Der Rettungsschwimmer Simon Büche von der DLRG Öhningen hat das Strandbad genau im Blick, als sich die Situation auf dem Bodensee von der einen auf die nächste Sekunde dramatisch ändert. Seine Augen streifen über das Wasser, als er im Fernglas nicht nur den Sturz eines jungen Wassersportlers von seinem Standup-Paddle-Board (SUP) entdeckt, sondern auch, wie dieser mit seinem Kopf auf das SUP-Brett knallt. Bewusstlos gleitet der junge Mann vom Brett – und reißt sich auch noch mit der Finne seines Sportgeräts den Rücken auf. Dann sinkt er für kurze Zeit in die Tiefe des Sees.

Büche meldet den Unfall sofort dem DLRG-Einsatzleiter Armin Soltys, Vorsitzender der Ortsgruppe, und Bootsführer Henry Schröter.

Was sich wie eine potenzielle Tragödie am Wasser anhört, war glücklicherweise kein echter Notfall, sondern fand im Rahmen einer Schauübung statt. Aber nur wenig Eingeweihte von der DLRG, die daran beteiligt waren, wussten, dass der Unfall im See nur inszeniert war. Er diente für die Ortsverbände der DLRG und des DRK als gemeinsame Übung – und den 44 Kindern und Jugendlichen, die am diesjährigen Rescue-Camps der DLRG im Strandbad Öhningen teilnahmen, als anschauliche und eindrückliche Aktion.

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Im Ernstfall startet eine Rettungskette

Dabei wurde deutlich, wie die Retter im Ernstfall handeln. Nach der Meldung an den Einsatzleiter und dem Bootsführer der DLRG setzte sich unmittelbar eine Rettungskette in Gang – allerdings gab es aufgrund des aktuellen Niedrigwassers ein paar Planänderungen.

Das Rettungsboot war aufgrund des geringen Wasserpegels nicht am DLRG-eigenen Landungssteg angetaut, sondern lag im Hafen von Öhningen. Es entstand eine neue Herausforderung für die Lebensretter: Wie könnte der verunglückte Wassersportler nun an Land für die Notfallversorgung und zum Transport mit dem Krankenwagen gebracht werden?

Das DLRG-Rettungsbooot kann wegen des Niedrigstandes des Wassers am Bodensee nicht den Steg anfahren. Rettungskräfte der DLRG übernehmen ...
Das DLRG-Rettungsbooot kann wegen des Niedrigstandes des Wassers am Bodensee nicht den Steg anfahren. Rettungskräfte der DLRG übernehmen als Zwischenschritt den verunglückten Wassersportler auf der Badeinsel. | Bild: Georg Lange

Statt des Stegs sollte die Badeinsel als Zwischenstation für die Rettung dienen. Dort könnten die Retter den Verunglückten mit einer Trage und durchs Wasser watend an Land bringen.

Gleich nach der Meldung alarmierte der Einsatzleiter Armin Soltys die Leitstelle und den Bootsführer Henry Schröter mit dessen Mannschaft bestehend einem Sanitäter, einem Rettungsschwimmer sowie einem Bootshelfer oder Funker.

Alle arbeiten Hand in Hand

Das Vierergespann der Seerettung eilte mit dem DLRG-Mannschaftswagen zum Öhninger Hafen auf das Rettungsboot. Mitglieder der DLRG sicherten derweil den Rettungsgang für die Ankunft des Krankenwagens und wiesen die nach wenigen Minuten ankommenden Sanitäter vom Parkplatz auf das Gelände des Standbads. Inzwischen erreichte das Rettungsboot mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50 Stundenkilometern den Unglücksort.

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Für Rettungsaktionen steht in einem solchen Fall normalerweise ein Bootshelfer in Funkkontakt zu dem mit einem Fernglas ausgestatteten DLRG-Beobachter am Ufer. Dieser weist dann den Bootsführer zu der Unfallstelle im Wasser, so Armin Soltys.

