der Stadt, mit.

Veto verwundert die Veranstalter

Xhavit Hyseni wundert sich darüber. Die Veranstaltungsagentur Kokon Entertainment, die er gemeinsam mit Dieter Bös führt, würde mit weiteren Partnern gerne zeitnah ein Autokino in Konstanz auf den Weg bringen. Denn Hyseni geht nicht davon aus, dass 2020 größere kulturelle Veranstaltungen stattfinden werden.

Xhavit Hyseni, Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur Kokon Entertainment.
Xhavit Hyseni, Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur Kokon Entertainment. | Bild: Giovanni_Proietto

„Damit den Menschen in diesem Ausnahmezustand nicht die Decke auf den Kopf fällt, würde ich gerne etwas dagegen tun“, erklärt er. In anderen Gemeinden in der Region sei man deutlich offener. So hänge der Start eines Autokinos in Villingen-Schwenningen, wo Kokon ähnliche Pläne verfolge, nur noch an der Frage des geeigneten Ortes.

In Konstanz habe die Agentur Mitte April bei der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) angefragt. Diese bezog sich in einer schriftlichen Absage lediglich auf die landkreisweite Regelung. Zudem suchte das Medientechnik-Unternehmen A2R:Media, mit dem Kokon zusammenarbeite, Ende März wegen der Idee eines Autokinos Kontakt zu Oberbürgermeister Uli Burchardt.

Oberbürgermeister hält die Idee für „wirklich sehr originell“, rät aber vorerst vor Umsetzung ab

Der E-Mail-Schriftwechsel liegt dem SÜDKURIER ebenso vor wie der zwischen Kokon und MTK. Burchardt bedankte sich für „die schöne Idee“, die er für „wirklich sehr originell“ halte. Dennoch riet er angesichts „vieler ungeklärter rechtlicher Fragen“ von einer Umsetzung ab. Sachlich-rechtliche Begründungen sei den Veranstaltern bislang nicht mitgeteilt worden.

Stadt hat Bedenken hinsichtlich Sicherheit und Hygiene

Diese liefert der städtische Sprecher Walter Rügert auf Anfrage: „Man möchte keinen zusätzlichen Treffpunkt schaffen, bei dem es zu derzeit nicht zulässigen Ansammlungen kommt.“ Kritisch bewertet würde beispielsweise die Frage der Toiletten. Diese würden zwangsläufig von vielen Besuchern benutzt. „Die Hygienevorgaben können dort nur bedingt eingehalten werden,“ sagt Rügert.

Zudem könne nur schwer kontrolliert werden, ob in den Autos maximal zwei oder in einem Haushalt lebende Personen sitzen. Die Stadt wolle, wenn sich an der aktuellen Corona-Lage etwas ändere, das Thema „bei Bedarf Mitte Mai neu bewertet“ sagt Rügert noch. Wobei ohnehin keine konkrete Anfrage oder ein Konzept vorliege.

Veranstalter will Bedenken der Stadt ausräumen

Weil, so entgegnet Xhavit Hyseni, ihm und seinen Partnern dazu nicht die Möglichkeit geben worden sei. Die Ideen jedenfalls liegen vor. Dabei wird auch das Thema Sicherheit und Hygiene aufgegriffen. Entsprechende Fachleute haben laut Hyseni bestätigt, dass die aktuellen Vorschriften eingehalten werden können. So würde es rein elektronische Tickets geben, die entweder online auf das Smartphone übertragen oder ausgedruckt und danach durch die offene Fensterscheibe kontaktlos erfasst würden.

So würde das nach Vorstellungen von Veranstalter Xhavit Hyseni auch in Konstanz funktionieren: Mitarbeiter kontrollieren die ...
So würde das nach Vorstellungen von Veranstalter Xhavit Hyseni auch in Konstanz funktionieren: Mitarbeiter kontrollieren die elektronischen Tickets kontaktlos durch die Fensterscheibe. | Bild: Lars Baron

„Auch für die sanitären Anlagen haben wir im Austausch mit anderen Veranstaltern von bereits betriebenen Autokinos eine schlüssige Idee konzipiert, die alle Hygienevorschriften berücksichtigt“, sagt Xhavit Hyseni. Auch an Besucher ohne Auto sei gedacht: „Unsere Partner aus der Branche der Autovermietung leiden ebenfalls unter der Krise und haben die meisten ihrer Autos ungenutzt vor dem Laden stehen. Sie würden deshalb ein Kontingent zur Verfügung stellen.“

Filme, Konzerte, Theater, Gottesdienste und vieles mehr

Ein klassisches Autokino mit reinem Filmprogramm, wie man sie aus den USA der 60er-Jahre kennt, habe Kokon nicht im Sinn. „Denkbar ist alles, was auf einer Bühne stattfinden kann, also auch Konzerte, Theater, Gottesdienste und vieles mehr“, sagt Hyseni.

In Hildesheim (Niedersachsen) hat Pfarrer Hans-Günter Sorge die Besucher eines Autokino-Gottesdiensts, der an Ostern stattfand, gesegnet.
In Hildesheim (Niedersachsen) hat Pfarrer Hans-Günter Sorge die Besucher eines Autokino-Gottesdiensts, der an Ostern stattfand, gesegnet. | Bild: Moritz Frankenberg

Um eine Überschreitung des Lärmschutzes müsse man sich keine Gedanken machen, der Ton wird in Autokinos über die Radiofrequenz übertragen. Auch ein Live-Stream nach Hause sei „ohne Probleme möglich“, meint er.

Autokino als Weg aus der Krise?

Unternehmer Xhavit Hyseni hat auch wirtschaftlich Interessen an Alternativen. Das Campus Festival an der Universität, das er über eine gemeinnützige Firma organisiert, fällt dieses Jahr ebenso aus wie das geplante Open Air der Toten Hosen im Bodenseestadion.

Hyseni betont jedoch, dass vom Autokino nicht nur er und Kokon profitierten. „Wir wollen mit hiesigen Firmen zusammenarbeiten“, sagt er. Neben A2R:Media wolle man mit einem Konstanzer Kino-Betreiber zusammenarbeiten. „Solch ein Event kann dazu beitragen, etliche lokale Unternehmen und Kulturschaffende durch die langanhaltende Krise zu bringen“, argumentiert Hyseni.

In Köln spielte die Rockband Brings Mitte April ein Livekonzert in einem Autokino.
In Köln spielte die Rockband Brings Mitte April ein Livekonzert in einem Autokino. | Bild: Rolf Vennenbernd

Fraktionen im Gemeinderat befürworten die Autokino-Idee

Nicht zuletzt deshalb wurde auch die Politik aufmerksam auf die Idee. So hatten zunächst die Gemeinderatsfraktionen von FDP und Jungem Forum Konstanz (JFK) ein gemeinsames Schreiben an Oberbürgermeister Uli Burchardt gerichtet, in dem sie um Unterstützung für das Projekt werben. Über alle anderen Fraktionen hinweg hat es nach Information des SÜDKURIER inzwischen Fürsprecher gefunden.

In der kommenden Gemeinderatssitzung am 7. Mai könnte man sich fraktionsübergreifend an die Stadtverwaltung wenden – und damit genau eine Woche bevor diese nach eigener Auskunft die Situation „bei Bedarf“ neu bewertet.