Luigi Pantisano konnte viele Menschen in Konstanz für sich gewinnen. Das war im Jahr 2020, damals war der 44-Jährige Oberbürgermeister-Kandidat in Konstanz. Der Linke hätte es beinahe geschafft, eine zweite Amtszeit des amtierenden OB Uli Burchardt (CDU) zu verhindern. Jetzt, im Jahr 2024, hofft der Kreisverband der Linken, immer noch ein wenig von der Bekanntheit Pantisanos zu profitieren.
Denn jetzt ist Die Linke im Kreis Konstanz im Kommunalwahlkampf. Die Mitglieder zeigen sich an Informationsständen gern mit Luigi Pantisano, der schon lange in Stuttgart seine Heimat hat. Sie holen den 44-Jährigen auch zu einer Wahlkampfveranstaltung ins Naturfreundehaus in Konstanz. Seinen Eindruck formuliert er deutlich: In Konstanz geht nichts voran.
In Konstanz sieht er vor allem: Stillstand
Auf zwei Wahlkampf-Plakaten der Linken sind Sprüche zu lesen wie: „Weil die Stadt allen gehört!“ und „Menschenrechte verteidigen. Immer.“ Vor diesen spricht Pantisano. Er spricht den Stillstand an, den einige kritisieren. Er bestärkt auch folgende Auffassungen: Die Stadt kümmere sich intensiver um Touristen als um Einheimische und die Politik setzte sich oft über die Wünsche der Bürger hinweg. Diese wollten nämlich unter anderem mehr Grün in der Stadt und mehr Sitzgelegenheiten.
Luigi Pantisano ist sich sicher, dass durch sein Wirken andere vor Ort motiviert wurden, in die Kommunalpolitik einzusteigen. „Ich habe durch den Wahlkampf viele Menschen politisiert. Ich habe Menschen angeregt, zu kandidieren.“ Sie fänden sich jetzt auf den Listen der Grünen oder des Jungen Forums wieder. Einige Gesichter des Jungen Forums sind dann auch bei der Wahlkampfveranstaltung der Linken zu sehen.
Nicht gewählt, weil Konstanz keine Veränderung will?
Sie erleben einen Luigi Pantisano, dem es leicht fällt, zu zeigen, dass sich in Konstanz wenig bewegt. Denn viele Themen, die er damals bearbeitete, sind bis heute aufgeschoben oder nicht gelöst. Das ist laut Pantisano kein Zufall: „Uli Burchardt wurde gewählt, damit alles so bleibt, wie es ist.“
Er selbst sei nicht gewählt worden, weil den Menschen der Mut für Veränderungen fehlte. Da ist zum Beispiel der Verkehr in der Innenstadt. Schon damals wurde über einen autofreien Stephansplatz diskutiert und schon damals wurden die Verkehrskadetten infrage gestellt, die an Spitzentagen den Verkehr regeln. Luigi Pantisano sagt: „Ich habe darauf gewartet, dass etwas passiert.“
Stattdessen baue Konstanz noch immer auf die alten Rezepte, auf die Kofferraum-Kunden, auf Parkplätze am Stephansplatz und die Wegweisung durch die Kadetten. Für ihn ist das Verharren im Alten nichts anders als „Hinhaltetaktik“. Dabei bekäme der Einzelhandel viel mehr Umsatz, wenn der Stephansplatz frei geräumt würde, und sich die Menschen dort wohl fühlen könnten.
