Es brodelt in Wollmatingen, möglicherweise mehr denn je. Die Gemeinderatssitzung, in der der Wunsch auf einen eigenen Ortschaftsrat für die alte Gemarkung Wollmatingen weggewischt wurde, ist unvergessen für all jene, die anwesend waren; manche Aussagen von Stadträten haben die Bürgerinnen und Bürger nicht verziehen.
Sind sie jetzt mundtot? Nein. Eine Gruppe engagierter Wollmatinger, allen voran Klara Trummer, macht mobil und formiert sich zur Initiative. Ihre Mission? Ein eigener Ortschaftsrat. Eine unmögliche Mission? Die Schlappe wollen die Einwohner der einstmalig selbstständigen Gemeinde Wollmatingen nicht auf sich sitzen lassen.
„Aus den Stellungnahmen der Verwaltung und auch aus Äußerungen vieler Räte war unschwer zu erkennen, dass sie das Anliegen der Bürger, das mit mehr als 800 Unterschriften untermauert wurde, bereits grundsätzlich ablehnen“, erinnert Klara Trummer als Rednerin bei einer Informationsveranstaltung der Initiative Wollmatingen vor etwa 70 Interessierten. „Nicht einmal die Prüfung des Sachverhalts wollte man beschließen“, so Trummer weiter.
Sie kämpfen weiter für einen Ortschaftsrat
Und für die Etablierung eines eigenen Ortschaftsrates wollen sie sich weiterhin einsetzen, denn nach sechs Monaten kann ein Thema erneut vom Gemeinderat behandelt werden. Mit welcher Legitimation die Initiative antritt? „Wir brauchen keine Legitimation“, stellt Klara Trummer fest. „Niemand kann uns verbieten, uns zu versammeln und uns zu engagieren.“
Letztlich wollten sie erwirken, ein von den Bürgern gewähltes und damit legitimiertes Gremium namens Ortschaftsrat zu bekommen. Dann hätte der stetig wachsende Stadtteil Wollmatingen – schließlich soll das Neubaugebiet Hafner auch noch realisiert werden – Mitspracherecht in Angelegenheiten, die ihre Gemarkung betreffen, so Trummer.

„Es ist, als wäre Wollmatingen ein Furunkel“, sagt Horst Oehri, der als interessierter Bürger zu dem Treffen gekommen ist, im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „In der Stadt werden Dinge entschieden, wo die Ortsansässigen nicht verstehen und sich nicht vertreten fühlen.“
Oehri gesteht ein, dass die Wollmatinger Bürger zum Teil selbst schuld seien, weil sie nicht schon früher ihre Stimme erhoben hätten. Aber: „Es ist wie in einer Ehe. Es sind die vielen kleinen Dinge, die einem nicht passen, aber die man herunterschluckt. Aber irgendwann läuft das Fass über.“
Was ärgert die Wollmatinger denn?
Klara Trummer hat in ihrem Vortrag die wesentlichen Punkte zusammengefasst, die eben jenes Fass offenbar zum Überlaufen gebracht haben. „In der Kindlebildstraße wurde der Kanal saniert, im Engelsteig wurde die Straße ebenfalls aufgerissen. Aber eine Fortführung der beschlossenen Abschnitte des Verkehrskonzeptes Wollmatingen fand nicht statt“, so Trummer.
Außerdem werde extrem nachverdichtet, wobei die Bürger keine klare städtebauliche Linie erkennen könnten. Auch Bäume fielen den Bautätigkeiten zum Opfer. „Bäume in Wollmatingen sind wohl nicht so viel wert wie der Turnschuhbaum in der Stadt“, formuliert Klara Trummer.
Es tut sich viel in Wollmatingen
Dass im Wollmatinger Ortskern ortsbildprägende Häuser massiver Wohnbebauung zum Opfer fallen sollten, das kritisieren etliche Anwohner. Klara Trummer verweist auf die Struktur- und Entwicklungsanalyse zum Bebauungsplan Ortsmitte Wollmatingen. Hierin heiße es, Ziel solle die Stärkung und der Erhalt des Ortsbilds und damit auch der ortsbildprägenden Gebäude sein. Auch werde in dieser Analyse darauf hingewiesen, dass gewerbliche und öffentliche Nutzungen anzusiedeln seien, um den Ortskern zu stärken.
Dies „findet sich in den Festsetzungen im bisherigen Entwurf des Bebauungsplanes nicht wieder“, sagt Trummer. In diesem Jahr solle die formelle Beteiligung zu diesem Bebauungsplan erfolgen. „Hier müssen wir gemeinsam darauf hinwirken, dass genau diese festgestellten wichtigen Ziele in dem Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen und der Erhalt der Gebäude gesichert werden kann“, wendet sich Klara Trummer an die versammelten Bürger.
Der Hafner ist nicht unumstritten
Auch das Neubaugebiet Hafner werde Auswirkungen auf Wollmatingen haben. Was Groll erzeuge: „Es wird ein sehr hartes Schwert zur Baulandentwicklung ausgepackt, das das Recht der Enteignung einräumt und bereits vollzogen wird“, formuliert Trummer.
Dann blickt sie in die Zukunft des neuen Stadtteils, auf die Neubürger und den zu erwartenden Verkehr, die zusätzlichen Buslinien und Autos der Bewohner. Trummer hat das Agglo-Programm studiert und sagt: „So wie es aussieht, kommen die Autos dann über die Dettinger, Radolfzeller und Litzelstetter Straße zum Ortskern.“ Bei der Verkehrsplanung würden einige Wollmatinger doch gerne mitreden wollen.
Welche Ziele hat die Initiative?
„Wir wollen nicht der Club der Verhinderer sein“, stellt Klara Trummer klar. „Wir wollen informiert werden und daran mitwirken, wie man gebietsverträglich gestaltet, und zwar verträglich für alle.“ Was die Initiative keinesfalls erneut will: „Dass hinter verschlossenen Türen der Beschluss über den Abriss der Linde beschlossen wird. Es ist das Herz des Dorfes, das verändert wird“, so Trummer.
Mehr als 40 der anwesenden Personen haben an diesem Abend eine Beitrittserklärung zur „Initiative Wollmatingen – Engagement für die Stadtteile Wollmatingen, Fürstenberg, Industriegebiet“ unterschrieben. Auch das Datum für das nächste Treffen interessierter Bürgerinnen und Bürger steht fest: Dienstag, 4. Februar.