Fehlender Geruchs- und Geschmackssinn, depressive Verstimmungen und Erschöpfung bestimmten monatelang den Alltag von Moritz Högemann. Seit März leidet der 19-Jährige an Long-Covid. Inzwischen geht es ihm zwar schon etwas besser, trotzdem hat er „bis jetzt noch Probleme mit den Nachfolgen“, wie er berichtet.

„Nichts schmeckt mehr und alles riecht vergammelt“
Anfang Februar habe er sich mit dem Coronavirus infiziert und zunächst gar nichts gespürt. Auch ein Corona-Schnelltest sei negativ ausgefallen, erzählt der Konstanzer. Erst als er eines Morgens sein Deospray plötzlich nicht mehr riechen konnte, sei er erschrocken und habe sich in ein Krankenhaus begeben. Dort ließ sich Moritz Högemann mittels PCR-Test nochmals auf das Coronavirus testen. Diesmal war das Ergebnis positiv.
Die Corona-Erkrankung an sich sei jedoch gar nicht so schlimm gewesen, erinnert sich der 19-Jährige. Ihm sei es „ganz okay“ gegangen. Erst im März, einige Zeit nach der überstandenen Infektion, seien die „krassen Nachwirkungen“, also Long-Covid, aufgetreten.
Der sonst sehr fitte und sportliche Konstanzer erkannte sich gar nicht mehr wieder: „Alles war extrem anstrengend. Ich war die ganze Zeit erschöpft und konnte keinen Sport mehr machen – und normalerweise trainiere ich jeden Tag“. Kleinste Anstrengungen, wie kurze Strecken mit dem Fahrrad fahren oder morgens aus dem Bett kommen, wurden für ihn schon zur Herausforderung.
„Mein Lebensgefühl hat sich einfach verändert“
Bis heute kämpft Moritz Högemann mit den Folgen der Corona-Erkrankung: „Nichts schmeckt mehr. Bananen und Blaubeeren sind ganz schlimm. Und alles riecht vergammelt, sogar mein eigener Körper. Das ist sehr belastend“, beschreibt er die Situation. Nur teilweise verbessere sich sein Zustand: Er könne nun wieder früher aufstehen. „Und ich gewöhne mich dran, fast nichts mehr zu schmecken“, so der 19-Jährige.
Ein weiteres Symptom, das noch nicht verschwunden ist: „Mein Lebensgefühl hat sich einfach verändert“, sagt er. „Die Dinge fühlen sich anders an als sonst – schwer zu erklären. Man ist durcheinander und kann sich nicht so gut organisieren“. Oft falle es ihm schwer, darüber zu sprechen, weil er befürchte, dass man ihn für faul und unproduktiv halten könnte, erzählt Högemann. „Dabei bin ich ein hochproduktiver Mensch“, betont er.
Jeder dritte Covid-19-Patient leidet an Spätfolgen
Professor Michael Jöbges, Ärztlicher Leiter der Kliniken Schmieder Konstanz, beobachtet Spätfolgen wie die von Moritz Högemann häufig bei Long-Covid-Patienten, wie er im Interview mit dem SÜDKURIER im Mai 2021 erklärte. „Jeder Dritte, der Covid-19 hatte, beklagt Symptome über längere Zeit. Das wissen wir durch Studien. Die häufigsten Symptome sind Verlust des Geschmacksinns und die Ermüdung. Manche haben Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisprobleme, einige sind depressiv. Und nach dem Verlust des Geschmacksinns ist das häufigste Symptom: Fatigue, vorzeitige Ermüdung“, so Jöbges damals.
„Ich hatte keine Lebensfreude mehr“
„Ich hatte keine Lebensfreude mehr“, erinnert sich die 20-jährige Lora Angelova an eine ihrer Corona-Spätfolgen. Die Konstanzerin infizierte sich ebenfalls im Februar mit dem Virus und litt danach an Long-Covid. „Ich bin morgens aufgestanden und musste mich sofort wieder hinlegen. Aufwachen war ganz schlimm für mich“, erinnert sie sich. Die ganze Situation habe sie sehr belastet. „Ich war schon depressiv, das haben auch viele gemerkt.“

Auch Lora Angelova hat ihren Geruchs- und Geschmackssinn verloren: „Essen hat einfach keinen Spaß mehr gemacht, man musste sich richtig dazu zwingen“. Die 20-Jährige erzählt, sie habe deswegen sogar eine Akupunktursitzung wahrgenommen. Dadurch konnte sie wieder besser schmecken und riechen – aber nur kurzzeitig. „Außerdem haben die Nadeln in der Nase sehr wehgetan“, betont sie. Mittlerweile könne sie wieder alles schmecken, außer Minze – obwohl sie die eigentlich früher gerne mochte.