Unternehmen und Touristen sollen mehr fürs Parken zahlen
Im Rückgriff auf seine damalige Kampagne sagt Pantisano: „Ich hätte Konstanzer gern befähigt, die Stadt mehr selbst zu gestalten.“ Die Konstanzer Stadträtin Anke Schwede spricht sich für eine sozial verträgliche Verkehrswende aus mit einer Nahverkehrsabgabe für Unternehmen, gemäßigten Parkpreisen für Anwohnern und kräftigen Aufschlägen für parkende Touristen. Stadtrat Holger Reile sagt, Konstanz solle wie Radolfzell und Kreuzlingen das Busfahren erschwinglich machen. „Doch es fehlt die entsprechende Mehrheit.“
Auch bei der Wohnungspolitik habe sich wenig getan, sagt Pantisano. Es sei falsch, den Privaten das Feld des Wohnungsbaus zu überlassen, so entstünden allenfalls Hochpreiswohnungen wie am Laubenhof und im Telekom-Hochhaus. „Vier Jahre später und wir sind keinen Millimeter weiter. Wir bräuchten doch jetzt etwas und nicht erst in 10 bis 15 Jahren.“

In Sachen Wohnungspolitik sagt Pantisano aber auch: Ohne bessere Rahmenbedingungen von Bund und Land werde das Problem nicht in den Griff bekommen zu sein. Er meine damit etwa einen Mietendeckel. Für diesen machen sich die Konstanzer Linken stark. Bei der Veranstaltung liegen Unterschriftlisten aus für den Volksantrag „Mieten runter“ in Baden-Württemberg. Sie fordern ein Landesgesetz mit dem Ziel: sinkende Wohnungsmieten, mehr Sozialwohnungen, Bekämpfung der Wohnungslosigkeit sowie des Leerstands und vorrangiger Bau von Wohnungen durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft.

In Stuttgart läuft es nicht so anders als in Konstanz
Pantisano, der im Stuttgarter Gemeinderat in einer Fraktion aus Linken, Bündnis Ökologisch-Sozial, Piraten- und Tierschutzpartei sitzt, sieht auch Parallelen. In der Landeshauptstadt wie in Konstanz gelte: „Es wird um jeden Parkplatz gestritten.“ Im Unterschied zu Konstanz sei Stuttgart eine reiche Stadt. Auch parteipolitisch unterscheide sich Stuttgart von der Stadt am See. In Konstanz sei es möglich, mit der CDU gemeinsam auf die Straße zu gehen, etwa gegen die Abschiebung eines Mannes aus Nigeria. „In Stuttgart geht das nicht.“
Dort wollten die Christdemokraten Flüchtlingskinder aus den Schulen nehmen und digital sowie zentral unterrichten lassen. In Stuttgart werde er aus FDP-Kreisen auch gern mal als „Maulwurf“ beschimpft, den es „aus der dreckigen linken Ecke“ zu entfernen gelte.
Aggressive Stimmung im Netz greift immer weiter um sich
Grundsätzlich sei die aggressive Stimmung auch im Wahlkampf zu spüren. Menschen, deren Stimmung durch Internet-Diskussionen ohnehin aufgeheizt sei, würden immer mutiger. „Wir sind erst am Anfang dieser Entwicklung.“ Erst treffe es Flüchtlinge, dann Arme, Linke, dann auch Vertreter anderer Parteien. Ein Warnsignal sei für ihn, dass Unternehmer sabotiert würden, weil sie vegane Angebote unterbreiten.
Viele in Konstanz kennen Luigi Pantisano. Er ist oft in der Stadt zu sehen. Hält er sich ein Türchen auf, hier wieder Politik zu machen? Er betont mehrfach: Das Kapitel Konstanz sei für ihn abgehakt: „Ich kandidiere nicht nochmal.“ Seine Heimat sei Stuttgart.
Der Redner
Der Architekt und Stadtplaner Luigi Pantisano war Quartiersmanager in Konstanz. Seit 2016 engagiert er sich als Stadtrat im Stuttgarter Gemeinderat. Im Jahr 2020 war er Konstanzer OB-Kandidat. Im ersten Wahlgang hatte er knapp die Nase vor dem amtierenden OB Uli Burchardt. Im zweiten Wahlgang wurde dieser allerdings im Amt bestätigt. Für Burchardt stimmten 49,5 Prozent der Bürger. Luigi Pantisano bekam 45,1 Prozent der Stimmen. Auf Andreas Matt entfielen 5,1 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,4 Prozent. (rin)Das lesen Sie zusätzlich online
Auch die CDU Allensbach organisierte Wahlkampfhilfe aus Stuttgart: