Wenn die Post ihre Aufgaben nicht erledigt, kann das weitreichende Folgen haben. Weil Briefwahlunterlagen in Öhningen nicht zugestellt worden sind, war vorübergehend eine korrekte Bürgermeisterwahl in Frage gestellt. Hauptamtsleiterin Vera Leibing und der Wahlausschussvorsitzende Bruno Schnur konnten aber am Freitagmorgen im Öhninger Rathaus tief durchatmen. Das Regierungspräsidium Freiburg und die Kommunalaufsicht im Landratsamt Konstanz haben ihnen signalisiert: Die Bürgermeisterwahl am Sonntag, 3. Juli, kann stattfinden.

Schleppender Rückfluss der Wahlbriefe

Aber da waren sich Vera Leibing und Bruno Schnur bis zum Morgen nicht hundertprozentig sicher. Schuld war die Deutsche Post, die bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen nicht die gebotene und erwartbare Eile an den Tag legte. Schon in den vergangenen Woche war Vera Leibing unruhig geworden, weil der Rückfluss der Wahlbriefe nur schleppend vor sich gegangen war. Manchmal kamen über mehrere Tage hintereinander keine Wahlscheine im Rathaus an, manchmal nur wenige. Und das, obwohl rund 500 Briefwahlunterlagen angefordert und vom Rathaus verschickt worden waren. Doch bei einem Anruf vergangene Woche bei der Post sei ihr versichert worden, es sei zu Verzögerungen gekommen, doch die Unterlagen würden zugestellt.

Anfang dieser Woche wurde das Gefühl, dass bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen etwas im Argen liegt, zur Gewissheit. Mehrere Wahlberechtigte meldeten sich am Montag und Dienstag im Rathaus mit der Frage, wo ihre beantragten Briefwahlunterlagen geblieben seien. Vera Leibing ging der Sache auf den Grund und ist bei der Post in Radolfzell fündig geworden: „Im Verteilungszentrum lagen 16 rote Umschläge an uns und 54 Briefwahlunterlagen an die Wähler.“ Und das nicht erst seit gestern: „Sie lagen dort seit dem 16. Juni.“

Normalerweise soll die Zustellung höchstens drei Tage dauern

Gemeinderat Bruno Schnur ist Vorsitzender des Wahlausschusses in Öhningen, er muss mit Vera Leibing die Wahl organisieren: „Normalerweise ist die Post verpflichtet, die Wahlunterlagen innerhalb von drei Tagen zuzustellen“, sagt Schnur. Die Bundesnetzagentur bestätigt diese Feststellung. Auf ihrer Internetseite schreibt die Bundesbehörde. „Im Jahresdurchschnitt müssen mindestens 80 Prozent der Briefsendungen in Deutschland am folgenden Werktag ausgeliefert werden, 95 Prozent müssen nach zwei Werktagen ankommen.“ Der Haken an der Sache ist: „Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch, dass ein einzelner Brief innerhalb dieser Fristen befördert wird“, so die Bundesnetzagentur.

Das könnte Sie auch interessieren

Über diese normalen Bedingungen hinaus hat die Gemeinde mit der Deutschen Post zusätzlich einen Vertrag über die Zustellung der Briefwahlunterlagen abgeschlossen. Vera Leibing vom Hauptamt hält fest: „Dieser Vertrag ist nicht eingehalten worden.“ Die Post hat die Gemeinde mit dem Liegenlassen der Briefwahlunterlagen ganz schön in Bedrängnis gebracht. „Wenn es dumm gelaufen wäre, hätten wir am Sonntag nicht wählen können“, sagt Wahlausschussvorsitzender Bruno Schnur.

Das Rathaus stellt jetzt die Briefboten

Das haben Vera Leibing und Bruno Schnur verhindern können. Die Post musste gestern alle im Postverteilungszentrum liegen gebliebenen Briefe im Rathaus abgeben: „Wir verteilen mit Boten dann die Unterlagen.“ Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Post ist in Öhningen vorerst aufgebraucht. Wie Vera Leibing berichtet, sei den Verantwortlichen die ganze Sache zwar ausgesprochen peinlich und täte ihnen ganz schrecklich leid. Begründet hätte die Post den Aussetzer mit fehlendem Personal. „Sie haben von einem personellen Engpass gesprochen, von elf Austrägern seien aufgrund von Krankheit nur noch drei im Einsatz“, berichtet Vera Leibing.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Wahlbriefe können nun entweder am Sonntag im Wahllokal abgegeben oder im Briefkasten am Rathaus eingeschmissen werden. Bei diesem Ablauf gehen auch Kommunalaufsicht und Regierungspräsidium von einer korrekten Wahl aus. „Ich denke, wir können die Wahl ganz normal durchführen“, hofft Hauptamtsleiterin Leibing.

Die Post schreibt von „nicht gewohnter Qualität“

Sonja Radojicic von der regionalen Kommunikation der Post räumt die Panne in einer Stellungnahme ein. Die Zustellung der Briefwahlunterlagen für die Bürgermeisterwahl in Öhningen sei nicht in der gewohnten Qualität erfolgt. „Aufgrund eines erhöhten Krankenstandes und dadurch massiven Personalmangels konnten nicht alle Wahlbenachrichtigungen rechtzeitig zugestellt werden.“ Man sei mit der Gemeinde Öhningen im Austausch. Normalerweise würde die Post Wahlunterlagen in der Zustellung bevorzugen. „Neben dem ungeplanten Personalausfall haben auch betriebliche Änderungen zu Fehlern unsererseits geführt“, schreibt Sonja Radojicic.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Post wolle den Vorfall zum Anlass nehmen, ihre Prozesse noch einmal zu überprüfen und sicherzustellen, „dass sich ein solches Vorkommnis nicht noch einmal wiederholt“.