„Die Maßnahmen sind Landeszuständigkeit, aber wir wurden auf vielfache Weise einbezogen“, erklärt Andreas Jung. „Am Dienstag vor der Entscheidung haben wir in der Fraktion mit Kanzlerin, Gesundheitsminister und Experten über genau diese Fragen beraten.“

Andreas Jung (CDU): Wir haben deutlich nachgebessert.
Andreas Jung (CDU): Wir haben deutlich nachgebessert. | Bild: Fricker, Ulrich

Er glaubt fest daran, dass der Lockdown light – ein Begriff, den Jung übrigens nicht gern nutzt, weil es sich für die betroffenen Gastronomen oder Theater nicht „light“ anfühle – funktionieren und im Dezember enden kann.

Unter einer Bedingung: „Es liegt an jedem Einzelnen. Im Frühjahr hatte sich die Lage entspannt, und das kann jetzt auch gelingen – wenn jeder seine Kontakte drastisch reduziert.“ Aber: „Zur Ehrlichkeit gehört dazu, dass niemand eine Garantie geben kann.“

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Dass nun zum Beispiel Gastronomen sagen, wir haben doch nichts falsch gemacht, höre er oft. „Der Sinn der Maßnahmen ist nicht, einzelnen Bereichen die Schuld zu geben, sondern allgemein das Leben herunterzufahren.“

Jung (CDU) will Handlungsunfähigkeit vermeiden

Die Betroffenen seien nicht betroffen, weil sie etwas falsch gemacht hätten. Eher sei der Gedanke gewesen: Was ist vielleicht für einen Monat verzichtbar? Um zu helfen, habe man viele Schulden aufgenommen. „Wenn wir im Laufe des Jahres 2021 nicht über den Berg kommen, kommen wir an die Grenzen unserer Handlungsfähigkeit.“

Als Erfolg wertet Jung, dass Spielplätze, Kitas, Schulen nicht geschlossen wurden und Seniorenheime kein Besuchsverbot auferlegt bekamen. „Mich hatten Konstanzer Kinderärzte und Psychologen intensiv angesprochen. Sie machten mich auf die Folgen in den Familien aufmerksam: von psychischen Problemen über häusliche Gewalt bis Arbeitslosigkeit.“

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Dass Kindergärten, Schulen und Spielplätze diesmal im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr geöffnet bleiben, begrüßt auch die Landtagsabgeordnete Nese Erikli (Grüne).

Erikli (Grüne) appelliert an die Vernunft

Was sagt sie zu den Ängsten, dass der Lockdown länger andauern könnte? „Wir haben es im Frühjahr schon mal geschafft, die erste Welle zu brechen. Das darf man nicht vergessen“, sagt Erikli. „Wenn wir jetzt vernünftig sind und die Welle wieder brechen, dann können wir hoffentlich bald mit Lockerungen rechnen.“

Nese Erikli (Grüne): Zahlen müssen unter 20.000 Neuinfektionen pro Tag.
Nese Erikli (Grüne): Zahlen müssen unter 20.000 Neuinfektionen pro Tag. | Bild: Lena Lux Fotografie & Bildjournalismus

Eines sei jedoch klar: Für die Lockerungen müsse man ganz deutlich von 20.000 Neuinfektionen am Tag wegkommen. „Wir wollen doch alle nicht, dass am Ende entschieden werden muss, wer beatmet wird und wer nicht! Für mich geht der Gesundheitsschutz vor, und dennoch versuchen wir, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten.“

Deshalb entlaste man beispielsweise die Gastronomie, indem 75 Prozent des Umsatzes aus dem vergangenen November übernommen würden. „Und wir haben dafür gesorgt, dass Kitas und Schulen offen bleiben können“, sagt auch die Grünen-Abgeordnete. Sie verstehe die Sorgen der Menschen sehr gut. „Klar ist, die Corona-Pandemie wird uns noch auf die eine oder andere Weise länger beschäftigen. Das Gegenteil zu behaupten, wäre hier nicht aufrichtig.“

Keck (FDP) kritisiert Praxis der Finanzhilfen

Jürgen Keck, der für die FDP im Landtag und damit in der Opposition zu den regierenden Grünen sitzt, ist nicht nur gut auf die Maßnahmen zu sprechen: „Gastronomie, Hotellerie und vielen anderen wird ein Berufsverbot ausgesprochen. Ja, sie bekommen 75 Prozent.“

Jürgen Keck (FDP): Bund und Land haben geschlafen.
Jürgen Keck (FDP): Bund und Land haben geschlafen. | Bild: Scherrer, Aurelia

Aber, wendet er ein, was, wenn der Umsatz gerade im November 2019 aus verschiedenen Gründen nicht so hoch war? Außerdem: „Man darf nicht unterschätzen, was alles mit beispielsweise der Gastronomie zusammenhängt: Vom Blumenhändler über den Getränke- und Gemüsehändler bis hin zur Putzfrau, die kriegen alle nichts.“

Und: Was ist mit Fitnesscentern, in denen auch Gesundheitsprogramme angeboten werden? „Manches an den Maßnahmen ist nur sehr schwer zu vermitteln“, kritisiert Keck. Der Landtagsabgeordnete befürchtet eine Insolvenzwelle 2021. Gleichzeitig werde ihm angst und bange, wenn er die steigenden Infektionszahlen sehe.

„Mich ärgert am meisten, dass offenbar in den vergangenen Monaten geschlafen wurde: Bund und Land wussten, dass die zweite Welle kommt. Sie haben sich nicht darauf vorbereitet“, sagt er. Die Schließungen nun seien die Quittung. Zu den Lockerungen im Dezember sagt er: „Ich glaube, dass die Maßnahmen erst einmal funktionieren.“ Aber: Auf die dritte Welle müssten sich Land und Bund vorbereiten.

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