Auf der Höri herrscht ein ganz besonderes Flair für den künstlerischen Erfolg. War im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts die Halbinsel für den Literaten Hermann Hesse und den Maler Otto Dix aus unterschiedlichen Gründen eine künstlerische Zuflucht, so fielen ab dem letzten Drittel auch zwei Musiker von der Halbinsel Höri auf, die internationale Erfolge feiern konnten.

Die Musiker Florian Schneider von der Elektro-Pop-Kultband Kraftwerk und Daniel Löble von von der Metal-Band Helloween erstürmten ab den 1970er Jahren mit ihren Hits mehrfach die Billboard-Charts in den USA. Nun erobert ein dritter Musiker der Höri erneut die US-amerikanischen Charts. Unter der Rubrik „Digital Song Sales“ landete Sebastian Hirsch aus Moos einen Hit auf dem 67. Platz.

Erfolg hat Hirsch auch in den Vereinigten Staat, doch für die Promotion seiner Musikproduktionen wählte Sebastian Hirsch den Wald des ...
Erfolg hat Hirsch auch in den Vereinigten Staat, doch für die Promotion seiner Musikproduktionen wählte Sebastian Hirsch den Wald des Schienerbergs. | Bild: Sebastian Hisch

Erfolg in den amerikanischen Charts

Unter seinem Künstlernamen „Christ.“ produzierte der Sänger, Musiker und Immobilienmakler mit seiner geschmeidigen Bariton-Stimme den souligen Hit „Change“, berichtet Hirsch, der laut eigener Aussage nicht im klassischen Sinne christlich oder kirchlich religiös ist, aber an eine göttliche Macht glaubt. Daher die Namenswahl.

In dem auf der Höri produzierten Song geht es um spürbare Veränderungen in der Welt. Aber auch um Veränderungen in einem selbst, die auch als Potential für einen Neuanfang angesehen werden könnten.

Dank eines Netzwerks aus befreundeten Sängern weckte der RnB-lastige und vom Gospelchor begleitete Song die Aufmerksamkeit in den USA. Der Erfolg: Ein Eintrag in die Billboard-Charts. Gerade die Rubrik Digital Song Sales der US-Billboard-Charts zeigt, wie die Musikindustrie in Zeiten von Spotify, I-Tunes, Instagram und TikTok funktioniert.

Wer ist Sebastian Hirsch?

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erzählt Hirsch über seine Anfänge und Erfolge als Produzent, Musiker und Sänger. Aber auch darüber, wie er das Opfer eines Betrugs in der Musikbranche wurde.

Seit zehn Jahren ist Sebastian Hirsch als Makler im Immobiliengeschäft tätig. Doch Musik macht er schon von Kindesbeinen an, erzählt er. Im Alter von sechs Jahren habe er mit einem bunten Kassenrekorder auf Hochzeiten und Familienfesten gesungen. Mit 16 Jahren habe er seine ersten Auftritte in einer Band gehabt und ein Training bei einer Gesangslehrerin genommen.

Hirsch wuchs in der Nähe von Waldshut auf, studierte in Freiburg Betriebswirtschaftslehre und machte in der Musik- und Jazzschule ein Nebenstudium, berichtet er. Nebenbei pflegte er noch seine Bandprojekte. „Es war eine wilde Zeit“, sagt Hirsch rückblickend.

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Wie Hirsch zu Christ. wurde

Schon während dem Studium sei ihm bewusst geworden, dass er Musik machen möchte. Nach dem BWL-Studium gründete er in Waldshut sein erstes Musikstudio und mietete dafür eine Fabrikhalle an. „Ich wollte ein Studio eröffnen, um meine eigene Musik zu finanzieren – indem ich andere Künstler produziere“, erläutert Hirsch.

Das habe auch gut funktioniert. Für einen Spottpreis habe er sich die Fabrikhalle angemietet und sie saniert. Dort habe er auch ein Gespür für Räume bekommen, für deren Gestaltung und akustische Optimierung. Die erlangten Kenntnisse im Raumausbau führten ihn über Umwege ins Immobiliengeschäft.

