Für den Konstanzer Landmarkt scheinen die Tage gezählt. „Wir sind kurz davor, dass wir aufhören müssen“, sagt Inhaber Günther Stich. Er suche händeringend einen Nachfolger für das Lebensmittelgeschäft im Stadtteil Königsbau. Doch die Bemühungen seien bisher erfolglos.
Seine Kunden wissen, dass das Ende des Supermarktes absehbar ist, sagt der Inhaber gegenüber dem SÜDKURIER. Das Thema beschäftigt ihn sichtlich. „Das ist schon mein Herzblut, aber ich bin bald 70“, sagt Stich. Irgendwann sei die Kraft eben am Ende.
Dieses Schicksal beobachtet er bei vielen, besonders kleineren Läden, auch in Konstanz. „Es wird aussterben“, sagt Stich deutlich. Seit 21 Jahren mache er das. Der Landmarkt besteht an diesem Standort schon in seinem neunten Jahr, seit 2016.
Das Geschäft mit dem Charakter eines Tante-Emma-Ladens ist für viele Einwohner des Stadtteils nicht nur ein Ort zum Einkaufen, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. Besonders für Ältere sei das wichtig. Stich sieht den Nahversorger auch als soziale Aufgabe. Die Landmarkt-Gruppe biete neben regionalen Produkten auch viele Praktika an. „Wir haben immer Schüler von Schulen, die es etwas schwerer haben“, sagt er dazu.
Hinzukomme viel Engagement im sozialen Bereich. Stich selbst war jahrelang Fachlehrer bei der Mutpol-Förderschule in Tuttlingen und ermöglichte den Schülerinnen und Schülern Praktika in seinem damaligen Markt in Neuhausen ob Eck. In seinem Büro hat er ausgedruckte Fotos davon.
Laden fürchtete schon einmal das Aus
Die Gedanken über ein mögliches Ende des Landmarkts sind nicht ganz neu. Vor drei Jahren wurde über den möglichen Abriss des Gebäudes im Gestaltungsbeirat der Stadt diskutiert. Daraufhin engagierten sich Bürgerinnen und Bürger, um den Konstanzer Landmarkt und das Restaurant „Meera“ zu erhalten. Mehr als 4000 Unterschriften kamen zusammen, sagt Stich.
Das Gebäude steht heute immer noch zum Verkauf. „Wohn- und Geschäftshaus zum Kauf“, lautet die Überschrift einer Anzeige im Online-Portal immowelt.de. Der Preis liegt bei 3,4 Millionen Euro. In der Anzeige wird beschrieben, dass sich das Areal „sowohl als Anlageimmobilie als auch als Neubauprojekt“ eigne. Darüber habe bereits „ein Austausch mit der Stadt Konstanz, dem Gestaltungsbeirat und den Bürgern des Stadtteils stattgefunden“, ist zu lesen.

Der Abriss ist also nicht vom Tisch. Für das Gebäude besteht trotz seiner Geschichte und Bedeutung für den Stadtteil kein Denkmalschutz. „Aufgrund der starken Veränderungen – bezogen auf die Gebäudegruppe wie auf die Freifläche – ist der materielle Überlieferungsgrad eher gering, weshalb der bauliche Bestand weder als Kulturdenkmal noch als erhaltenswert bewertet ist“, heißt es dazu in der Sitzungsvorlage des Gestaltungsbeirats vom Juni 2022.
Das Anwesen stellte laut Sitzungsvorlage den historischen Kern des Stadtteils Königsbau dar. Und gab dem Stadtteil auch gleich seinen Namen. Eine 1862 errichtete Gaststätte mit großem Biergarten trug den Namen „Zum Königsbau“, benannt nach dem Gastwirt Franz König. Durch den angebauten Festsaal war die Gaststätte ein beliebtes Veranstaltungslokal. Anstelle des früheren Festsaals ist nun ein Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss.
Stadt bevorzugt den Erhalt des Gebäudes
Die Stadt gibt auf SÜDKURIER-Nachfrage an, dass der Erhalt des Gebäudes auch aus Nachhaltigkeitsaspekten „grundsätzlich einem Abbruch und Neubau vorzuziehen“ sei. Wie es mit Supermarkt und Restaurant weitergeht, scheint aber offen. Nach Beratungen im Gestaltungsbeirat wurde gefordert, beides zu erhalten. Dem „dringenden Wunsch der Nachbarschaft“ entsprechend, heißt es von der Stadt. Eine Baugenehmigung gibt es derzeit noch nicht. Der aktuelle Besitzer des Gebäudes wollte sich auf SÜDKURIER-Anfrage nicht äußern.
Die Hoffnung, vielleicht doch noch einen Nachfolger für den Landmarkt zu finden, gibt Stich nicht auf. Er sucht auf mehreren Wegen, hat die Landmarkt-Gruppe, die Stadt und die Handelskammer angesprochen. Die Mühe macht er sich alleine schon für die Kunden und Bewohner des Stadtteils. „Was bleibt dann noch?“, wenn Landmarkt und Restaurant nicht mehr da wären, fragt Stich. Und gibt gleich selbst die Antwort: Das Zentrum des Königsbaus sei dann tot.