Die Retter reagieren schnell

Rettungsschwimmer Simon Büche schwamm den treibenden Sportler an und versuchte, den verunglückten Mann anzusprechen. Nachdem er keine Reaktion erhielt, kontrollierte er dessen Atmung und brachte den am Rücken verletzten Sportler zu einem Spineboard ans Rettungsboot. Ein solches Board wird gerne bei einem Unfall eingesetzt, um Patienten mit Hals-Wirbelverletzungen stabil zu transportieren, erläuterte Soltys.

DLRG-Rettungsschwimmer Simon Büche hechtet in der Nähe des Schweizer Ufers in den See, um einen ohnmächtigen Wassersportler zu bergen.
DLRG-Rettungsschwimmer Simon Büche hechtet in der Nähe des Schweizer Ufers in den See, um einen ohnmächtigen Wassersportler zu bergen. | Bild: Georg Lange

Mit Schwung zogen die Lebensretter den stabilisierten Sportler auf das Boot. Sanitäterin Marlene Wallenberg-Pachly und Bootshelfer Fabian Herold packten im Bug den Sportler in eine Rettungsdecke, die den Verunglückten wärmen und vor einem weiteren Wärmeverlust schützen sollte.

Der verletzte Wassersportler wird bei der DLRG-Schauübung über ein Spine-Board rückenschonend auf das Rettungsboot gehieft (von links): ...
Der verletzte Wassersportler wird bei der DLRG-Schauübung über ein Spine-Board rückenschonend auf das Rettungsboot gehieft (von links): Simon Büche, Florian Müller, Fabian Herold und Marlene von Wallenberg-Pachaly. | Bild: Georg Lange

Schon 15 Minuten nach Sichtung des Unglücks wurde der Wassersportler von Lebensrettern über die Badeinsel an Land zu den Sanitätern des DRKs gebracht.

Die vor Ort in Öhningen stationierte DRK-Gruppe von Bereitschaftssanitätern, Armin Kaiser und Simon Armbruster, war bereits drei Minuten nach der Alarmierung Vorort. Die Übung wurde klein gehalten, da auch bei den Rettungsdiensten aktuell eine Personalknappheit herrsche, so Kaiser. Deshalb seien keine Ärzte vor Ort gekommen.

Am Ufer des Strandbad Öhningen übernehmen die Sanitäter und Bereitschaftskräfte des DRK den verletzten Wassersportler. Sie überprüfen ...
Am Ufer des Strandbad Öhningen übernehmen die Sanitäter und Bereitschaftskräfte des DRK den verletzten Wassersportler. Sie überprüfen die Vitalfunktionen und beatmen den jungen Mann (von links): Armin Kaiser, Florian Müller und Simon Armbruster. | Bild: Georg Lange

Bereitschaftssanitäter Kaiser hatte bereits am Ufer von Einsatzleiter Soltys einen genauen Lagebericht über das Unglück erhalten. Während der Verunglückte mit dem Spineboard aufs Boot gezogen wurde, bereiteten sich Armin Kaiser und Simon Armbruster bereits mit Materialien für eine Immobilisation vor – einen rückenschonenden Transport bei Patienten mit einer Wirbelverletzung. Die Sanitäter überprüften beim Sportler sämtliche Vitalfunktionen und gaben ihm Sauerstoff.

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Was in diesem Fall nicht inszeniert wurde: Nach Möglichkeit befragen die Retter vor Ort auch noch Angehörige des Verunglückten, die Auskünfte über Vorerkrankungen oder Allergien geben könnten. Denn es gelte herauszufinden, ob der Sturz Ursache des Unfalls war oder ob es medizinische Gründe gab, so Kaiser.

In guten Händen der DLRG und des DRK entscheidet sich jetzt, in welches Krankenhaus der verunglückte Wassersportler gebracht wird.
In guten Händen der DLRG und des DRK entscheidet sich jetzt, in welches Krankenhaus der verunglückte Wassersportler gebracht wird. | Bild: Georg Lange