Das Video des Songs „No Religion“ von Christ. wurde auf Youtube über eine Millionen Mal aufgerufen und löste auch eine Debatte aus, da ...
Das Video des Songs „No Religion“ von Christ. wurde auf Youtube über eine Millionen Mal aufgerufen und löste auch eine Debatte aus, da im Video kurz eine Regenbogenflagge zu sehen ist. Sebastian Hirsch erhielt gute Resonanz, er wurde aber auch mit Hassmails angefeindet. | Bild: Sebastian Hisch

Sein Musikstudio hieß „Deer Music and Media Group“ – wobei Deer das englische Wort für den Nachnamen Hirsch ist. Im Studio wuchs eine musikalische Kooperation auf zwölf Personen an. Der Fokus habe auf der Produktion von CDs talentierter Musiker, dem Fotoshooting und der Organisation von Auftritten gelegen – mit einem unerwarteten Nebeneffekt: Die Produktionen seien so erfolgreich gewesen, dass Sebastian Hirsch keine Zeit mehr für seine eigene Musik fand.

Drei Jahre später zog er mit dem Studio nach Bad Säckingen und baute auf 300 Quadratmetern ein doppelt so großes Studio. In der Hochphase seines neuen Studios und mit der Referenz für die Organisation eines sehr erfolgreichen Konzerts des Schweizer Popsängers Jesse Ritch vor rund 1800 Besuchern traute sich Hirsch an größere Projekte, blickt er zurück.

Erster Rückschlag: 100.000 Euro Verlust nach Betrug

Hirsch sagt, er sei dabei auch an einen Tourenmanager geraten, der angeblich mit hochkarätigen Künstlern zusammenarbeitete. Für die Organisation eines vermittelten Konzerts habe er selbst spielend einen Hauptsponsor für die 6600 Personen fassende Baden-Arena in Offenburg gefunden.

20.000 Plakate für das Konzert des hochkarätigen Sängers hätten für eine gute Werbung gesorgt, auch die Medien seien darauf angesprungen. Innerhalb von fünf Wochen sei das Konzert von Sean Paul ausverkauft gewesen. Auch konnten die Vorableistungen geleistet werden.

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Doch dann habe sich herausgestellt, dass dem Tourenmanager das Recht für die Vermarktung des Künstlers fehlte und die Bilder auf dessen Internetseite gefälscht seien. Das Konzert wurde abgesagt. Die Retournagen von 90 Prozent der Tickets und geleisteten Vorabzahlungen, sowie die Gage für den Ersatzkünstler in einer kleineren Halle brachten Hirsch einen Verlust von über 100.000 Euro ein, berichtet er.

Inzwischen sei der Tourenmanager verurteilt und mit einem Titel belegt worden, erzählt Hirsch. Doch durch die Berichterstattung sei letztlich auch der Ruf seines Studios beschädigt worden. Zwei Jahre lang hatte er das Studio noch halten können, dann verkaufte er das Equipment und fing schweren Herzens neu an.

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Umzug an den Bodensee und Erfolg in den USA

2014 zog er an den Bodensee. Sein Verständnis von Räumen, sein BWL-Studium und die Weiterbildung zum Immobilien-Fachmann führten ihn zu neuen Ufern, sagt er. Mit der Musik hatte er gänzlich gebrochen. Bis sie ihn erneut packte.

Beim Gesang am Klavier mit Mikrofon habe plötzlich wieder einen Gänsehaut-Effekt bekommen. Da habe er gemerkt, wie ihm die künstlerischen und kreativen Aspekte gefehlt hatten. Vor sechs Jahren startete er neben dem Geschäft seine Musikproduktionen in einem durch das Internet plötzlich total revolutionierten Umfeld der Musikindustrie – und hat nun sogar in Amerika Erfolg.